Nun wurde Wirtschaftsminister Robert Habeck zur Zielscheibe der Rechten.

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Ein Mann in einem orangen Gefangenenanzug liegt im Kofferraum eines Autos. Seine Hände sind mit Ketten gefesselt, sein Kopf steckt in einem Sack. Man erkennt nicht, wer es sein soll, doch der Kommentar auf dem Video macht es klar: "Sie, Robert Habeck, werden vom Volk verurteilt zu 16 Wochen Pranger auf dem örtlichen Marktplatz."

Danach wird für eine Demonstration in Heidenau bei Dresden im deutschen Bundesland Sachsen geworben, bei der ein Habeck-Darsteller an einen Pranger gestellt werden soll. Aufgerufen dazu hatte das rechtsextreme Bündnis Freies Sachsen. Veröffentlicht hatte das Video laut der Internetplattform tag24.de Max S., ein Anhänger der NPD und der Freien Sachsen. "Am Montag kümmert sich der Heidenauer Bürgerprotest um Robert Habeck und macht ihm seinen Prozess", schrieb er darunter.

Juristische Prüfung

Zu sehen war dies bis Montag noch in mindestens einem Telegram-Kanal der QAnon-Verschwörungsbewegung und auf Facebook, dann wurde das von Grünen-Chef Habeck geführte deutsche Wirtschaftsministerium aktiv. "Wir haben das Video bei Facebook gemeldet, damit es dem Netzwerk-Durchsetzungsgesetz entsprechend geprüft und gelöscht wird. Zudem prüfen wir den Sachverhalt juristisch", teilte das Ressort mit.

Max S. erklärte, es habe sich bei der Aktion lediglich um symbolisches "Straßentheater" gehandelt. Doch der Staatsschutz ermittelt, die Polizei in Dresden erklärt, es bestehe der Verdacht einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.

Hass und Hetze

Alarmiert ist auch die deutsche Politik. "Man kann gegen steigende Energiepreise demonstrieren", sagt Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Aber es sei "eben nicht in Ordnung, andere Menschen zu bedrohen". Sie betonte zudem: "Es hat mir auch große Sorge bereitet, als der Kollege Karl Lauterbach bedroht wurde. Es ist sehr viel Hass und Hetze gerade im Netz unterwegs, und das muss einen besorgen. (...) Der friedliche Protest hört eben da auf, wo andere bedroht werden wie jetzt im Fall auch von meinem Kollegen Robert Habeck."

Mitte April waren in Deutschland mehrere Männer festgenommen worden, denen vorgeworfen wird, die Entführung von Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) geplant zu haben. Laut Bundesanwaltschaft war das Ziel der Gruppe, "in Deutschland bürgerkriegsähnliche Zustände auszulösen und damit letztlich den Sturz der Bundesregierung und der parlamentarischen Demokratie herbeizuführen".

Mord an Kretschmer geplant

Im Dezember 2021 hatte die Polizei in Heidenau, das als Hochburg rechtsextremer Proteste und Aktivitäten gilt, eine große Razzia durchgeführt und mehrere Verdächtige festgenommen, die die Ermordung des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) geplant haben sollen. Der Ort ist auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel noch in unguter Erinnerung. Im Sommer 2015 hatte sie dort eine Unterkunft für Geflüchtete besucht und war mit Pfiffen, Buh- und Schmährufen von Rechtsextremen empfangen worden. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.8.2022)