Seit den 1990er-Jahren misst das Beweissicherungssystem im Seewinkel den Grundwasserpegel. An allen Messstellen im Seewinkel ist der Wasserstand unterdurchschnittlich. In vier Orten, in Frauenkirchen, Illmitz, St. Andrä und Pamhagen, wurden die niedrigsten Wasserstände seit Aufzeichnungsbeginn gemessen. Wegen der definierten Grenzen für den Grundwasserspiegel folgen nun erstmals strenge Maßnahmen.

Bewässerungsstopp

Gewisse Kulturen, wie etwa Sonnenblumen oder Raps, dürfen in drei Regionen des Seewinkels nicht mehr künstlich beregnet werden. Für den ganzen Seewinkel gilt, dass nur in der Nacht bewässert werden soll oder darf. Doch nicht alle Landwirte halten sich daran, was für Unmut im Land Burgenland sorgt. Auch deswegen, weil bei der Beregnung während des Tages rund 40 Prozent des Wassers verdunsten. Alte Geräte haben zudem den Nachteil, dass sie große Tropfen erzeugen, die den Boden verdichten und auswaschen.

Während in den Seen im Seewinkel und im Neusiedler See das Wasser fehlt, bewässern Landwirte weiter ihre Felder, mitunter auch tagsüber.
Foto: APA / Nina Kornberger

Schon vor Wochen rückte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) aus, um die Bewässerung durch die Landwirte zu kritisieren. Vor wenigen Tagen erklärte Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) im ORF-Fernsehen, dass das Land rechtliche Möglichkeiten prüfe, um die Bewässerung zu stoppen. 21 Millionen Kubikmeter Grundwasser – damit könnte man den Wasserstand im Neusiedler See um sieben Zentimeter heben – dürfen die Landwirte aktuell für die Beregnung verwenden. Dieses Wasser fehlt aber bereits an anderen Orten.

Bestehende Wasserrechte

So hängt die fast vollständige Austrocknung des Zicksees mit dem historisch niedrigen Grundwasserspiegel zusammen, sagen Experten. Eine Lösung für das Problem wird es so schnell nicht geben, weil dafür neue Bewilligungen notwendig wären und ein Eingriff in bestehende Wasserrechte. "Es gibt bereits eine Arbeitsgruppe, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt", heißt es auf dem Büro von Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ).

Eine Lösung wird es frühestens im Herbst oder überhaupt erst nächstes Jahr geben. Nun beobachte man die Lage, und die Einhaltung der vorgeschriebenen Maßnahmen werde kontrolliert, verspricht das Land. Mit welchen Konsequenzen Landwirte rechnen müssen, die weiterhin tagsüber bewässern, respektive ob und wie jenen geholfen wird, die Ernteausfälle haben, weil sie nicht bewässern, konnte niemand beantworten.

Schilfmanagement

Fest steht nur, dass sich die Situation nicht bessern wird, bis lang anhaltende Regenfälle einsetzen. Gewitter hingegen bringen eine Gefahr mit sich: Schilfbrände, wie etwa jener im Juli in Breitenbrunn am Neusiedler See, der durch einen Blitzschlag ausgelöst wurde.

Im Juli schlug ein Blitz im Schilfgürtel bei Breitenbrunn ein, in dessen Folge ein Feuer ausbrach.
Foto: APA / FF Breitenbrunn

Es gibt also eine Reihe von Baustellen, welche die derzeitige Trockenheit rund um den Neusiedler See auslöst. Birdlife empfiehlt aktuell "die vorsichtige Einführung eines kontrollierten Feuermanagements" des Schilfs im Winter "als Maßnahme zur Sicherung dieses einzigartigen Vogellebensraums".

Wasserzuleitung

Das Land Burgenland will, neben dem Schilfmanagement rund um den See, die Landwirte im Seewinkel zu einer effizienteren Bewässerung bringen und wasserintensive Kulturen wie auch die Saatgutvermehrung eindämmen. Und dann ist da noch die Zuleitung von Wasser aus der Moson-Donau in Ungarn in den Grundwasserkörper des Seewinkels und den Neusiedler See – dessen Wasserstand am Freitag erstmals seit 1965 auf unter 115 Meter über der Adria gesunken ist.

Vor zwei Wochen unterzeichnete das Land Burgenland mit Ungarn eine Absichtserklärung für die Wasserzuleitung. Vergangene Woche erklärte Doskozil, dass man auch Alternativen prüfe. So könnte man etwa, wenn man die Gasleitung von Schwechat ins Burgenland baut, auch gleich eine Wasserleitung für Donauwasser mitverlegen. Eine weitere Alternative wäre eine Zuleitung aus der Leitha. Als Grund für die Überlegungen gab Doskozil die geschätzten Kosten von rund 100 Millionen Euro für das Projekt mit Ungarn an. Aber es könnte mehr dahinterstecken.

Die Auen der Moson-Donau leiden ebenfalls unter der aktuellen Trockenheit, und in der Folge könnte die Zuleitung aus Ungarn nicht ausreichen, um die geplanten Wassermengen ins Burgenland zu bringen. Möglich ist also auch, dass mehrere Zuleitungen gleichzeitig geschaffen werden. So oder so dürfte zusätzliches Wasser erst in frühestens fünf bis acht Jahren im Seewinkel und im Neusiedler See ankommen. (Guido Gluschitsch, 8.8.2022)