Die Chorizo ist eine nicht nur in Spanien und Portugal beliebte Wurst, die scharf mit rotem Paprika gewürzt wird. Ihre rote Farbe machte sie nun zum Objekt astronomischer Scherze.
Foto: Rebecca Cook / Reuters

Das Erstaunlichste an dem Witz ist vielleicht, dass er so gut funktioniert hat – dabei sei an ihm "nichts Originelles", wie der französische Forscher und Wissenschaftsphilosoph Etienne Klein betont. Vor wenigen Tagen postete er auf Twitter ein Bild der Schnittfläche einer Chorizo, einer traditionellen spanischen Wurst – und gab sie als Bild des James-Webb-Teleskops aus, das den der Erde nächsten Stern Proxima Centauri darstellen solle. Da das Webb-Teleskop in den vergangenen Tagen für berauschende Darstellungen von Galaxien und Himmelskörpern mit neuen Details sorgte, mag das Motiv auf manche Menschen plausibel gewirkt haben.

Etienne Klein lobt die Details in der Schnittfläche der Wurst.

Nicht lustig?

Während er auf seinem Kanal viel Zuspruch bekam – "gut gespielt", heißt es da etwa –, hagelte es auch harsche Kritik. "Eines Leiters wissenschaftlicher Forschungen unwürdig" sei sein Scherz, gerade in Zeiten von Fake News. Klein ist Direktor mehrerer französischer Forschungseinrichtungen und war an der Planung des weltgrößten Teilchenbeschleunigers LHC beteiligt. Nun sah er sich zu einer Entschuldigung gezwungen. Es sei ihm darum gegangen, gerade Aussagen von Leuten in Autoritätspositionen infrage zu stellen.

Alte Wurst

Sein Beitrag habe außerdem nichts Originelles an sich gehabt. Damit spielt Klein darauf an, dass er nicht der Erste war, der auf die Idee mit der Weltraumsalami kam. So postete etwa der Astrophysiker Peter Coles kurz zuvor, am 30. Juli, ein sehr ähnliches Bild mit dem Hinweis, dass die Bilder des Webb-Teleskops immer besser und besser würden.

Schon Coles vermutete, dass sich das Wurstbild viral verbreiten könnte, und amüsierte sich über die Kommentare, von denen nicht wenige unfreiwillig komisch seien. Verschiedene Nutzerinnen und Nutzer klagten nach dem Ansehen über Hungergefühl. Manche verkündeten "Oh mein Gott, es ist voller Peperoni-Salami" – in Anspielung auf Arthur Clarkes Science-Fiction-Roman "2001: Odyssee im Weltraum", der zeitgleich mit dem gleichnamigen Film von Stanley Kubrick erschien und in dem ein berühmter letzter Funkspruch zur Erde angesichts eines eigenartigen Gebildes lautet: "Oh mein Gott, es ist voller Sterne!"

Eine frühere Version des Wurst-Beitrags.

Kleins Bild nachbearbeitet

Bei Coles ist die Wurst gut erkennbar, Klein verwendete allerdings eine etwas abgedunkelte Version, die tatsächlich an einen Roten Riesen denken lässt. Der Wissenschaftsphilosoph hatte schon in einem Folgebeitrag angemerkt, dass die Zeit vor Aperitiv und Abendessen wohl dafür gesorgt habe, dass manche hungrig auf den Scherz hereinfielen. "Gemäß der zeitgenössischen Kosmologie existieren keine spanischen Würste an Orten fern der Erde", schrieb er – und versuchte, seinen Fauxpas wieder gutzumachen, indem er das aktuelle Webb-Bild der Wagenradgalaxie teilte.

Ein echtes Bild des Sterns Proxima Centauri, der nur etwas mehr als vier Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Er ist von Europa aus nicht zu beobachten, da er sich am südlichen Himmel befindet.
Foto: APA/AFP/EUROPEAN SOUTHERN OBSERVATORY

Seine Mission, die Glaubwürdigkeit von Autoritätspersonen zu schmälern, dürfte aber gelungen sein, weshalb der Post als Erfolg gelten kann. Und Humor zeichnet sich bekanntlich gerade dadurch aus, dass man trotzdem lacht. (rkl, sic, 5.8.2022)