Nach einem israelischen Raketenangriff steigt Rauch in Gaza City auf.

Foto: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Gaza – Das einzige Kraftwerk im Gazastreifen ist nach palästinensischen Angaben wegen Treibstoffmangels vorübergehend abgeschaltet worden. "Aufgrund der gegenwärtigen Umstände und des fehlenden Treibstoffs wurde das Kraftwerk abgeschaltet", teilte die Stromgesellschaft am Samstag in Gaza mit. Die Stromversorgung in dem Palästinensergebiet werde deshalb von bisher zwölf auf vier Stunden reduziert.

Aus Angst vor Angriffen nach der Festnahme eines militanten Palästinenserführers hatte Israel die Einfuhr von Treibstoff in das Gebiet am Montag gestoppt. Ein Beamter der Stromgesellschaft teilte mit, die Abschaltung des Kraftwerks führe zu einer "katastrophalen Situation" im Gazastreifen. Das Gebiet habe schon zuvor unter zu geringen Strommengen gelitten. Demnach sind täglich rund 550 Megawatt Strom notwendig, um die Bedürfnisse der rund zwei Millionen Einwohner abzudecken. Zuletzt seien jedoch nur 180 Megawatt verfügbar gewesen.

Aus palästinensischen Sicherheitsquellen hieß es, dass Israel ursprünglich den Grenzübergang für die Einfuhr begrenzter Mengen an Treibstoff wieder öffnen wollte, die Entscheidung aber in letzter Minute zurückgenommen habe. Vorangegangen seien demnach Vermittlungsversuche.

Schwere Gewalteskalation

Die israelische Luftwaffe griff am Samstag erneut Ziele im Gazastreifen an, die Palästinenser feuerten weiter Raketen auf israelisches Gebiet. Die Angriffe folgen auf einen israelischen Sondereinsatz gegen den militanten Islamischen Jihad am Freitag in Gaza, bei dem nach israelischen Angaben Tajseer al-Jaabari, einer der führenden Kommandanten, getötet wurde.

Bei diesem israelischen Angriff seien neun weitere Palästinenser getötet und 79 verletzt worden, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium mit. Unter den Toten seien mindestens vier Angehörige des Islamischen Jihads und ein Kind. Insgesamt hätten die Angriffe seit Freitag 15 Menschen getötet und 125 verletzt.

Israel untersucht Berichte über getötete Zivilpersonen

Das israelische Militär teilte mit, dass bei der Militäroperation lediglich Waffenproduktionsstätten, Raketenabschussanlagen und Waffenlager zerstört wurden. Berichte über getötete Zivilpersonen seien bekannt und würden untersucht, sagte ein Vertreter des Militärs am Samstag. Zudem habe man im Westjordanland in der Nacht 20 Menschen festgenommen, 19 davon seien Verbindung mit dem Islamischen Jihad gestanden.

Militante Palästinenser im Gazastreifen hätten mindestens 190 Raketen über die Grenze abgefeuert, die meisten seien abgefangen worden, teilte das israelische Militär mit. Einige wenige Menschen in Israel hätten sich leicht verletzt, als sie in Schutzräume gerannt seien.

Ein israelischer Kampfhubschrauber.
Foto: APA/AFP/JACK GUEZ

Internationale Vermittlungsversuche

Aus Kreisen der palästinensischen Führung verlautete, Ägypten, die Vereinten Nationen und Katar hätten mit Vermittlungsbemühungen begonnen, um die Gewalt zu beenden. Einen Durchbruch gebe es bislang nicht. Die israelischen Streitkräfte stellen sich auf einen längeren Einsatz ein. "Das Militär ist auf eine einwöchige operative Tätigkeit vorbereitet, entsprechend der Anweisung der politischen Ebene und des Generalstabschefs", teilte das Militär am Samstag mit.

An der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel war es seit Mai 2021 vergleichsweise ruhig geblieben. Damals waren während der elf Tage dauernden Kämpfe mindestens 250 Menschen im Gazastreifen und 13 in Israel getötet worden.

Im besetzten Westjordanland wurden nach Angaben des israelischen Militärs 19 Kämpfer des Islamischen Jihads bei nächtlichen Razzien festgenommen. Erst am Montag hatten israelische Sicherheitskräfte dort Bassam al-Saadi festgenommen, ein hochrangiges Mitglied des Islamischen Jihads. Bei seiner Festnahme wurde ein 17-Jähriges Mitglied der Organisation getötet. (Reuters, APA, red, 6.8.2022)