Für alle über 65 reduziert die Impfung das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung deutlich.

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Die Frage, ob und wie gut die Impfung tatsächlich vor einer schweren Covid-19-Erkrankung schützt – vor allem angesichts der scheinbar milderen Verläufe durch die Omikron-Variante –, wird immer wieder heftig diskutiert. Expertinnen und Experten weisen diesbezüglich darauf hin, dass der mildere Krankheitsverlauf bei den derzeit zirkulierenden Varianten vor allem auch auf die durch die Impfung herbeigeführte Grundimmunität zurückzuführen ist.

So betonte etwa der Molekularimmunologe Andreas Bergthaler von der Med-Uni Wien vor kurzem gegenüber dem STANDARD: "Diese Grundimmunität ist der Grund, warum die Omikron-Varianten von vielen als mild bezeichnen werden. Ohne Impfungen würde es ziemlich sicher anders aussehen. Es gibt englische Daten vom Jänner 2022 von ungeimpften, davor noch nie infizierten Personen, die sich dann mit Omikron angesteckt und einen schweren Verlauf hatten. Diese Daten weisen darauf hin, dass Omikron keineswegs harmlos ist. Die Krankheitsverläufe bei Ungeimpften waren zwar nicht mehr so wie mit der Delta-Variante, aber doch schwerer als noch bei Alpha."

Diese Einschätzung bestätigt nun eine in Salzburg durchgeführte Analyse. Experten der Landesstatistik und der Universität haben erstmals in Österreich 1,4 Millionen Datensätze aus der Corona-Pandemie ausgewertet. Dafür wurden relevante Daten aus den Spitälern, aus dem E-Impfpass und dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) anonym verknüpft. Das Ergebnis deckt sich mit bisherigen Erkenntnissen: Bei Ungeimpften ist die Infektions-, Hospitalisierungs- und Sterberate deutlich höher. Das gilt für die Delta- und für die Omikron-Variante.

4,3-fach erhöhtes Sterberisiko bei Delta

Die Experten konnten zwar keine neue Sensation vermelden, aber: "Die Impfung schützt vor schweren Verläufen und vor Spitalsaufenthalt", fasste Arne Bathke, Dekan der Fakultät für Digital und Analytical Sciences an der Universität Salzburg, am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz zusammen.

Die Verschränkung der Daten war durch eine Kooperation der Salzburger Landeskliniken (Salk) und dem Land Salzburg möglich geworden. Zuvor mussten noch datenschutzrechtliche Fragen geklärt werden. Salzburg sieht sich als Vorreiter in Österreich. Der Untersuchungszeitraum umfasste die Delta-Welle von September bis Jahresende 2021 und die darauf folgende Omikron-Welle bis Ende April 2022.

Im Fokus der Analyse stand die Altersgruppe der über 65-Jährigen. Mit zunehmendem Alter steige auch die Hospitalisierungsrate, erläuterte Landesstatistikleiter Gernot Filipp. "Die Impfung schützt nachweislich vor Infektionen. Sie wirkt gegen Hospitalisierung, vor allem für Risikopatienten. Ungeimpfte über 65-Kährige hatten während der Delta-Welle ein 4,3-mal höheres Sterberisiko als vollständig Geimpfte." Während der Omikron-Welle sank dieser Faktor auf das 2,6-Fache. "Insgesamt hat in den betrachteten acht Monaten die Impfung statistisch gesehen etwa 500 Todesfälle in der Altersgruppe 65 plus verhindert." Die Analysen hätten gezeigt, dass nur eine altersspezifische Auswertung der Daten inhaltlich sinnvoll sei.

Altersgruppe 65 plus im Fokus

Wanda Lauth vom IDA Lab Salzburg an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) und Stefan Senn von der Landesstatistik verglichen die Wahrscheinlichkeit, mit Corona ins Spital zu kommen, zwischen geimpften und ungeimpften Personen. "Das Risiko einer Hospitalisierung war in der Delta-Welle bei ungeimpften über 65-Jährigen um das 3,5-Fache höher als bei damals mit zwei Dosen vollständig geimpften Personen. In der Omikron-Welle war das Risiko um das 2,6-Fache erhöht. Hier galt man mit mindestens drei Dosen als vollständig geimpft." Das Risiko, auf die Intensivstation aufgenommen zu werden, sei während der Delta-Welle bei vollständig Geimpften fast sechsmal niedriger gewesen als bei Ungeimpften. "Während der Omikron-Welle mussten relativ gesehen 5,1-mal weniger vollständig geimpfte auf die Intensivstationen."

Die Datenspezialisten kamen auch zu dem Ergebnis, dass der Impfschutz gegen eine Hospitalisierung mit zunehmender Zeitdauer nachlässt, im Regelfall nach vier Monaten. "Das Risiko bleibt aber bei ungeimpften Personen über 65 immer höher als bei vollständig geimpften Personen", erklärte Lauth. Was die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus betrifft, so konnte kein merkbarer Unterschied zwischen vollständig geimpften und ungeimpften Patienten festgestellt werde. Ältere Patienten wurden im Spital tendenziell länger betreut.

Klare Evidenz: "Bestmöglicher Schutz durch Impfung"

Die Frage, warum Salzburg nicht auf eine bundesweite Datenauswertung gewartet hat, beantwortete Bathke so: Man sei sich mit der Landespolitik einig gewesen, nicht auf das Covid-Hospitalisierungsregister zu warten. Die beste Vorbereitung auf den Herbst und Winter geschehe "evidenzbasiert", auf Grundlage realer Zahlen und Fakten und fachlich fundierter Analyse dieses Datenmaterials.

Das Ergebnis der bisherigen Analyse bestätige, dass eine vollständige Grundimmunisierung und die Auffrischungsimpfung den "bestmöglichen Schutz" bieten, resümierte der Impfkoordinator des Landes, Rainer Pusch. "Das ist für viele hoffentlich auch ein deutlicher Anreiz, sich impfen zu lassen." Neben den rund 400 Ordinationen in Salzburg, die eine Impfung anbieten, sei das Land derzeit dabei, in jedem Bezirk ab 18. August eine Impfstraße zu installieren, um auf einen möglichen Andrang nach den Sommerferien rechtzeitig gerüstet zu sein. (APA, kru, 10.8.2022)