Fritz Steinparzer machte zuerst mit dem Dieselmotor Karriere und stellte dann bei BMW die ganze Motorenpalette neu auf. Nun ist er in Pension.

Foto: Rudolf Skarics

Sein Vater, der gelernte Tischler, hat in Fritz Steinparzer schon früh das Interesse für das Praktische, das Handwerkliche geweckt: "Obwohl ich mich in den theoretischen Fächern sehr leichtgetan habe, war ich am Praktischen ebenso sehr interessiert. Mir hat immer diese Verbindung getaugt, wie etwas in der Theorie funktioniert und wie man es in die Praxis umsetzen kann. Die HTL war insofern eine ideale Ausbildung. Es macht schon einen Unterschied, ob man rein aus der Theorie kommt oder ob man selber schon einmal gefeilt, gefräst und geschweißt und die Materialien angegriffen hat."

Steyr-Daimler-Puch baute Ende der 1970er-Jahre in Steyr und Umgebung gerade Nutzfahrzeuge, Traktoren, Lkw, Busse. Hier wollte man mit einem revolutionären Dieselmotorkonzept auch in den Pkw-Sektor einsteigen. Ähnlich dachte man am Schauplatz München. BMW hatte bis dahin den Diesel in aller Konsequenz als lahm und unsportlich verweigert. Doch seine Verbrauchsvorteile waren nicht mehr länger zu ignorieren – und standesgemäße Manieren würde man ihm wohl beibringen.

Weichenstellung

Die beiden sehr unterschiedlichen Unternehmen bildeten ein Joint Venture zur Entwicklung und Produktion eines schnelllaufenden Dieselmotors mit Direkteinspritzung für Personenwagen am Standort Steyr, den legendären Steyr-M1-Motor. Dort, wo Fritz Steinparzer gerade die HTL-Matura erfolgreich bestanden und das Bundesheer absolviert hatte.

Steinparzer bewarb sich 1979 bei Steyr-Daimler-Puch: "In meinen Einstellungspapieren war schon vermerkt, dass ich mich verpflichte, in das geplante Joint Venture von BMW und Steyr-Daimler-Puch zu wechseln. 1982 hat BMW das Joint Venture aber zu 100 Prozent übernommen. Ich habe mich für BMW entschieden. Steyr-Daimler-Puch hat seinen M1-Motor alleine weiterentwickelt.

Modulmotoren: 3-, 4- und 6-Zylinder mit je 500 cm³ Inhalt.
Foto: Werk

Diesen M1-Motor gibt es noch immer. Er gilt mittlerweile als maschinenbauhistorisches Monument. Der Motor wird vorzugsweise im Marine- und Militär-Bereich genutzt. Einen Erfolg im Pkw konnte er nie feiern.

Nach Übernahme von Steyr-Daimler-Puch 1999 durch Magna wurde die Entwicklung und Produktion des M1-Motors in ein Management-Buyout ausgegliedert und 2014 an ein chinesisches Unternehmen verkauft. Mittlerweile ist die Steyr Motors Betriebe GmbH Teil des australischen Zweiges des französischen Rüstungskonzerns Thales.

Direkteinspritzung

Steinparzer war offenbar genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Im Nutzfahrzeug hatte sich zu dieser Zeit längst ein besonders sparsames Brennverfahren bewährt, nun sollte es auch im Personenwagen angewendet werden. Keine leichte Aufgabe, denn die sogenannte Direkteinspritzung lief alles andere als geschmeidig ab, laut und mit heftigen Vibrationen. Neben der Laufkultur stellten auch die dynamischen Anforderungen im Pkw-Bereich eine enorme Herausforderung dar, ganz zu schweigen vom Abgasausstoß.

Außerdem dachte man damals, dass den enormen Drücken in den Brennräumen keine Zylinderkopfdichtung standhalten würde. So entschied man sich beim M1-Motor für eine Monoblock-Bauweise. Zylinder und Zylinderkopf wurden in einem Stück gegossen, die Ventile von unten eingefädelt. Der Motor war zu teuer, zu umständlich herzustellen, kurzum, zu wenig vorteilhaft. Das Joint Venture zerbrach.

Turbodiesel

Dabei hatte alles ganz toll begonnen. Fritz Steinparzer: "Es waren ganz wenige, die wirklich viel Erfahrung hatten, junge Leute in der Überzahl. Beim M1-Motor haben wir sehr eng mit der AVL List und mit Bosch kooperiert, so konnte ich schon mit 20 Jahren mit Spitzenleuten zusammenarbeiten und dabei extrem viel lernen. Weil wir eine sehr kleine Gruppe waren, haben wir auch alles gemacht, Kolbenentwicklung, Kurbeltriebauslegung, Einspritzsystem. Das war noch zu Zeiten des Joint Ventures. Aber es ist fließend so weitergegangen, als BMW 100 Prozent übernahm."

Mit Ende des Joint Ventures, noch bevor ein Auto serienreif war, beendete BMW vorübergehend die Ära der Direkteinspritzung, nicht aber die Bemühungen um den Diesel. Man kultivierte den Turbodiesel mit Wirbelkammer-Brennverfahren, brachte ihm die markentypische Dynamik und gehörige Laufruhe bei.

Common-Rail-Technik

Die Dieselentwicklung von BMW blieb in Steyr, die Produktionsanlagen für Benzin- und Dieselmotoren wurden immer weiter ausgebaut. Fritz Steinparzer: "Nach Ende des Joint Ventures habe ich in der Vorentwicklung gearbeitet, eine sehr kleine Mannschaft und ein sehr breites Feld – und auch ausreichend Zeit, sich inhaltlich mit allen Themen auseinanderzusetzen. Anfang 1988 habe ich meine erste Führungsrolle als Teamleiter bekommen. Da war ich knapp dreißig Jahre alt, ich habe ein Team gehabt mit zwölf Leuten, fast alle älter als ich, die meisten Akademiker, es war sehr lehrreich, hat aber gut funktioniert."

Die Direkteinspritzung kehrte erst 1998 mit der Common-Rail-Technik zurück und brach dann alle Rekorde: Die Laufkultur konnte weiter verbessert werden, der Verbrauch wurde drastisch gesenkt. Die Leistung ging schier unaufhaltsam in die Höhe. Steinparzer: "Hauptsächlich aus Wettbewerbsgründen. Außerdem sind die Fahrzeuge schwerer geworden, die Ansprüche der Kunden gestiegen. Es ist ja ein Irrglaube, dass weniger Leistung automatisch weniger Kraftstoffverbrauch oder sauberes Abgas zur Folge hätte. Unser erster 2,5-Liter-Sechszylinder-Diesel hatte 85 kW, also 115 PS. Heute hat der Zweiliter-Diesel über 180 PS."

Als wichtige Meilensteine in der Dieselentwicklung sieht Steinparzer auch die zweistufige Turboaufladung und das Kombisystem aus Speicherkat und SCR-Katalysator.

Herausforderung Abgas

Eine permanente Herausforderung in der Dieselentwicklung betraf die Qualität des Abgases. Steinparzer: "Seit ich dabei bin, hat das Abgas immer schon eine wichtige Rolle gespielt. Es war ja auch das Ziel, in den USA erfolgreich zu sein, und dort gab es den Katalysator sowieso schon lang. Wir haben beim Diesel den ersten Oxidationskatalysator 1990 eingeführt. Damit konnten wir auch schon gewisse leichtflüchtige Partikel umsetzen. Schon damals galten mehr als fünfzig Prozent des Entwicklungsaufwandes dem Abgas."

Auch wenn Fritz Steinparzer immer wieder mit dem Dieselmotor in Verbindung gebracht wird, ihn bloß darauf zu reduzieren wäre eine grobe Fehleinschätzung. 2008 wechselte er nach München und stellte dort bis 2014 die ganze Motorenentwicklung, insbesondere die Ottomotorenentwicklung, neu auf.

Ottomotorenentwicklung

Steinparzer: "Die Ottomotorenentwicklung war sehr spannend. Es hat gerade erste Magermotoren auf dem Markt gegeben, auch von BMW. Das waren noch Saugmotoren, und die Frage war, wie geht es mit den Ottomotoren wirklich weiter? Kommt komplett Turboaufladung oder nicht? Als ich nach München kam, war es eine meiner Hauptaufgaben, eine einheitliche Motorenfamilie zu schaffen. Einheitlichkeit nicht nur innerhalb der Ottomotoren, sondern auch zwischen Otto und Diesel. 2014 haben wir dann flächendeckend 3-4-6-Zylinder-Otto und -Diesel eingeführt, die alle dem gleichen Grundprinzip folgen."

Es fällt auf, dass der Zylinderinhalt aller Motoren, egal ob drei, vier oder sechs Zylinder, exakt einen halben Liter beträgt. Steinparzer: "500 cm³ sind thermodynamisch der beste Kompromiss. Dieser konsequente Baukasten-Ansatz hat uns auch sehr geholfen, nachdem der Dieselabsatz deutlich zurückgegangen ist – durch die bedauerlichen Vorfälle mit den Abgasmanipulationen bei einigen Herstellern, aber auch aus anderen Gründen. Etwa die Vermehrung der Plug-in-Hybride auf Kosten des Diesel-Absatzes." (Rudolf Skarics, 6.8.2022)