Raketen zwischen Gaza und Israel.

Foto: AP / Hatem Moussa

Tel Aviv / Gaza – Eine von Ägypten vermittelte Waffenruhe im Gaza-Konflikt hat vorerst Bestand. Eine israelische Armeesprecherin bestätigte Montagfrüh, dass seit Beginn der Waffenruhe am Sonntagabend keine neuen Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert wurden. Auch die israelische Armee habe keine neuen Ziele angegriffen. Nach dreitägigen Kämpfen trat die Waffenruhe um 23.30 Uhr Ortszeit (22.30 Uhr MESZ) in Kraft.

Grenzen geöffnet

Beide Seiten hatten zuvor separat ein Ende der Angriffe erklärt. Israel behielt sich aber das Recht vor, im Falle einer Verletzung der Feuerpause "entschlossen zu antworten", der Islamische Jihad erklärte ebenfalls seine Bereitschaft zur Reaktion auf "jedwede Aggression". Indes verkündete Israel am Montag die Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen für humanitäre Lieferungen. Erste Lastwagen mit Treibstoff fuhren über die wiedereröffnete Grenze, berichtete die AFP.

Nach Beurteilung der Sicherheitslage seien der Erez-Grenzübergang und der Warenübergang Kerem Schalom wieder offen, teilte die zuständige Cogat-Behörde am Montag mit. Erste Treibstofftanks und humanitäre Hilfsgüter passierten einer Sprecherin zufolge am Montagmorgen die Grenze.

Wiederaufnahme des Zugverkehrs angekündigt

Israel hatte zwei Grenzübergänge zum Gazastreifen bereits vor der jüngsten Eskalation geschlossen. Aufgrund der Schließung hatte nach Angaben der Betreiberfirma am Samstag das einzige Kraftwerk in dem Palästinensergebiet abgeschaltet werden müssen, da kein Diesel mehr in die Enklave gelangte. Der oberste Krankenhausdirektor im Gazastreifen hatte am Wochenende vor einer "medizinischen Krise" gewarnt, falls binnen weniger Tage keine Medikamente oder Treibstoff eintreffen würden.

Die Öffnung der Grenzübergänge hatte die zum israelischen Verteidigungsministerium gehörende Behörde Cogat angekündigt, die für die Koordination ziviler Aktivitäten in den Palästinensergebieten zuständig ist. Die Übergänge würden am Montag "für humanitäre Bedürfnisse" wiedereröffnet, erklärte Cogat. Die Rückkehr zur Routine geschehe "in Zusammenhang mit den Entwicklungen und der Situation und solange die Sicherheit respektiert wird". Israel kündigte zudem die Wiederaufnahme des Zugverkehrs im Grenzgebiet an und hob für Bürger auf der israelischen Seite die Pflicht auf, sich in Schutzräumen aufzuhalten. Auch die Straßen im Grenzgebiet wurden laut israelischem Militär nach und nach wieder freigegeben.

Palästinensische Botschaft in Wien übt Kritik an Stellungnahme Österreichs

Die Reaktion des österreichischen Außenamts auf die jüngste Eskalation der Gewalt im Gaza-Konflikt sorgt für neuerliche Kritik bei den Palästinensern. Der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi, drückte am Montag in einer Aussendung sein "Bedauern" über die "einseitige Stellungnahme" des österreichischen Außenministeriums aus. Das Ministerium hatte am Sonntag auf Twitter "den Raketenbeschuss auf Israel und die wahllosen Angriffe auf Zivilisten auf das Schärfste" verurteilt.

"Wir stehen voll und ganz zu Israels Recht auf Selbstverteidigung und sind besorgt über eine weitere Eskalation", die zum Tod von Zivilisten führen könnte, hieß es in der Stellungnahme weiter. Österreich ignoriere dabei, dass "Israel den Gazastreifen angegriffen und daher Israel als Besatzungsmacht und einhergehend damit als Aggressor gemäß dem internationalen Recht kein Anrecht auf Selbstverteidigung hat", kritisierte der palästinensische Botschafter am Montag in einer Aussendung. Anstatt internationales Recht zu schützen und zu verteidigen, werde Israel gerade mit diesen Positionen dazu ermutigt, weiterhin jenseits des Völkerrechts zu agieren.

Biden fordert Untersuchung

US-Präsident Joe Biden begrüßte die Waffenruhe und drängte auf eine Untersuchung der Berichte über zivile Opfer. "Meine Regierung unterstützt eine rechtzeitige und gründliche Untersuchung all dieser Berichte. Außerdem fordern wir alle Parteien auf, den Waffenstillstand vollständig umzusetzen und sicherzustellen, dass Treibstoff und humanitäre Hilfsgüter in den Gazastreifen fließen, wenn die Kämpfe nachlassen", sagte Biden am Sonntag. Der UN-Sonderbeauftragte Tor Wennesland sprach von einer "weiterhin sehr zerbrechlichen Situation" und mahnte die Konfliktparteien, die Waffenruhe einzuhalten.

Tote und Verletzte

Israel hatte seit Freitag Ziele der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Jihad im Gazastreifen bombardiert. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben 44 Menschen getötet und 360 verletzt. Die Luftwaffe tötete dabei zunächst den Jihad-Militärchef Tayseer al-Jaabari, am Samstagabend dann den südlichen Jihad-Kommandanten Khaled Mansour.

Die israelische Armee schaltete nach eigenen Angaben mit dem Einsatz die militärische Führungsriege des Jihad aus. Die eng mit Israels Erzfeind Iran verbundene Gruppe wird von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. Als Reaktion auf die Luftangriffe feuerte der Islamische Jihad hunderte Raketen Richtung Israel ab. (APA, red, 8.8.2022)