Patrick Schönberger ist Barista und hat früher in einem großen Konzern gearbeitet. Heute ist er, so sagt er, die meiste Zeit sowieso nicht daheim. Wozu auch!

"Man könnte jetzt glauben, ich sei total ang’rennt, in dieser warmen Jahreszeit mit dem Pulli herumzurennen. Jetzt kommt das Aber! Ich wohne nämlich in einer Souterrain-Wohnung im fünften Bezirk, gleich am Hundsturm, und die Temperatur im Sommer ist hier unten einfach nur super. Es wird nie wärmer als 24 Grad. Und auch im Winter ist es ehrlich gesagt angenehm, denn das Mauerwerk und die umliegende Erde speichern gut die Energie. Zwischen Sommer und Winter ist kaum ein Unterschied zu spüren. Wie in einer Hobbit-Höhle! Daher trage ich auch fast immer das Gleiche. Hauptsache, bunt.

Patrick Schönbergers Wohnung in Wien befindet sich zwei Meter unter Straßenniveau.
Foto: Lisi Specht

Die Wohnung befindet sich circa zwei Meter unter der Erde. Betreten wird sie über den betonierten Innenhof, und damit das Ganze nicht ganz so trist ist, haben wir direkt vor dem Wohnungseingang einen grünen Kunstrasen verlegt. So haben wir stets gute Laune beim Heimkommen. Eigentlich wollten wir nie im Souterrain wohnen, haben nicht wirklich gezielt danach gesucht, aber meine Frau Sonja und ich haben uns einfach in den Ort, in das Haus verliebt, und diese Wohnung war zu haben, und so haben wir uns spontan dafür entschieden, ganz aus dem Bauch heraus. Klimatisch funktioniert das wie ein Erdkeller. Im Sommer schlafe ich unter einer richtigen Schafwolldecke, und bis in den Dezember hinein ist die Fußbodenheizung fast nie in Betrieb, weil das Mauerwerk, der Boden und die Erde noch die gespeicherte Restwärme des Sommers abgeben. Für den kommenden Öl- und Gaskrisenherbst ist das gar nicht so blöd. Wir werden jedenfalls nicht erfrieren. Denn die Fußbodenheizung läuft mit Strom, und es gibt sogar einen Bummerl-Ofen.

Was Patrick Schönberger jedenfalls braucht, ist ein Herd, denn er liebt es zu kochen. Von zu Hause aus zu arbeiten, das kann er sich aber gar nicht vorstellen.
Fotos: Lisi Specht

Die Wohnung hat 85 Quadratmeter, aufgeteilt auf eine große Wohnküche mit Oberlichtfenstern, ein Bad und ein kleines Schlafzimmer, das über einen Innenhof belichtet wird, den man sogar betreten kann. Also, ganz ehrlich, Sonnenbrand kriegt man da unten keinen. Aber das ist mir egal, denn ich hab eh Flöhe im Oasch, bin so wie meine Frau permanent im Freien, komme eigentlich nur zum Duschen, Schlafen und Kaffeetrinken heim.

Früher hab ich in der Telekommunikation gearbeitet, in einem Riesenkonzern. Seit damals weiß ich: Die Erderwärmung stammt zum überwiegenden Teil aus den Reibungsverlusten in der Kommunikation von Großkonzernen. Eine Katastrophe! Ich wollte das nicht mehr. Heute bin ich selbstständig, verkaufe Kaffee und leite einen kleinen Gastrobetrieb in der Wiedner Hauptstraße. Ich gehe zu Fuß in die Arbeit oder hau mich aufs Radl, und wenn ich mir am Sonntag einbilde, mich auf einen sonnigen Balkon setzen zu müssen, den es nicht gibt, dann schnapp ich mir die Zeitung und begebe mich in den Park vorm Haus, zu all den Kindern, Müttern, Vätern.

Möbel sind für Patrick Schönberger "schön oder schiach, sie müssen funktionieren".
Fotos: Lisi Specht

Ich hab keine Ahnung, was Wohnen bedeutet. Heißt das was? Wie wohnt man? Und wozu überhaupt? Ich hasse es, zu wohnen und von zu Hause aus zu arbeiten. Wenn ich untertags daheim sein müsste, ich glaub, ich würde mich auf der Stelle versaufen. Bei Wohnen denke ich sofort daran, dass ich in einer Koje beim Leiner, Ikea oder XXXLutz gefangen bin und dann gut gelaunt in die Kamera blicken muss. Ich kann ehrlich gesagt auch kaum nachvollziehen, dass Leute eine emotionale Bindung zu ihren Möbeln aufbauen. Sie san schön oder schiach, sie müssen funktionieren. Alles sehr banal. Was ich jedenfalls brauche, ist ein Herd, denn ich liebe es zu kochen.

Alles in allem passt es super so. Meine Horrorvorstellung wäre, irgendwo im Speckgürtel zu leben, wo ich die Menschen mit Glück begießen und mich mit den Thujenhecken unterhalten muss, oder umgekehrt. Ich bin ja, muss man wissen, ein Sozialautist. In meinem Geschäft reiß ich mich halt zam und überwinde all meine sozialen Phobien und bereite mit größtem Vergnügen köstlichen Kaffee zu und serviere dazu kleine Kekschen. Aber abends daheim muss ich mich wieder ins Lot zurückkompensieren. Klappt gut, bitte nicht ändern." (Wojciech Czaja, 8.8.2022)