2.800 Zuschauerinnen und Zuschauer passen in die Arena am Heumarkt. Die Fans sind begeistert und sorgen für gute Stimmung.

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Aus den Boxen schallt das Lied 36 Grad (und es wird noch heißer). Und das beschreibt die äußeren Umstände recht treffend. Warm ist es am Strand von Wien. Aber irgendwie ist das auch gut so, zum Beachvolleyball braucht es schließlich Strandwetter, nicht Regen. Am Wiener Heumarkt findet der Beachvolleyball Nations Cup statt. Dort messen sich insgesamt acht Nationen, die sowohl mit Frauen- als auch mit Männerteams antreten.

Zu übersehen ist die zu diesem Zweck errichtete Arena nicht. Die Stahlkonstruktion bildet einen deutlichen Kontrast zu den Bauten der Nachbarschaft und bietet Platz für 2.800 Fans. Das sind 600 mehr als im vergangenen Jahr. Für das kommende Jahr streben die Organisatoren eine Rückkehr auf die Donauinsel an. Das ist aber noch Zukunftsmusik.

Im Hier und Jetzt ist die zweite Partie des Tages die der österreichischen Damen gegen die Tschechinnen. Es ist 11 Uhr, die Sonne scheint unbarmherzig. Für Team Österreich starten die Schwestern Ronja und Dorina Klinger. Die beiden liefern einen großen Kampf: Aufholjagd im zweiten Satz, 29:27 für Österreich. Nach der Niederlage im ersten folgt nun also der dritte, der Entscheidungssatz. Auch der geht an die Schwestern, 15:7 heißt es. Das Publikum geht trotz der frühen Uhrzeit voll mit. Besonders laut und auffällig: ein Bub mit einer Art Vuvuzela, wie es sie bei der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika einst zuhauf gegeben hat. Auf die Frage, ob er mit den Schwestern verwandt ist: "Nein, das sind nur meine Schwestern." Nun ja, Familie sucht man sich nicht aus.

Außenseiter Estland

Im Wiener Sandkasten gibt sich internationale Beachvolleyballprominenz die Ehre. Es gibt Europameisterinnen und Olympiasieger zu bestaunen. Aber auch kleine Nationen sind vertreten, wie Estland. Das macht das Turnier nahbarer und authentisch. Für das estnische Duo Rasmus Meius und Kaur Erik Kais sei es besonders, in Wien anzutreten: "Es ist eine unglaubliche Möglichkeit für uns. Das ist unser erstes Turnier dieser Größenordnung." Trotz wackeren Kampfes müssen sich die beiden den favorisierten Niederländern geschlagen geben. Die Fans auf den Rängen sorgen bei den beiden für ein Wechselbad der Gefühle: "Im ersten Satz waren wir sehr nervös. Für uns beide ist es das größte Publikum, vor dem wir je gespielt haben. Ab dem zweiten Satz konnten wir es dann genießen." Bei den estnischen Meisterschaften seien für gewöhnlich nur 50 Beachvolleyballbegeisterte zu Gast.

Mallorca-Feeling

Generell sind die Fans das Salz in der Wiener Volleyballsuppe. Austrian Airlines macht Werbung für Flüge nach Mallorca. Mitunter fühlt man sich, als sei man schon da: Musikalisch wissen die DJs, welche Knöpfe zu drücken sind. Bei erfolgreichem Block schallt der deutsche Hip-Hop-Klassiker Mein Block von Sido aus den Boxen, auf den Rängen wird Johnny Däpp des Ballermann-Barden Lorenz Büffel intoniert. Amber Heard scheint hier keine Punkte zu machen.

Mit verspiegelten Sonnenbrillen, freiem Oberkörper oder im Bikini sitzen die Anhängerinnen auf der Tribüne, das vom Stadionsprecher erfragte Stimmungsbarometer zwischen Sonne und Schatten, es ist gleichauf. Wie hält man diese Hitze eigentlich aus? "Für uns spielt sie keine Rolle", sagt der Italiener Adrian Carambula. Beachvolleyballer müsste man sein. Vonseiten der Sanitäter hieß es, Hitze- und Sonnengeschädigte habe es nicht gegeben. Es sei eine ruhige Veranstaltung. Zu einer solchen darf ein Maskottchen nicht fehlen. Das hiesige heißt Ace und überzeugt mit einstudierten Tänzen. Bei Temperaturen um 30 Grad lässt sich aber festhalten: In dessen Haut möchte man nun wirklich nicht stecken.

Am Abend steht das Spitzenspiel auf dem Programm, Österreichs Männer gegen Tschechien. Mittlerweile ist der Court in Flutlicht getaucht, die Sonne hinter den Häusern verschwunden. Das Stadion ist bis auf den letzten Platz gefüllt, der Stadionsprecher fragt nach den Fans von Österreich; es sind tatsächlich welche hier. Jeder Punkt wird frenetisch gefeiert. Als das Duo Martin Ermacora und Moritz Pristauz sein Spiel im Entscheidungssatz gewinnt, explodiert die Arena. Robin Seidl und Philipp Waller hingegen haben keine Probleme, gewinnen locker 2:0 nach Sätzen.

Abschließend wird es melancholisch, Rainhard Fendrichs "I Am from Austria" erklingt, Feuerzeuge und Taschenlampen leuchten. Die Menschen gehen zufrieden nach Hause, morgen geht es weiter. (Jens Wohlgemuth, 4.8.2022)