Der stationäre Handel muss auch zu Aktionstagen von diversen Onlineangeboten mit Gegenmaßnahmen kontern.

Foto: SASCHA STEINBACH

PRO: Vorteile des Onlineshoppings überwiegen

Der fluoreszierende Kegel in der Umkleidekabinenmitte taucht jegliche Zufriedenheit mit meinem eigenen Körper in ein unvorteilhaftes Licht. Selten ist der optische Selbstzweifel größer als in der kleinen, mit schweren Vorhängen und Pressspanplatten gezimmerten Kabine. Tendenziell zu wenige Haken und oft unbefriedigende Sitzmöglichkeiten — dagegen sind die eigenen vier Wände Luxus oder eben Realität, wenn man online kauft.

Der Umstieg vom stationären Handel zum Onlineshopping geschieht auch bei mir immer öfter, und das nicht erst seit der Pandemie; die Beweggründe sind vielfältig. Öffnungszeiten sind beim webbasierten Einkaufen nebensächlich. Ob am Handy in der U-Bahn, am Laptop in der Nacht, wenn es im Kopf mal wieder nicht still sein will, oder in den 30 Minuten, in denen das Baby im Nebenzimmer schläft. Zeit ist hier kein Hindernis, sondern eine Möglichkeit.

Eine Frage des Komforts

Der erhöhte Komfort beim Onlineshopping ist vielschichtig, die Auswahl auch. Die größte Shoppingmeile wird mit dem Internet nicht mithalten können. Ohne Meter zu machen, lediglich mit ein paar Klicks, kann ich durch die digitalen Schaufenster bummeln, und für jeden Geschmack, jede Passform, jede Größe ist etwas dabei.

Selbst wenn die "Man gönnt sich ja sonst nichts"-Mentalität gedanklich von der Inflation überschattet wird, kann man vorausschauend, von der Couch aus, einen Preisvergleich machen. Das Zauberwort: Tab wechseln. Außerdem sind Rabattaktionen als Gegengeschäft für Newsletter-Abonnements in meiner Erfahrung nicht selten und können zielgerichtet und effektiv eingesetzt werden, wenn man sich für den Produktkauf online entscheidet.

Der stationäre Handel wurde durch die digitale Komponente bereichert, hybride Modelle ermöglichen Konsumenten zum Beispiel die Bestellung und Zahlung online und die Abholung im Geschäft. Die Vorteile des Onlinehandels überwiegen ganz klar. Der einzige Nachteil hat A5-Format, ist gelb und liegt gerne mal bei mir im Briefkasten oder klebt an der Haustür.

(Sophie Werner)

KONTRA: Fast nur Nachteile beim Onlineshopping

Unlängst habe ich mal bei einem Baumarkt was bestellt. Darunter waren auch ein paar weiß lackierte Holzleisten. Der Bestellvorgang war einfach, fragen Sie nicht. Aber dann: Bis sie geliefert wurden, dauerte es mehrere Tage. Nach den ersten Wochen habe ich nachgefragt, wo die Leisten bleiben. Man bekundete durchaus Interesse an meiner Nachfrage. Dann meldete sich ein Speditionsunternehmen. Wir machten für einen der nächsten Tage ein Zeitfenster für die Lieferung aus. Kurz vor dem Ende des Zeitfensters kam ein Anruf.

Tage später klappte es dann. Ein paar der Leisten waren aber so gebogen, dass ich sie ganz bestimmt nicht gekauft hätte, wäre ich dafür mit einem Auto in einen Baumarkt gefahren. Seither weiß ich, dass ich das nicht mehr machen werde.

Ich kaufe noch CDs

Nein, ich will Sachen, die ich kaufe, vorher anschauen. Angreifen. Ich bin einer, der noch CDs kauft. Ich gehe sehr gerne einkaufen, es macht mir nichts aus, durch ein Geschäft zu schlendern. Es macht mir aber sehr wohl was aus, wenn es dort – im stationären Handel – immer weniger Sachen zu kaufen gibt. Auch deshalb bin ich ein Gegner des Onlinehandels: weil er dem stationären Handel langsam, aber sicher den Boden unter den Füßen wegzieht. Das hat leere Geschäftslokale zur Folge, verödete Einkaufsstraßen, traurige Gegenden.

Was ärgert mich sonst noch so am Onlinehandel? Erstens: Ich sitze sowieso fast den ganzen Tag vor dem Bildschirm – da muss ich nicht fürs Einkaufen auch noch davor hocken. Zweitens: Ich kann bei kaum einem Händler eine Ware zuerst in ein Geschäft liefern lassen, sie dort begutachten und erst danach die Kaufentscheidung treffen. Nein, man muss immer alles subito bezahlen. Und würden Sie etwa 20 weiß lackierte Holzleisten, von denen vier oder fünf nicht ganz gerade sind, wieder zurückschicken? Und wieder einen Monat darauf warten?

Drittens: Es dauert oft eine Ewigkeit, bis das Zeug geliefert wird.

Klar ist es bequem, am Bildschirm was auszusuchen und per Mausklick nach Hause liefern zu lassen. Immer mehr Leute in meinem Umfeld machen das jetzt auch schon mit Lebensmitteln. Hab ich auch schon gemacht: einmal, während der Corona-Quarantäne. Da war dann sogar etwas mehr drin als nur das Bestellte (sehr nett, wenn's Absicht war). Hab ich natürlich auch nicht zurückgeschickt. Ist eh schon (viertens) so viel Verpackungsmüll in der Welt.

Also: Nein, das Onlineshopping kann mir gestohlen bleiben.

(Martin Putschögl)