Die Oberleitungsbusse gehören in Salzburg zum Stadtbild wie die Tramway in Wien, Graz oder Linz. Die eleganten O-Busse sind diesen Sommer im Straßenbild der Mozartstadt aber eher selten zu sehen.

Foto: Salzburg AG

Harald Haidenberger, Mediensprecher der Salzburg AG, ist um seinen Job nicht zu beneiden. Haidenberger muss in gefällige Worte kleiden, was in Wirklichkeit ein Desaster ist: der aktuelle Fahrplan der Salzburger Oberleitungsbusse.

Die Krankheits- und Quarantänefälle in der Urlaubszeit führten dazu, "dass die Fahrplanleistungen im Stadtverkehr an die vorhandenen personellen Ressourcen angepasst werden müssen", heißt es in einer Medienmitteilung der Salzburg AG. Diese ist nicht nur der Landesenergieversorger, sondern betreibt neben touristischen Projekten wie etwa der Wolfgangseeschifffahrt auch die Salzburger O-Busse.

15-Minuten-Takt

Im Klartext bedeutet diese Anpassung an "die Ressourcen", dass bei zwei Linien die sogenannten Randstreckenabschnitte nicht mehr bedient werden und dass fünf Hauptlinien statt alle zehn Minuten im 15-Minuten-Takt verkehren.

Für Ortsunkundige zur Erläuterung: Das trifft beispielsweise die Linie 2, die Salzburg quasi von Ost nach West durchmisst und eine wichtige Anbindung für den Flughafen darstellt. Wobei immerhin der Flughafen mithilfe der Linie 10 im 7,5-Minuten-Takt bedient werden könne, verspricht die Medienmitteilung der Salzburg AG.

Sommerfahrplan

Die Informationslage für die potenziellen Fahrgäste ist übrigens eher dürftig: Wie lange dieser Notfahrplan gilt, weiß niemand. "Bis auf Weiteres", steht auf einem beim Kongresshaus angebrachten Fahrgastinformationsblatt. "Wir streben an, zu Schulbeginn wieder den Normalfahrplan anbieten zu können", sagt Haidenberger auf Anfrage des STANDARD.

Erschwerend kommt hinzu, dass dieser Notfahrplan bereits die Einschränkung einer Einschränkung ist. Denn unabhängig von den Krankenständen der Busfahrer und Busfahrerinnen gilt von 11. Juli bis 9. September der sogenannte Ferienfahrplan. Dieser bringt zwar einige Nachtbusse mehr, sieht aber dafür bei wichtigen Linien eine Reduktion des Angebots vor. Selbst die Linie zum größten Freibad der Stadt wird im Sommer ausgedünnt.

Personalmangel

Aus Sicht des Betriebsrates der Salzburger AG ist der Notfahrplan auf Versäumnisse im Management zurückzuführen: "Es ist richtig, dass die Pandemie zu Personalnotständen geführt hat. Aber grundsätzlich hat es die Salzburg AG seit Jahren verabsäumt, Personal aufzustocken. Trotz aller Warnungen", wird Betriebsrat Frank Conrads im lokalen ORF zitiert.

Der Landesrechnungshof hatte dem Personalmanagement vor drei Jahren ein ähnlich schlechtes Zeugnis ausgestellt.

Auf Versäumnisse im Management weist auch die grüne Bürgerliste hin: Sie erinnert an die O-Bus-Krise 2018, als aus Materialmangel museumsreife Busse aus dem Depot geholt werden mussten, um den Betrieb notdürftig aufrechtzuerhalten.

Keine Ticketautomaten

Die Bürgerliste moniert auch fehlende Investitionsbereitschaft für "das Stiefkind der Salzburg AG". Kontaktlose Zahlungsmöglichkeiten seien längst Alltag geworden; so seien auch in den Regionalbussen entsprechende Zahlungsmöglichkeiten vorhanden, sagt Verkehrssprecher Lukas Bernitz. "Es wäre an der Zeit, dass die Salzburg AG Ticketautomaten mit Kartenzahlung in allen O-Bussen installiert."

Die Infrastruktur bemängelt auch die KPÖ. Gemeinderat Kay-Michael Dankl hat eine Fotosafari gestartet, um die Mängel bei den rund 160 Bushaltestellen zu dokumentieren. Überdachung, Sitzgelegenheit, Zeitanzeige, Beleuchtung und Barrierefreiheit seien höchst selten.

Strukturelles Problem

Hinter der aktuellen Misere steckt freilich auch ein strukturelles Problem, das bis ins Jahr 2000 zurückreicht. Vereinfacht dargestellt: Bei der Fusion des Landesenergieversorgers Safe mit den stadteigenen Salzburger Stadtwerken zur Salzburg AG wurde eine garantierte Kilometerleistung für den O-Bus vertraglich festgelegt. Diese entsprach den im Jahr 1999 absolvierten Kilometern. Jede Leistung darüber hinaus müsse die Stadt extra bezahlen. An dieser Konstruktion leidet das Busangebot in der Stadt Salzburg bis heute.

Keine Mobilitätsgesellschaft

Nichts geworden ist übrigens auch aus der Ankündigung von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP), eine eigene Stadt-Land-Mobilitätsgesellschaft mit O-Bus, Lokalbahn und Pinzgaubahn zu gründen. Das Herauslösen der Verkehrssparte wäre Stadt und Land schlicht zu teuer gekommen.

Nun soll eine kleinere Variante kommen. Diese Verkehrsgesellschaft soll ebenfalls die wichtigsten Transportbetriebe enthalten, aber im Eigentum der Salzburg AG bleiben. Das Problem der Kilometerbegrenzung aus dem Fusionsvertrag im Jahr 2000 dürfte damit freilich erst recht nicht gelöst sein. (Thomas Neuhold, 9.8.2022)