In Ossiach werden der Tuba Zauberklänge abgerungen.

Foto: Ferdinand Neumüller

Ossiach – Wer bei Architektur an ein Gefüge von Bauklötzen denkt, hat grundsätzlich auch in Bezug auf Günther Domenig (1934–2012) recht. Nur hat das wunderbar lebenslang erhalten gebliebene Kind in diesem großen Erneuerer der Baukunst das errichtete Gefüge am liebsten so gezeigt, wie es ihm im umgeworfenen Zustand vor Augen stand.

Domenigs sogenanntes Opus magnum, das Steinhaus in Steindorf am Ufer des Ossiacher Sees, bezeugt in seiner scheinbar chaotischen Hingestreutheit jene "Zerbrechlichkeit der Geometrie", die sich, zum zehnten Todestag Domenigs, der Carinthische Sommer zum diesjährigen Festivalmotto gewählt hat.

Immer mehr Raum gibt der große Veranstaltungsreigen, seit er von Holger Bleck angeführt wird, dem zeitgenössischen Experiment. So ist es sehr konsequent, dass der Intendant mit Spat’Sonore eine der originellsten und festivalerprobtesten Klangformationen eingeladen hat, die Europa derzeit aufweist. Und natürlich auch: dass der Veranstaltungsort das Steinhaus ist.

Unkonventionelle Klangtouren

Von seinem Errichter selbst als "Gesamtkunstwerk" eingestuft, eignet es sich hervorragend für die unkonventionellen Klangtouren, auf die das sechsköpfige Ensemble das Publikum mitnimmt. Wobei "mitnimmt" nicht ganz zutrifft. Eigentlich erlebt jeder, je nach seinen individuellen Assoziationen, seine eigene Reise.

Ein paar Anhaltspunkte gibt es schon. Das kleine, süße längliche Gebäck, das in Frankreich "Madeleine" genannt wird und das bei Marcel Proust seine Kindheitserinnerung wachrief, gibt einer der Kompositionen den Namen. Eine andere treibt ein Stück weit auf den automatistisch anmutenden Gedankensplittern des französischen Dramatikers Guillaume Perrot dahin. Und ein drittes irrt durch das Steinhaus selbst, dem Anspruch von Spat’Sonore getreu, auf die unmittelbare Umgebung zu reagieren. Das bewerkstelligen die sechs Akustikzauberer mit zwei Hörnern, einer Tuba und einer Harfe, alles herkömmliche, aber ziemlich umgebastelte Instrumente, die den Raum mit Melodien füllen. (elce, 4.8.2022)