Präsident Erdogan an Bord der "Abdülhamid Han".

Foto: Reuters / Presidential Press Office

Ankara – Die Türkei hat ein neues Bohrschiff auf die Suche nach Öl und Gas ins Mittelmehr geschickt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan verabschiedete die Abdülhamid Han am Dienstag. Das 238 Meter lange Schiff werde 55 Kilometer entfernt von der türkischen Küstenlinie operieren – in einer Region, die auch von Zypern beansprucht wird. Beim Ablegen des Schiffes in der Provinz Mersin im Süden der Türkei sagte Erdogan, die Operation geschehe innerhalb des türkischen Territoriums, es gäbe daher "keine Notwendigkeit für eine Genehmigung von irgendwem", dort zu bohren.

Mit seiner Auffassung trifft Erdogan allerdings nicht die Mehrheitsmeinung. Nur die Türkei erkennt die Regierung der türkischen Nordhälfte Zyperns an. Offiziell ist jedoch die ganze Insel EU-Staatsgebiet. Die Türkei beansprucht im Norden der Insel Bohrrechte für sich, da sie mit einem erweiterten Festlandsockel argumentiert – einer Art Verlängerung der Kontinentalmasse, bevor sie auf den tiefen Meeresboden abfällt. Im Extremfall kann ein solcher erweiterter Festlandsockel die ausschließliche Wirtschaftszone eines Staates auf bis zu 350 Seemeilen erweitern.

Österreichische Unterstützung für territoriale Integrität

Bislang blieben türkische Bohrungen zwar erfolglos, angesichts der prekären Versorgungslage mit Gas aus Russland hat die Türkei aber großes Interesse daran, fündig zu werden. Bei einem Besuch im Juli sicherte der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer der zypriotischen Regierung seine Unterstützung in der Frage der territorialen Integrität der Insel zu. "Unsere beiden Länder verbinden seit 60 Jahren gute bilaterale Beziehungen. Wir bekennen uns klar zur territorialen Integrität und Souveränität Zyperns, gerade auch in den Seegebieten", sagte Nehammer damals.

Griechenland, mit dem Türkei wegen territorialer Ansprüche in der Ägäis seit langem im Streit liegt, betonte, es werde die Lage aufmerksam beobachten: "Wir müssen wachsam sein. Wir haben immer getan, was wir tun müssen, um Stabilität in unserer Region zu gewährleisten und internationales Recht und unsere Souveränität zu verteidigen", zitierte Reuters Regierungssprecher Giannis Oikonomou. (9.8.2022, Reuters, red)