Zwei Beach Boys im Weltraum: Panda Bear und Sonic Boom.

Foto: Domino

Früher, während der 1980er-Jahre machte sich Peter Kember alias Sonic Boom mit seiner Band Spacemen 3 vom britischen Rugby aus in den Weltraum auf, um dort unendliche Weiten zu entdecken. Mittels aus Dune bekannter Freizeitchemie für Navigatoren erster Klasse entstand die Weite des Raums aber nur im Kopf. Daheim zum Nachmachen: Das geht auch legal, wenn man lange in einen rechtsdrehenden Spiralkreisel schaut.

Da konnte es dann passieren, dass die Spacemen so lange versteinert zuwarteten, bis es dem richtigen Weltraum zu blöd wurde und er zu den komplett zugeballerten Musikern in den Proberaum schaute, um zu fragen, wann denn nun endlich das nächste Frachtschiff nach Betelgeuse starte. Ihnen da oben würden nämlich langsam die Glühbirnen ausgehen. Hat ja niemand etwas davon, wenn man den Orion nachts nicht mehr gescheit sieht.

Animal Collective

Viertel- bis einstündige Ein-Akkord-Studien auf Gitarren und einem Keyboard, auf dem zum Beispiel die D- oder A-Taste mit Gaffa-Band fixiert wurde, damit man nicht so viel Arbeit mit dem Umgreifen hat, nannten sich etwa Taking Drugs to Make Music to Take Drugs to oder The Perfect Prescription oder Dreamweapon. Nach dem Ende der Band vor lächerlichen 31 Erdenjahren gingen Peter Kember und Bandkollege Jason Pierce schließlich getrennte Wege. Pierce entdeckte mit Spiritualized das kommerziell erfolgreiche kosmologische Kirchenlied mit erhebendem Gospelchor. Sonic Boom blieb mit Spectrum oder E.A.R. auf der Abschussrampe hocken. Die Drogen wurden weniger, die Sternenfahrten seltener.

Doch sehet, mit seinem Buddy Panda Bear alias Noah Benjamin Lennox von der US-Avantpop-Band Animal Collective, mit dem er zuvor schon 2015 für das Album Panda Bear Meets the Grim Reaper zusammengearbeitet hatte, geht es nun mit dem Duoalbum Reset (deutsch: Neustart) von ihrer gemeinsamen Wahlheimat Portugal aus auf Strandurlaub auf irgendeinen während der Saison noch nicht so überlaufenen Silversurfer-Planeten.

Animal Collective

Die alten Analogsynthesizer flirren und sirren, pulsieren und perlen fröhlich-repetitiv aus den Schaltkreisen wie einst in der Hochzeit des Krautrock bei Ash Ra Tempel, Klaus Schulze oder Tangerine Dream. Außer ein paar Handclaps, etwa im wunderbaren Go On, wird das Album angenehm schwerelos, allerdings songlastig und mit Unterstützung einer Akustikgitarre auch lagerfeuertauglich gehalten. Wir sprechen von einem sauberen elektrischen Lagerfeuer.

Dafür können Panda Bear als heller Tenor und Sonic Boom als älterer Grummler völlig losgelöst von der Erde endlich einmal in aller Ruhe ihrer Liebe zu den Beach Boys nachgehen und etwa in Edge of the Edge die stimmlich multiplizierten engelsgleichen Chorknaben geben. Ein wenig Drogen in Form von modischem Micro- oder nicht mehr ganz so kleinem Dosing könnten bei dieser heiter nostalgischen Far-out-Unternehmung allerdings schon im Spiel gewesen sein. (Christian Schachinger, 9.8.2022)