Journalistin Anneliese Rohrer hatte Thurnher in der "Presse" Welpenschutz für Wiener SPÖ vorgeworfen. Er habe seine Analyse, dass "Dominanz einer Partei etwas Erstickendes sei, nur auf die ÖVP angewandt

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Es war sicher nicht das erste Mal, dass der Mitbegründer, Herausgeber und Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung "Falter" enttäuscht wurde. Letzte Woche unter dem Titel Anneliese Rohrer, Shakespeare, Staberl und ich. Es wäre ja schon etwas, würde einem einmal eine ordentliche Polemik um die Ohren gehauen. Nicht gehaut, gehauen. Und dann – wieder nichts. Dabei: Setzt Anneliese Rohrer in der "Presse" dazu an, kann man sich etwas erhoffen. Die Doyenne der unverdrossenen Politikerschelte beginnt dazu noch mit Shakespeare, was schon ziemlich weit hergeholt ist, wenn es eigentlich nur um die Ehre geht, die man jemandem absprechen will: Armin Thurnher ist ein ehrenwerter Mann.

Von den vier Giganten der Textverfertigung musste Shakespeare nur für das zweifelhafte Kompliment herhalten, und was den Staberl angeht, gibt Thurnher nur preis: Von dem zum Engländer sei es auf dem Theater ein großer Schritt, im Journalismus mitunter ein kleiner. Zwar hat Shakespeare, soweit bekannt, als Doyen der Politikerschelte, aber kaum im Journalismus Lorbeer errungen, und Staberl ist als Dramatiker nicht weiter aufgefallen, aber eigentlich ging es ja um Höheres.

"Eine Art negative Großkoalitionärin"

Rohrer hatte Thurnher in der "Presse" Welpenschutz für Wiener SPÖ vorgeworfen. Er habe seine Analyse, dass "Dominanz einer Partei etwas Erstickendes sei, nur auf die ÖVP angewandt, wo man doch genauso gut das gespenstische Schweigen zu Vorkommnissen unter der Führung der Wiener SPÖ beklagen könnte. Weder das Schweigen und schon gar nicht das Gespenstische daran wollte Thurnher auf sich sitzen lassen, er verwies auf Beispiele entzogenen Welpenschutzes im Falle der SPÖ, wo es etwa um Fernwärmepreise oder Inseratenvergabe ging. Rohrer sei somit bloß eine Art negative Großkoalitionärin. Resümee: Es war als Polemik gegen mich gemeint und wurde zur Selbstdemontage. Das kommt davon, wenn eine Doyenne Thurnhers Hoffnungen enttäuscht.

Polemische Stimmung auch dort, wo es um wahren Journalismus geht. Selbst seine Gegner knirschen nur verhalten mit den Zähnen, wenn der Verleger Christian W. Mucha in den "Seitenblicken" auftaucht, hieß es diese Woche in "News", das denselben aus dem Sommerloch auftauchen ließ. Der Mucha ist ein unmöglicher Mensch. Darüber sind sich alle einig, die ihn zu kennen glauben (also alle, woran er infolge unerbittlicher Präsenz den größten Anteil hat).

Statt Villa in St. Tropez nur noch ein geräumiges Appartement in Nizza

Mucha gibt das Medienfachmagazin "Extradienst" heraus, die Jubiläumsausgabe enthält auf 278 Seiten 170 Seiten Inserate. Was Mucha der jeweiligen Zielgruppe mitzuteilen hat, behält jeder potenziell Betroffene vorsorglich im Auge. Denn beim Mucha blöd vorkommen ist so kontraproduktiv, als habe der "Guide Michelin" einem Luxusrestaurant Schabenbefall attestiert.

Er selber, sagt der Mucha, komme mit 2.000 Euro im Monat aus, was leicht möglich ist, weil die 600-Quadratmeter-Wohnung, eine Gasse stadtauswärts vom Opernring, nur 2300 Euro monatlich kostet. Statt Villa in St. Tropez nur noch ein geräumiges Appartement in Nizza, statt zwei Rolls-Royce-Limousinen nur noch eine, weil er schließlich nicht jünger werde. Das Mucha’sche Handeln und Wandeln beruht wesentlich auf dem zur Perfektion gebrachten Prinzip des Gegengeschäfts. Shoppen, Wohnen, Fliegen, Essen, und sei es in den teuersten Lokalitäten? Alles mehrfach durch Inserate im Fachzeitschriften-Portfolio abgedeckt. Und alles so angelegt, dass die jeweilige schmale Zielgruppe dem Medium nicht ausweichen könne. Es geht eben nichts über seriösen Journalismus.

"Komplett auf Gegenschäft"

Ablehnung, versichert der Mucha glaubhaft, akzeptiere er nicht, er stehe nicht an, auch 30 Mal und öfter anzurufen. Ohne Arbeit, sieben Tage à 16 Stunden die Woche, seien er und seine Frau verloren. Bei solchem Arbeitsethos ist auch das Schloss Drasing in Krumpendorf am Wörthersee leistbar – komplett auf Gegengeschäft instand gesetzt. Ein Wunderheiler, wer sonst, hat ihm einmal das Leben gerettet, und milliardenschwere Konzerne vertrauen ihm. Einen Verdacht, der gar nicht ausgesprochen ist, will er aber dann doch abwehren: "Glauben Sie, die hätte ich noch als Kunden, wenn ich unsauber arbeiten würde?"

Und sollte das jemand glauben, weist er darauf hin, dass noch keiner der 240 Medienprozesse, in die er über die Jahrzehnte verwickelt war, zu seinen Ungunsten verlaufen sei. Nicht einer! Intimfeinde wurden nach endlosem Rechtsstreit zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt – in erheblicher Höhe, aber bedingt. Wie kommt ein solches Genie zu so vielen Feinden? (Günter Traxler, 6.8.2022)