"Die Gesundheitskasse ist nur ein großer Apparat, der Geld verteilt", hatte der burgenländische Landeshauptmann gesagt.

Foto: APA/FLORIAN WIESER

Wien – Im mächtigen SPÖ-Gewerkschaftsflügel scheint die Geduld mit den politischen Querschüssen des roten burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doskozil erschöpft. Grund dafür ist der jüngste Vorstoß Doskozils nach einer Abschaffung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die der SPÖ-Landeshauptmann für überflüssig hält. Von der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) setzt es deshalb heftige Kritik.

"Landeshauptmann Hans Peter Doskozil überschreitet mit seiner Forderung nach Abschaffung der Selbstverwaltung der sozialen Krankenversicherung eine rote Linie", erklärte FSG-Chef Rainer Wimmer. "Wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen für uns, unsere Familien und Pensionisten eine Krankenversicherung, in der die Arbeitnehmer selbst über die Verwendung der von ihnen bezahlten Beiträge bestimmen. Das ist weder Angelegenheit der Wirtschaftskammer noch der Landeshauptleute", so die scharfe Replik des obersten roten Gewerkschafters.

ÖGK leidet unter Sozialversicherungsreform

Die Sozialversicherung sei "ein wesentliches Kernelement des österreichischen Wohlfahrtsstaats und eine zentrale Errungenschaft der Arbeitnehmerbewegung", zeigte sich Wimmer erzürnt über den Vorschlag aus den eigenen Reihen. Die Organisation der Sozialversicherung in Form der Selbstverwaltung habe sich jahrzehntelang bewährt und sichere die Unabhängigkeit von staatlicher Verwaltung oder politischen Begehrlichkeiten – "egal ob auf Bundes- oder Landesebene".

Aktuell leide die ÖGK unter den Folgen der türkis-blauen Sozialversicherungsreform. Wimmer ortet "Fremdbestimmung durch Wirtschafskammer-Funktionäre, weit und breit keine Patientenmilliarde und kein einheitliches Leistungsniveau". Ziel der SPÖ-Gewerkschaft sei es deshalb, in der Sozialversicherung wieder eine echte Selbstverwaltung herzustellen, um dann wieder Gesundheitspolitik im Interesse der Arbeitnehmer machen zu können.

Kritik auch vom Wirtschaftsbund

"Was niemand braucht, sind weitere unüberlegte politische Eingriffe – schon gar nicht, wenn der Plan darauf abzielt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gänzlich zu enteignen. Für aufgeregte Sommerlochdebatten eigenen sich weniger sensible Themen besser," so Wimmers Botschaft in Richtung Doskozil.

Unterstützung erhielt der SPÖ-Gewerkschafter auch vom ÖVP-Wirtschaftsbund. Generalsekretär Kurt Egger bezeichnete eine Abschaffung der Selbstverwaltung als "absolutes No-Go". In einer Aussendung sprach Egger von einem "populistischen Zwischenruf" Doskozils und nannte die Selbstverwaltung einen "Garant für die Vertretung der Versicherteninteressen. Nur damit ist garantiert, dass die bezahlten Beiträge für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher und nicht zum Beispiel für das Stopfen von Budgetlöchern im Burgenland genützt werden." Die soziale Sicherheit ist für Egger "eine der wichtigsten Säulen für den Zusammenhalt einer Gesellschaft und genau dafür steht die Sozialversicherung". (APA, 9.8.2022)