Miroslav Klose und ...

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... Markus Mader sind recht neu im Geschäft.

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Markus Mader war noch vor knapp zwei Jahren in der Immobilienbranche tätig. Den FC Dornbirn konnte man nebenbei trainieren, dort lief der Fußball eher halbprofessionell ab. Seit der 54-Jährige dann auch zur eigenen Überraschung von der doch größeren Austria aus Lustenau engagiert wurde, verkaufen eben andere in Vorarlberg Wohnungen und Häuser. Mader schaffte auf Anhieb den Aufstieg in die Bundesliga. Vor 22 Jahren hatte die Austria zuletzt das Oberhaus geschmückt.

Mader saß am frühen Sonntagabend im großen Presseraum des Allianz-Stadions und ließ die Geschehnisse Revue passieren. Vor 17.600 Zuschauern hatte der Außenseiter tatsächlich ein 1:1 gegen Rapid geholt, es war der erste Punkt in Hütteldorf in der Klubgeschichte, die 1914 ihren Anfang nahm. Das reicht natürlich nicht für ein Denkmal am Lustenauer Hauptplatz, aber darauf legt Mader eh keinen Wert. "Wir leben in der Gegenwart." Er wusste das Ereignis richtig einzuordnen, auch ihm war die Überforderung, die Machtlosigkeit nicht entgangen. "Der Druck war zu groß." Und dann kam Hilfe von oben oder von Schiedsrichter Stefan Ebner, die gelbrote Karte für den Rapidler Ante Bajic war eine glatte Übertreibung (58.). "Das hat uns gerettet. Wir waren auf das Unvermögen des Gegners angewiesen, der seine Chancen nicht genützt hat", sagte Mader.

Am Boden bleiben

Gleiche Zeit, anderer Ort, anderer Presseraum. Jener in der Cashpoint-Arena. Anderes Spiel. Altach hatte die Wiener Austria nach 0:2-Rückstand 3:2 besiegt. Maders Rolle nahm Miroslav Klose ein. Der war nie Makler, sondern WM-Rekordschütze und mit Deutschland Weltmeister. Für den 44-Jährigen ist der SCR Altach die erste Station als Cheftrainer. Und es war sein allererster Sieg. "Einfach fantastisch, ich bin richtig stolz, jetzt können wir in Ruhe weiterarbeiten und mit beiden Beinen am Boden bleiben", sagte Klose. Sein Kollege aus Wien, Manfred Schmid, war "richtig angepisst". Die Austria weist nach drei Runden immer noch zwei Minuspunkte auf, ist Stockletzte. Altach profitierte übrigens nicht nur vom Unvermögen des Gegners.

Mader sagte in Wien, man sei noch nicht angekommen in der Bundesliga. "Ein ganz anderes Tempo, eine ganz andere Qualität. Wir müssen noch viel lernen." Er erinnerte an die Vorsaison, als Lustenau in der zweiten Liga ebenfalls im Allianz-Stadion beschäftigt war. Gegen die Rapid-Amateure. Vor 44 Zuschauern. "Nicht einmal die Verwandten der Spieler waren da. Und jetzt schauten 17.600 Fans zu. Das prägt meine Mannschaft und mich. Unvergesslich." Es gehe nur darum, Punkte zu hamstern. "Egal wie." Vier sind es bereits, genauso viele wie bei Altach. Zweitgenannte sind trotzdem die Nummer eins im Ländle. Die beiden Städte sind eine zehnminütige Autofahrt voneinander entfernt – von Hütteldorf zum Verteilerkreis, also von Rapid zur Austria, dauert es deutlich länger.

Große Unterschiede

Altach wurde 1929 gegründet, ist seit 2014 fixer Bestandteil der Bundesliga. Nur in der verwichenen Saison wurde es richtig eng, nach der vorletzten Runde war man Schlusslicht. Die Infrastruktur ist nahezu perfekt, das Stadion erfüllt internationale Kriterien, das Trainingszentrum ist ein Vorzeigeprojekt. Lustenau erhielt nur eine Sondergenehmigung, das Reichshofstadion ähnelt einer Bruchbude, die Stadt garantierte die Errichtung einer kleinen Arena. Lustenau budgetierte mit 4,5 Millionen Euro, Altach hat ungefähr das Doppelte zur Verfügung. Und kann sich Klose leisten. Der Unterschied des Kaderwertes ist nicht ganz so groß, sieben Millionen beziehungsweise elf. Der gewöhnliche Vorarlberger und die gewöhnliche Vorarlbergerin respektieren das vernünftige Wirtschaften von Altach. Es ist gar nicht so sehr eine Herzensfrage, der SCR war und ist die Garantie, Bundesligafußball konsumieren zu können. Die Lustenauer Austria hat mehr organisierte Fans. Rivalität und Neid sind begrenzt, über ein Vorarlberger Derby jauchzen beide.

Mader hat Hütteldorf "glücklich" verlassen. Mit dem Punkt war die achtstündige Busfahrt erträglicher, lustiger. Am Montag, um circa vier Uhr früh, ist man daheim eingetroffen. Die Lustenauer reisen immer mit dem Bus, Fliegen kann sich eher Altach leisten. Es gab trainingsfrei. Stefano Surdanović, der den Ausgleich erzielt hatte, wäre auch zehn Stunden im Bus gesessen. Bevor er eingestiegen ist, sagte er: "Unbeschreiblich, dafür arbeitet man." (Christian Hackl, 8.8.2022)