Wien – Noch ist das Corona-bedingte Minus in der Hotellerie nicht aufgeholt, aber die letzten Buchungszahlen lassen aufatmen. Zumindest 73 Prozent der heimischen Betriebe sind mit der Lage zufrieden, zitiert der neue WKO-Fachverbandsobmann Johann Spreitzhofer eine Umfrage des Market-Instituts. Die Stimmungslage nach den schwierigen Pandemiejahren: überwiegend optimistisch.

Es sind vor allem die heimischen Gäste, die für Zuwachs sorgten, während die Nachfrage aus dem Ausland noch schwächelt. Nicht ganz so positiv gestimmt sind die Betriebe demnach mit Blick auf den Herbst und den Winter. Vor allem was den Winter betrifft, lasse sich schwer eine Einschätzung treffen, noch sei der Andrang verhalten.

Die Preise in der Gastronomie sind vielerorts bereits deutlich gestiegen. Doch viele Betriebe klagen, dass sie sich schwertun, die höheren Kosten für Waren und Energie weiterzugeben.
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Das mag auch mit der Teuerung zu tun haben. "Die Gäste sind preissensibler geworden", geben 50 Prozent der Betriebe zu Protokoll, so Spreitzhofer. Um rund zehn bis 15 Prozent seien die Zimmerpreise bislang gestiegen. Eine Kalkulation sei angesichts der unsicheren Lage am Energiemarkt für den Winter schwierig. Eine Nachwirkung der Corona-Pandemie: Die Menschen wollen einfach und vor allem kostenlos stornieren.

Gastro-Betriebe beklagen Umsatzeinbußen

Nicht ganz so gut gestimmt ist die Gastro-Branche. Ein Drittel der Betriebe berichtet laut WKO-Funktionär Mario Pulker von "ordentlichen Umsatzeinbußen". Vor allem in nichttouristischen Landregionen hätten die Betriebe Schwierigkeiten, Preiserhöhungen durchzusetzen, sagt Pulker. Auch hier gelte: Die Gäste seien sparsamer, üben sich in Zurückhaltung und geben weniger aus.

Während die gehobene Gastronomie ebenso funktioniere wie Essen zum Mitnehmen, "leidet das Dorfwirtshaus massiv", so Pulker. Er sieht die Gefahr, dass Landgasthäuser "immer mehr zurückgedrängt" werden. "Das Dorfwirtshaus ist bedroht", warnt der WKO-Mann, der selbst ein Hotel und Restaurant in der Wachau betreibt. Die gestiegenen Kosten in allen Bereichen trieben viele Betriebe in die Enge. So müsse ein durchschnittlicher Gastro-Betrieb mit einem Ölverbrauch von 20.000 Litern im Jahr einen Anstieg um 8.000 auf 28.000 Euro verdauen, die Stromkosten hätten sich vielfach verdoppelt.

Schwierige Kalkulation

Auch die Kalkulation in der Küche sei angesichts der Preisanstiege bei den Waren schwierig. So hätten sich die Preise für Edelteile etwa vom Rind verdoppelt. Manche Wirte hätten bereits reagiert und das eine oder andere Gericht mit einem hohen Warenaufwand von der Speisekarte gestrichen. Was die Vorlieben der Gäste betrifft: Regionalität sei gefragt – und das vor allem auf dem Land, wo offenbar der Bezug zu den Produzenten größer ist. Mehr bezahlen wollen die meisten Gäste dafür aber nicht.

Von einem "ausgelutschten Arbeitsmarkt" berichtet die Branche. Auch andere Länder hätten vergleichbare Probleme.
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Auch das Dauerthema Arbeitskräftemangel sparen die Funktionäre nicht aus. 43 Prozent der Betriebe gaben in der Befragung an, zusätzliche Sperrtage eingeführt zu haben. Er habe nun in seinem Hotel in der Wachau einen Ruhetag am Montag eingeführt, sagt Pulker. Erstmals, aufgrund von Personalmangel.

Ausgelutschter Arbeitsmarkt

Rund 30.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen würden in der gesamten Branche fehlen, "Hotspot im negativen Bereich ist die Küche". Ein österreichischen Phänomen sei der Mangel in der Branche mitnichten, europaweit gehe es den Betrieben ähnlich, sagt der Hotelier und Gastronom. Auf die von den Gewerkschaften oft beklagten Arbeitsbedingungen will man das nicht zurückführen. Vielmehr sei "der Arbeitsmarkt ausgelutscht", wie Spreitzhofer betont. Immerhin sei bereits das Beschäftigungsniveau von 2019 überschritten.

Dazu komme, dass immer mehr Mitarbeiter Teilzeit arbeiten möchten. In seinem Haus in St. Kathrein in der Steiermark wolle niemand mehr den Dienstplan schreiben. Zu herausfordernd sei das angesichts des Umstands, "dass man die Wünsche aller erfüllen will, damit man niemanden verliert". Auch eine Forderungsliste für die Politik haben die Branchenvertreter mitgebracht: Ausbau der Kindergartenplätze, verstärkte überregionale Vermittlung, keine Abschiebung von Lehrlingen aus Drittstaaten – und ein Umsetzen der Arbeitsmarktreform. Es gelte, vor allem dafür zu sorgen, dass niemand für sich zu dem Schluss komme, er bleibe "lieber daheim sitzen", als zu arbeiten. Da seien vor allem ein degressives Arbeitslosengeld und das Abschaffen der Zuverdienstmöglichkeiten zielführend, sagt Pulker. (Regina Bruckner, 9.8.2022)