Der Gesetzgeber ist angehalten, bis 1. Jänner 2024 Regelungen zu schaffen.

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Bei Frauen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, gilt im Falle einer Kindeszeugung die Partnerin künftig auch dann als Elternteil, wenn das Kind nicht durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist. Aktuell sieht das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) diese Einschränkung noch vor. Die Regelung muss bis spätestens 1. Jänner 2024 durch eine neue ersetzt werden, gab der Verfassungsgerichtshof am Freitag bekannt.

Der Entscheid folgte auf eine Beschwerde einer Frau, deren eingetragene Partnerin ein Kind zur Welt gebracht hat und die selbst als "anderer Elternteil" ins Personenstandsregister eingetragen werden will. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist dies aber nur möglich, wenn an der Mutter innerhalb einer bestimmten Frist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt wurde.

Nun liegt die Entscheidung vor und gibt der Antragsstellerin recht: "Die Elternschaft einer Frau, die mit der Mutter eines Kindes zum Zeitpunkt der Geburt in Ehe oder eingetragener Partnerschaft lebt, darf nicht davon abhängen, dass das Kind durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist", heißt es in der Presseaussendung des Gerichtshofes. Denn diese Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Recht auf Familienleben. Der VfGH hat die entsprechenden Bestimmungen des ABGB als verfassungswidrig aufgehoben, die Aufhebung tritt mit 1. Jänner 2024 in Kraft.

Diskriminierung

Anders als bei gleichgeschlechtlichen Paaren begründet bei verschiedengeschlechtlichen Paaren jede Form der Fortpflanzung die Vaterschaft des Ehemannes oder eingetragenen Partners. Für die Elternschaft des Mannes kommt es laut geltender Gesetzeslage also nicht darauf an, ob das Kind "natürlich" oder "artifiziell" gezeugt worden ist. Bei der Verbindungen zweier Frauen (Ehe oder eingetragenen Partnerschaft) gilt die Partnerin der Mutter nur unter der Voraussetzung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung als "Elternteil", nicht aber bei anderen Methoden – etwa der sogenannten "Heiminsemination" (bzw. "Bechermethode"). Bei dieser Methode ist die privat durchgeführte künstliche Besamung gemeint, ohne ärztliche Unterstützung.

"Diese Unterscheidung stellt allein auf die sexuelle Orientierung der Betroffenen ab", so der VfGH. Im Fall der Geburt eines Kindes während aufrechter Ehe oder eingetragener Partnerschaft zweier Frauen bedürfe es Regelungen, "welche die soziale Familie und die Interessen des Kindes schützen". Entsprechende Regelungen bestehen derzeit nur für den Fall, dass das Kind durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist. Der Gesetzgeber ist daher angehalten, bis 1. Jänner 2024 Regelungen zu schaffen, die auch andere Fortpflanzungsmethoden, etwa die sogenannte Heiminsemination, berücksichtigen.

Die Frage, was dies für auf natürlichem Weg gezeugte Kinder bei gleichgeschlechtlichen Paaren bedeutet, bleibt damit aber offen. (APA, 5.8.2022)