Olivia Newton-John bei einem Auftritt in Los Angeles 2016.

Foto: Reuters / Phil McCarten

Mit Lederjacke, Zigarette, eng sitzender Hose und High Heels ist die Verwandlung vollendet. Aus der braven Sandy mit Ponyschwanz und Stirnfransen wurde eine aufreizende Highschool-Rebellin. Bei der bis heute auf Partys erfolgreichen Nummer "You're the One That I Want" ist der Effekt eindrücklich zu bestaunen: John Travoltas "bad boy" Danny Zuko findet aus der Lüsternheit gar nicht mehr heraus, er tanzt und kriecht und sabbert wie eine Cartoon-Figur vor ihr, während sie ganz coole Pose bleibt.

Mit der Musicalverfilmung "Grease" wurde Olivia Newton-John Ende der 1978 weltberühmt. Das gerade einmal mit sechs Millionen Dollar budgetierte Filmmusical wurde zum Smash Hit und spielte weltweit 400 Millionen Dollar ein, damit ist es bis heute eines der erfolgreichsten aller Zeiten.

Auch in der Karriere der 1948 im englischen Cambridge geborenen Sängerin, die in Australien aufgewachsen ist, geriet die Rolle zur Chance einer Neuerfindung. Denn ein Star war Newton-John bereits Jahre bevor sie in "Grease" mit Pferdeschwanz, Petticoat und Travolta im Duett Songs trällerte – nur eben viel braver und keuscher. Manche Kritikerinnnen und Kritiker bezeichneten sie sogar als Doris Day des Pops, die mit ihrem Country-Mainstream über ein Jahrzehnt lang Top-Ten-Erfolge hatte. "Let Me Be There" von 1974 war ihr erster US-Hit. Songs wie "On the Banks of Ohio", "If You Love Me Let Me Know", "I Honestly Love You" und "Have You Never Been Mellow" machten sie zur Schlagerqueen.

Vom Unschuldslamm ein wenig mehr zum Vamp

Nach "Grease" wurde das Image ein anderes: Das erste Album danach hieß "Totally Hot", was nicht aufs Klima bezogen war. Newton-John zeigte sich ganz in Leder, so viel hatte sie von Sandy gelernt. "Ich bin noch nie in meinem Leben so oft angemacht worden, wie damals, als ich zum ersten Mal diese Hosen anhatte", sagt sie einmal. Von nun an richtete sich auch musikalisch mehr am Pop aus, sogar zeitweise rockiger, stimmlich kräftiger – die Rechnung ging auf. Anfang der 80er-Jahre hatte sie mit der Nummer "Physical" einen ihrer größten Hits, er wurde von Billboard dann sogar später zum größten der 80er-Jahre gewählt.

Am Montag ist Newton-John im Alter von 73 Jahren gestorben. Die Sängerin und Schauspielerin sei "friedlich" auf ihrer Ranch in Südkalifornien gestorben, so Ehemann John Easterling. Dabei war sie von Freunden und Familie umgeben.

Newton-John kämpfte seit Jahrzehnten gegen Krebs an. "Olivia war ein Symbol für Sieg und Hoffnung, mehr als 30 Jahre lang, in denen sie ihren Weg mit Brustkrebs teilte", hieß es auf Instagram.

Von der Schlagerqueen zum Musicalstar

Die im englischen Cambridge geborene Enkelin des deutschen Physik-Nobelpreisträgers Max Born und Tochter eines nach Australien ausgewanderten College-Präsidenten gründete bereits als Schülerin eine Mädchenband. Ein Talentwettbewerb brachte die 15-Jährige nach Großbritannien zurück. 1966 nahm sie dort ihre erste Platte auf.

Nach "Grease" stand sie 1980 gleich wieder vor der Kamera, für das Fantasy-Musical "Xanadu" auf Rollschuhen zu Disco-Klägen mit den Hitsongs "Xanadu", "Magic" und "Suddenly".

Ihre Tochter aus der Ehe mit dem Tänzer Matt Lattanzi war gerade sechs Jahre alt, als Newton-John 1992 an Brustkrebs erkrankte. Sie sagte Tourneen ab und zog von ihrer Wahlheimat Kalifornien zeitweise nach Australien um. Die Ehe ging 1995 in die Brüche. 2008 heiratete sie Easterling. Auf ihrer Ranch in Santa Barbara setzte sich Newton-John für die medizinische Verwendung von Cannabis ein. (red, 8.8.2022)