Die Ex-Ministerin Sophie Karmasin steht im Verdacht, Rechnungslegungen verschleiert zu haben.

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Wer sein Ministerinnenamt verliert, kann sechs Monate lang weiterhin 75 Prozent des Gehalts beziehen – vorausgesetzt, man bezieht kein eigenes Einkommen. Diese Möglichkeit hat 2017 auch Sophie Karmasin (ÖVP) nach dem Ende der großen Koalition genützt. Zuvor war sie vier Jahre lang Familienministerin gewesen. Nach Aufkommen der Inseratenaffäre und dem Geständnis der Meinungsforscherin Sabine Beinschab hat Karmasin insgesamt 72.000 Euro, die sie als Gehaltsfortzahlung erhalten hatte, freilich zurückgezahlt. Beinschab war einst Mitarbeiterin und später bis zum Aufkommen der Inseratenaffäre im Herbst 2021 Geschäftspartnerin von Karmasin gewesen.

Den Ermittlern hatte Beinschab berichtet, dass sie einerseits für von Karmasin vermittelte Aufträge Provision an diese überwiesen hatte und andererseits, dass Karmasin Zahlungen über Beinschabs eigenes Unternehmen abgewickelt haben soll. Eine Wirtschaftsexpertin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat nun untersucht, welche Projekte und Aufträge die Ex-Ministerin zwischen Dezember 2017 und Mai 2018 durchgeführt hat und wie viel Geld auf ihr zuzurechnenden Konten gelandet ist. Drei Vorträge habe Karmasin in dieser Zeit gehalten, aber erst im Juni verrechnet; Beinschab erklärte sie das in einer E-Mail so: "Bitte aber noch nicht verrechnen, erst Juni. Ich darf nix verdienen."

"Im Juni war das Jahrbuch ja gedruckt"

Für die Politische Akademie der ÖVP schrieb Karmasin einen Buchbeitrag, außerdem nahm sie dort an einer Podiumsdiskussion teil. Beides verrechnete sie im Juni unter dem Betreff "Teilnahme Podiumsdiskussion Juni 2018" und "Beitrag Jahrbuch Juni 2018". Die zuständige Mitarbeiterin der türkisen Parteiakademie wollte das so nicht akzeptieren: "Diese Diskussion war im März, daher kann nicht auf der Rechnung Podiumsdiskussion Juni 2018 stehen." Und: "Im Juni war das Jahrbuch ja gedruckt." Zudem wies sie darauf hin, dass die politische Akademie vom Rechnungshof geprüft werde.

Ähnlich soll Karmasin bei einem Projekt für Red Bull Mobile vorgegangen sein: Auch da habe sie die Rechnung im Juni gelegt, der Leistungszeitraum sei jedoch April bis Mai 2018 gewesen. Laut Expertise finden sich auf dem Geschäftskonto "ab Juni 2018 Zahlungseingänge", die aus den untersuchten Projekten resultieren. Außerdem habe sie Beinschab, die als Subauftragnehmerin tätig war, gefragt, ob man deren Honorar nicht mit jenen Provisionen "gegenrechnen" könnte, die Beinschab wiederum Karmasin schuldig war. "Zu keinem Zeitpunkt wollte ich eine Entgeltfortzahlung (...) erhalten, die mir nicht zusteht", sagte Karmasin im April, das Geld überwies sie zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung. (gra, fsc, 4.8.2022)