Mit dem ambivalenten Superhelden Hulk will ein 29-Jähriger nicht verglichen werden. Äußerlich mangelt es an Ähnlichkeit, Phlegmatiker ist der Angeklagte aber eingestandenerweise auch keiner.

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Wien – "Ich bin ja jetzt nicht Hulk oder so", sagt der 29-jährige Rene zum Vorwurf, er habe seiner Lebensgefährtin am 23. Juni die Elle im rechten Unterarm gebrochen. Tatsächlich ist der vor Richter Christian Noe sitzende Angeklagte weder sonderlich muskulös noch grünhäutig, ein gewisses Aggressionsproblem scheint er aber zu haben. Wurde er doch erst im vergangenen Oktober strafrechtlich verurteilt. Wegen Bestellbetrugs, unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, Sachbeschädigung und Körperverletzung – begangen an seiner Lebensgefährtin.

"Was für eine Strafe haben Sie denn damals bekommen?", will der Richter wissen. "Aahhh, tut mir leid, so genau weiß ich das nicht mehr. Irgendwas mit drei Monaten." – "Nein, von drei Monaten seh ich da nichts", erklärt ihm Noe, während er sich den Strafregisterauszug ansieht. "Es waren sechs Monate auf drei Jahre bedingt. Die könnten jetzt widerrufen werden, zumindest hat die Staatsanwaltschaft das beantragt."

Spiele und Spritzer

Rene bekennt sich jedenfalls nicht schuldig und erzählt seine Sicht der Dinge über die Ereignisse in der gemeinsamen Wohnung in Wien-Floridsdorf. "Ich habe Konsole gespielt und zwei Spritzer getrunken", erinnert sich der Arbeitslose. "Das hat ihr nicht gefallen. Wir haben gestritten, ich wollte gehen. Dann hat sie mein Handy genommen und lief ins Badezimmer." Das Schloss der Badezimmertür hielt zwei, drei seiner gezielten Tritte nicht stand, die Tür der Toilette machte dem zweifachen Vater größere Probleme. Die ging nämlich nach außen auf.

"Ich konnte sie nicht auftreten, also habe ich an der Schnalle gerüttelt. Dann habe ich auch probiert, die Schnalle nach oben zu drücken. Dann hat sie geschrien, und die Tür ging auf." – "Was hat sie denn geschrien?", bezieht sich Noe, wie der Angeklagte, auf die Lebensgefährtin. "So 'Aaahhh'." – "Ein Schmerzensschrei?" – "Nein. So 'Verpiss dich!'", korrigiert der Angeklagte sich. Nachdem die WC-Tür offen war, sei er ins Schlafzimmer gegangen. Die Verletzung seiner Partnerin, die eine Operation benötigte, will er nicht mitbekommen haben.

Partnerin entschlägt sich der Aussage

"Hätten Sie auch einfach gehen können in dieser Situation?", will der Richter von ihm wissen. "Natürlich. Wäre wahrscheinlich besser gewesen. Aber ich wollte mein Handy", antwortet der 29-Jährige. Die 21 Jahre alte Lebensgefährtin ist deutlich zierlicher als der Angeklagte und macht vor Gericht von ihrem Recht Gebrauch. Sie will Rene nicht belasten: "Ich würde nicht aussagen wollen, bitte", erklärt sie dem Richter. Verteidiger Maximilian Lohsmann hofft und plädiert daher auf einen Freispruch. "Über die Ursache des Ellenbruchs kann man nur mutmaßen", argumentiert er, das Beweisverfahren habe nicht zweifelsfrei ergeben, dass die Verletzung in dieser Situation passiert sei.

Diversion nicht möglich

Noe sieht das anders und verurteilt Rene zu sechs Monaten bedingt, die offene Vorstrafe widerruft der Richter nicht. "Das ist halt ein blöder Ablauf", glaubt er dem Angeklagten, dass dieser keine Verletzungsabsicht hatte. "Aber es kann nicht toleriert werden, wenn etwas passiert", begründet er seine Entscheidung. "Der Sachverhalt schreit nach einer Diversion, die ist wegen Ihrer Vorstrafe aber nicht möglich." Nun würde bereits ein Jahr bedingte Haftstrafe über dem Angeklagten schweben. "Schauen Sie, dass sowas nicht wieder passiert, sonst hat man am Ende eine bittere Rechnung offen", gibt Noe einen Ratschlag. Rene akzeptiert das Urteil, der Staatsanwalt gibt keine Erklärung ab, es ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 10.8.2022)