Bis Anfang September müssen die Kandidaten für die Hofburgwahl Unterschriften von Unterstützenden sammeln.

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Die Uhr tickt: Rund drei Wochen haben all jene, die in den kommenden sechs Jahren die Hofburg ihr Büro nennen wollen, ab dem heutigen Dienstag Zeit, um ihre Unterstützerinnen und Unterstützer zu mobilisieren. Denn: Um bei der Bundespräsidentschaftswahl am 9. Oktober auch auf dem Stimmzettel zu stehen, benötigt jeder Kandidat bis 2. September zumindest 6.000 Unterschriften. Jede Person, die am Stichtag, dem 9. August, wahlberechtigt ist, kann für jeweils einen Bewerber unterschreiben. Hat man die Signaturen zusammen, braucht es nur noch 3.600 Euro, die von den Kandidaten entrichtet werden müssen.

Beides muss auch Amtsinhaber Alexander Van der Bellen für seinen Wiederantritt leisten. Doch weder die Unterstützungserklärungen noch der Kostenbeitrag dürften für ihn eine große Hürde darstellen. Auch der Kandidat der FPÖ, Walter Rosenkranz, dürfte keine Probleme damit haben: Seine Partei ist die einzige im österreichischen Nationalrat vertretene, die einen Kandidaten ins Rennen um die Hofburg schickt. Die anderen Parlamentsparteien unterstützen Van der Bellen.

Die Problemfelder

Mobilisierungspotenzial bewiesen hat auch schon Dominik Wlazny. Besser bekannt unter seinem Künstlernamen Marco Pogo, brachte der Sänger der Band Turbobier bereits einen Wahlkampf relativ erfolgreich über die Bühne: Seine Bierpartei sammelte bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020 nicht nur ausreichend Unterstützungserklärungen (mindestens 1.800), sondern erhielt auch insgesamt elf Mandate in Bezirksvertretungen. Pogo selbst ist seit der Wahl vor zwei Jahren Bezirksrat in Wien-Simmering.

Der wieder kandidierende Amtsinhaber Alexander Van der Bellen und auch der FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz werden die 6.000er-Marke mühelos überspringen, die wirklichen Problemfelder liegen für beide ganz woanders.

Rosenkranz steht jetzt, kurz vor Beginn seines Wahlkampfs, mitten in einer veritablen Krise seiner Partei, deren Folgen noch gar nicht abzusehen sind. "Die Turbulenzen in der FPÖ werden sich natürlich auswirken und wohl in erster Linie Amtsinhaber Alexander Van das Bellen nützen", sagt Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle zum STANDARD.

Wesentlich mehr Gedanken mache sie sich aber darüber, wie sich das politische Klima in den nächsten Monaten in Österreich entwickeln werde. Es sei zu befürchten, dass die Bundespräsidentenwahl diesmal zu einer "Denkzettelwahl" gegen die Regierung werden könnte.

"Gegen die Eliten"

Diese momentan zu beobachtende "Stimmung gegen die Eliten" könnte natürlich auch Van der Bellen als Amtsinhaber zu spüren bekommen und die politischen Ränder stärken, sagt Stainer-Hämmerle. Es sei auch abzuwarten, welche Dynamik aus den Wahlen in Tirol oder den Gemeinderatswahlen im Burgenland entstehen könnte.

Unwägbarkeiten im Wahlkampf werden auch durch Verlagerung der Wahlpropaganda in die sozialen Medien entstehen, die vorwiegend von den Außenseitern exzessiv genutzt werden. Sowohl Gerald Grosz als auch Michael Brunner, Chef von MFG, wie auch Marco Pogo werden sich schon allein aus Kostengründen fast ausschließlich in den Onlineforen bewegen. Entscheidend werde sein, welche Themen und Diskussionen dann ihren Weg auch in die relevanten, großen traditionellen Medien finden werden, sagt Steiner- Hämmerle.

Mit einiger Spannung dürfte Van der Bellen, der als Amtsinhaber noch über keine berauschenden Umfragewerte verfügt, das Verhalten von SPÖ und ÖVP verfolgen. Hier signalisieren die Parteispitzen gegenwärtig nämlich noch grundsätzlich Unterstützung für den amtierenden – ursprünglich von den Grünen aufgestellten – Bundespräsidenten.

Keine Frauen

In den Reihen der SPÖ äußern sich sogar schon erste Zweifler. Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer zeigt sich in einem Gespräch mit der APA nur mäßig angetan von Alexander Van der Bellen. Auf die Frage, ob er ihn beim Urnengang im Oktober wählen werde, sagte Dornauer: "Das personelle Angebot ist wenig zufriedenstellend. Für einen aufrichtigen Sozialdemokraten ist es schwierig, Grün zu wählen und bei diesem Urnengang eine befriedigende Wahl zu treffen."

Dornauers SPÖ entschied bekanntlich, niemanden gegen Van der Bellen antreten zu lassen. Auch wenn in der SPÖ viele gerne die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures in der Hofburg sehen würden, will es diese nicht mit dem Amtsinhaber aufnehmen. Die 6000 Unterschriften hätte Bures wohl locker gesammelt. Nach derzeitigem Stand dürften dies nun allerdings nur männliche Kandidaten zusammenbringen. Damit wäre das seit 1980 die erste Bundespräsidentschaftswahl ohne eine weibliche Kandidatin. Insgesamt haben sich bisher sieben Frauen erfolglos um den Posten bemüht. (Oona Kroisleitner, Walter Müller, 9.8.2022)