Parteien, die breite Bündnisse eingehen, werden durch das italienische Wahlrecht begünstigt.

Rom – Sieben Wochen vor der Parlamentswahl in Italien stoßen die Pläne für den Aufbau einer Mitte-links-Allianz gegen den Rechtspopulismus auf Hürden. Am Wochenende schlossen sich die Grünen, die Linken (Sinistra Italiana) und die neue Partei von Außenminister Luigi Di Maio (Impegno Civico) dem von den Sozialdemokraten (PD) geführten Bündnis an. Als Reaktion darauf verkündete aber die Zentrumspartei Azione das Ende der Zusammenarbeit.

Die Partito Democratico (PD) hatte sich am Dienstag mit Azione zusammengeschlossen, um bei der vorgezogenen Parlamentswahl am 25. September eine Allianz gegen das Mitte-rechts-Bündnis um die Rechtspopulistin Giorgia Meloni ins Rennen zu schicken. Beide Parteien erklärten, sie wollten an der politischen Agenda des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mario Draghi festhalten und die Ukraine weiter unterstützen. Am Samstag gab Sozialdemokraten-Chef Enrico Letta dann auch das Bündnis mit der Italienischen Linken (SI) und den Grünen bekannt. Azione beklagte, sie könne nicht mit Linksparteien zusammenarbeiten, die die Regierung Draghi nicht unterstützt hätten, und kündigte daraufhin den Austritt aus der Koalition an.

Auch Più Europa überlegt Allianz-Austritt

"Dies war die schmerzhafteste Entscheidung meines Lebens", sagte Azione-Chef Carlo Calenda im Interview mit dem Fernsehsender Rai 3 am Sonntagnachmittag. Der Rückzug der Partei könnte weitere Kreise ziehen: Auch die mit der Azione verbündete Zentrumspartei Più Europa (+Europa) von Ex-Außenministerin Emma Bonino erwägt den Austritt aus dem Mitte-links-Bündnis, dem sie vergangene Woche beigetreten war. Damit wackelt die Allianz, die PD-Chef Letta mühevoll geplant hat – in der Hoffnung, einen Wahlsieg des Rechtsblocks abzuwenden.

Azione-Chef Calenda will jetzt ohne Allianzen am Wahlkampf teilnehmen. Der Ex-Industrieminister hofft, zum Zünglein an der Waage zu werden. Azione und Più Europa bringen in Umfragen zwar nur fünf bis sieben Prozent der Wählerstimmen zusammen, Calenda hofft jedoch, mit dem Alleingang 15 Prozent zu erreichen.

Rechter Block gilt in Umfragen als Favorit

In Umfragen gilt derzeit das konservativ-rechte Lager, dem neben den Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) auch die konservative Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi und die rechte Lega um Ex-Innenminister Matteo Salvini angehören, als Favorit, wobei die postfaschistischen Fratelli d'Italia sogar stärkste Partei werden könnten. Dem rechten Block werden 45 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Das Wahlrecht begünstigt Parteien, die breite Bündnisse eingehen.

Die Parlamentswahl war angesetzt worden, nachdem Präsident Sergio Mattarella nach Draghis Rücktritt im Juli das Parlament aufgelöst hatte. (APA, 8.8.2022)