Großkatzen dürften nach aktuellem Stand eher von schweren Verläufen bei Coronainfektionen betroffen sein. Allerdings liegen der Studie erst relativ wenige Testungen bei Tieren zugrunde.
Foto: EPA/Ernesto Mastrascusa

In zweieinhalb Jahren Coronapandemie haben sich nicht nur verheerende Auswirkungen der Krankheit auf die menschliche Gesundheit gezeigt. Neben dem Menschen können andere Tiere ebenfalls schwer erkranken – immerhin wurde das Virus Sars-CoV-2 aller Wahrscheinlichkeit nach auf einem Markt im chinesischen Wuhan von Wildtieren auf Menschen übertragen. Im vergangenen Jahr wurden zum Schutz einige Zootiere gegen den Erreger geimpft.

Um mehr darüber herauszufinden, was über Infektionen und Krankheiten bei Tieren bekannt ist, taten sich Forschende der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmed-Uni) und des Complexity Science Hub (CSH) Vienna zusammen. Sie zeigen anhand der international gesammelten Daten, dass Sars-CoV-2 zu einer Gefahr unbekannter Größe für die Tiergesundheit werden könne, wie die Studienleiterin Amélie Desvars-Larrive zusammenfasst.

Dass das Virus vom Menschen aus wieder ins Tierreich zurückschwappen kann, wurde erstmals im Februar 2020 bestätigt, schreibt das Forschungsteam im Fachblatt "Scientific Data". Damals hatte sich ein Hund in Hong Kong durch seinen Besitzer mit dem Virus infiziert. Auch Haustiere können im Übrigen wiederum Menschen anstecken – in Thailand wurde zuletzt erstmals ein Fall dokumentiert, bei dem eine Katze einen Menschen durch Anniesen infizierte.

Sterblichkeit und zunehmende Infektionen

Umfangreiche Daten zu Coronainfektionen in der Tierwelt habe es bisher allerdings nicht gegeben, berichten die Forschenden. Die "Sars-Ani" genannte Datensammlung, in die Fälle aus zwei Meldesystemen Einzug fanden, soll nun ein klareres Bild der epidemiologischen Lage im Tierreich, dort vorkommender Varianten und Ansteckungswege sowie der Verbreitungsgefahr, die von Tieren ausgeht, ermöglichen.

Das Virus – beziehungsweise Antikörper dagegen – wurden in 26 Spezies entdeckt, die zu 14 Tierfamilien gehören, berichtet Desvars-Larrive, die an der Vetmed-Uni und dem CSH forscht. Die gefundenen Coronavarianten ähnelten jenen, mit denen sich Menschen infizierten.

Die tierischen Coronafälle konnten asymptomatisch bis heftig ausfallen und ebenfalls jenen infizierter Menschen ähneln. Die Case Fatality Rate (CFR) oder Fallsterblichkeit, die angibt, wie viele mit dem Coronavirus infizierte Tiere einer Tierart sterben, sei niedrig. Die Zahl der gemeldeten Infektionsevents unter Tieren würde hingegen stetig steigen, ein Plateau sei immerhin sichtbar – wahrscheinlich, weil unter Menschen wie Tieren weniger getestet werde, nimmt Desvars-Larrive an.

Schwierige Datenlage

Geografisch zeigen sich Unterschiede in der Verteilung der insgesamt 704 gemeldeten Infektionsevents – Tiere, die sich etwa im gleichen Haushalt infizierten, wurden zu einem "Event" zusammengefasst. Diese häufen sich vor allem in den USA, wo 284 Events gefunden wurden. Keine Daten gibt es aus Österreich. Die Studie zeige jedoch nicht die tatsächliche Verteilung von Tierinfektionen. Viele würden nicht auffallen oder nicht gemeldet werden, sagt die Forscherin. Gibt es in einem Land beispielsweise keine Ressourcen, um Menschen zu testen, hätten auch Tiertests keine Priorität. "Wir sehen nur die Spitze des Eisbergs", stellt Desvars-Larrive fest.

Auf einer eigenen Website werden die Ergebnisse der Studie und der Datenbank visuell dargestellt – hier die Anzahl der Infektionsevents.
Bild: Screenshot SARS-ANI, CSH Vienna

Nicht nur die geografische Verteilung der Fälle, auch die betroffenen Tierarten lassen sich mit der Datensammlung nicht realitätsgetreu abbilden – Grund dafür seien ebenfalls unterschiedliche Teststrategien. So wurden etwa Nerze sehr häufig getestet, weshalb die Forscherinnen und Forscher hier 187 Infektionsevents zählten und eine Vielzahl an Varianten fanden. Sehr anfällig für einen schweren Infektionsverlauf dürften den Ergebnissen zufolge Großkatzen sein.

In 46 Prozent der Fälle steckten sich Tiere bei Menschen an, nur in 2,6 Prozent von anderen Tieren. In 51 Prozent der Fälle wurde der Ursprung der Infektion allerdings nicht bekanntgegeben. Dass sich Tiere von Menschen anstecken sei immer noch eine Seltenheit, sagt Desvars-Larrive. Nur manche Tiere – etwa Nerze und Katzen – können das Virus auf Menschen übertragen, andere lediglich auf andere Spezies oder Artgenossen. Wieder andere – zum Beispiel Hunde – stecken sich zwar an, verbreiten das Virus aber nicht weiter. Worauf diese Unterschiede zurückzuführen sind, sei bisher nicht geklärt, sagt die Studienleiterin.

Kontrolle von Zoonosen

Was kann nun gegen tierische Coronafälle unternommen werden? Kontrollmechanismen wie Quarantäne, Impfung oder auch das Töten der Tiere kämen vor allem bei Haustieren in Frage. Bei Wildtieren sei das schwerer umzusetzen. Hier bestehe die Gefahr, dass Wildtiere dem Coronavirus für einige Zeit als Wirt dienen, dabei neue Varianten entstehen und das Virus aus diesem Reservoir wieder auf Menschen und andere Tiere überspringt.

Gefährlich könne dieses Szenario nicht nur aus epidemiologischer Sicht, sondern auch für das Wohl der Tiere werden – etwa wenn vermehrt Wildtiere als potenzielle Träger des Coronavirus getötet werden. "Wir müssen uns erinnern, dass Sars-CoV-2 nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit, sondern auch eine Gefahr unbekannter Größe für Tiergesundheit sowie Tierschutz darstellt", sagt Desvars-Larrive.

Ihrer Ansicht nach ist es wichtig, die Beziehungen zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und ihrer gemeinsamen Umwelt bei Pandemie-Maßnahmen zu berücksichtigen. Ein Aspekt, der auch angesichts zunehmender Zoonosen – also Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen – wichtig wird. (APA, red, 8.8.2022)