Im Gastblog gibt der Rechtsanwalt Sebastian Reiter Einblick in die kartellrechtlichen Regeln für Sportverbände.

Am 3. August 2022 haben die US-amerikanischen Golfprofis Phil Mickelson, Bryson DeChambeau und neun weitere Spieler in Kalifornien Klage gegen die PGA Tour, die US-amerikanische Profigolf-Turnierserie, eingereicht. Die PGA Tour hatte sie von der künftigen Teilnahme an Turnieren gesperrt, nachdem sie mit der neu gegründeten und von Saudi-Arabien gesponserten LIV-Golf Verträge über bis zu 200 Millionen Dollar geschlossen hatten, um in ihrer neuen Turnierserie zu spielen. Die Kläger bringen vor, dass die PGA Tour mit der Sperre gegen US-amerikanisches Kartellrecht verstoßen habe. Einerseits habe die PGA Tour den Markt für Spitzengolfsport-Turnier-Services rechtswidrig monopolisiert, indem sie Profigolfer unter anderem mit lebenslangen Sperren drohte und Spielern durch die verhängten Sperren die Freiheit nahm, in Turnieren konkurrierender Touren zu spielen. Anderseits habe die PGA Tour unrechtmäßige Handelsbeschränkungen mit der ehemals European Tour (nunmehr: "DP World Tour") vereinbart. PGA Tour und DP World Tour seien übereingekommen, den Wettbewerb um die Teilnahme von Profigolfern bei ihren Turnieren einzustellen und stattdessen LIV-Golf und Spieler die an ihren Turnieren teilnehmen zu boykottieren. Die Kläger wollen künftig sowohl an Turnieren der PGA Tour als auch an Turnieren der LIV-Golf teilnehmen, und drei der Teilnehmer haben zu diesem Zweck auch eine einstweilige Verfügung beantragt. Die PGA Tour konnte letzten Dienstag einen Ersterfolg für sich verbuchen: Das Gericht entschied gegen die einstweilige Verfügung. Aufgrund der hochdotierten Verträge der Kläger mit LIV-Golf drohe ihnen keine Gefahr eines unheilbaren Schadens. Der Ausgang des Hauptverfahrens ist weiter völlig offen.

Die PGA Tour hat unter anderem Phil Mickelson gesperrt.
Foto: AP/Seth Wenig

In Europa hat auch die DP World Tour bereits Sanktionen in Form einer befristeten Sperre und einer Geldstrafe in Höhe von 100.000 Pfund gegen Spieler verhängt, die in Turnieren der LIV-Golf abgeschlagen haben, darunter der Österreicher Bernd Wiesberger. Eine Klage steht bisher aus.

Der Konflikt geht bis in die 1990er-Jahre zurück. Bereits im Jahr 1994 hatte eine der beiden US-amerikanischen Bundes-Kartellbehörden, die Federal Trade Commission (FTC), eine Untersuchung der PGA Tour eingeleitet, und zwar insbesondere, weil sie Spielern untersagt hatte, ohne Genehmigung in Turnieren zu spielen, die nicht von der PGA Tour veranstaltet werden. Der damalige Vorstand der PGA Tour, Tim Finchem, hatte befürchtet, dass eine rivalisierende Tour aufkommen könnte. Schon damals hatte der heutige CEO von LIV-Golf, Greg Norman, mit der Ankündigung einer World Golf Tour für die 40 besten Spieler der Welt Wellen geschlagen. Letztlich konnte die PGA Tour eine Klage der FTC auf politischem Weg abwenden. "Für vier bis fünf Jahre nun ... wollen eine Gruppe Juristen den Sport verpfuschen" hieß es etwa seitens des US-Senators aus South Carolina, Ernest F. Hollings. Jüngst hat die zweite US-amerikanische Bundes-Kartellbehörde, das Justice Department, die Ermittlungen aber wiederaufgenommen.

Anwendbarkeit von Kartellrecht auf Sportverbände und -organisatoren?

In den USA ist die Anwendung des Kartellrechts die Grundregel, soweit Sport kommerziell organisiert ist. Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung des Supreme Courts nur für Baseball (das Verhältnis von College-Sport zu Kartellrecht würde einer eigenständigen Darstellung bedürfen).

In Europa erkennen sowohl das Europäische Parlament als auch die Europäische Kommission die Besonderheiten des Sports an, die bei der Beurteilung aus kartellrechtlicher Perspektive zu berücksichtigen sind. Diese liegen laut Kommission insbesondere in "der Autonomie und Vielfalt der Sportorganisationen, ... und dem Grundsatz eines einzigen Verbands pro Sportart". Spielregeln, Regeln für die Auswahlkriterien bei Sportwettbewerben, Antidoping-Vorschriften und andere organisatorische Regeln, deren wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen in der Natur der Sache liegen und die hinsichtlich der angestrebten Ziele verhältnismäßig sind, erachtet die Kommission als "eher nicht" den kartellrechtlichen Regeln zuwiderlaufend. Zu legitimen Zielen gehören zum Beispiel die Organisation und ordnungsgemäße Veranstaltung von Wettbewerben. Es bleibt also beispielsweise der jeweiligen Golf-Tour überlassen, ob ein Turnier beispielsweise über drei oder über vier Runden ausgetragen wird, oder ob es nur eine Einzelwertung gibt oder Spielerinnen und Spieler auch in Vierer-Teams gegeneinander antreten.

Dennoch entscheidet der Europäische Gerichtshof seit den 1970er-Jahren, dass sportliche Betätigungen dem Unionsrecht und damit auch dem europäischen Kartellrecht unterliegen, soweit sie einen Teil des Wirtschaftslebens ausmachen. Insbesondere Organisatoren von Profisport sind daher zur Einhaltung kartellrechtlicher Regeln verpflichtet. Sportverbände und -organisatoren dürfen zum Beispiel ihre Monopolstellung nicht ausnützen, um unangemessene Bedingungen zur Teilnahme an ihren Veranstaltungen zu erzwingen. Auch dürfen sie Sportlerinnen und Sportler nicht unterschiedlich behandeln und sie dadurch im Wettbewerb mit anderen Sportlerinnen und Sportler benachteiligen. Ebenso wenig dürfen sie die Vergütung von Sportlerinnen und Sportler untereinander absprechen oder Märkte untereinander aufteilen.

Wer sich an die Super League erinnert: Sie hat letztes Jahr in Madrid wegen behaupteter Verstöße gegen das Kartellrecht Klage gegen die Fifa und die Uefa erhoben. Derzeit läuft ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof im Rahmen dessen deren Statuten auf dem Prüfstand stehen.

Kommissionspraxis: Wettbewerbsöffnung bei Formel 1 und Eisschnelllauf

In der Praxis ist die Europäische Kommission bisher nicht davor zurückgeschreckt, das Kartellrecht auf Sportverbände anzuwenden, wenn deren Regeln sie vor Wettbewerb abgeschirmt haben.

Im Jahr 2001 hat sich die Kommission in einem Verfahren gegen die FIA und die Formel 1 an Reglements gestört, die der Verhinderung oder Beeinträchtigung neuer Wettbewerbe dienen, soweit sie nicht aus Gründen der Sicherheit, der Fairness oder des ordnungsgemäßen Sportbetriebs gerechtfertigt wären. Die Formel 1 wendete ein Verfahren ab, indem sie vertragliche Hindernisse für die Einrichtung und den Betrieb anderer Motorsportserien und insbesondere solcher, die in Konkurrenz zur Formel 1 treten könnten, abbaute beziehungsweise aufhob. Beispielswiese wurden Beschränkungen der Ausrichtung anderer Motorsportveranstaltungen in den Verträgen mit den Rennstreckenbetreibern beseitigt.

Ein weiteres Verfahren leitete die Kommission nach einer Beschwerde zweier professioneller Eisschnellläufer, Mark Jan Hendrik Tuitert und Niels Kersholt, ein. Die Zulassungsbestimmungen der Internationalen Eislaufunion (International Skating Union, ISU) hätten sie daran gehindert an einem Eisschnelllauf-Wettkampf teilzunehmen, den die koreanische Icederby International für das Jahr 2014 in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) geplant hatte. Die Kommission entschied, dass die Mitgliedschaftsvoraussetzungen der ISU, wonach Eisschnellläuferinnen und Eisschnellläufer, die an nicht-ISU organisierten Veranstaltungen teilnehmen, mit bis zu lebenslangen Sperren sanktioniert werden können, gegen europäisches Kartellrecht verstoßen. Das Gericht der Europäischen Union hat die Entscheidung der Europäischen Kommission bestätigt. Eine Berufung der ISU beim Europäischen Gerichtshof ist derzeit anhängig.

Rolle des Kartellrechts im Sport

Sowohl im Verfahren gegen die PGA Tour als auch im Verfahren betreffend die ISU geht es letztlich um eine grundlegende Frage des Kartellrechts: Woran erkennt man Wirtschaftszweige, die durch Monopole besser organisiert werden als durch Wettbewerb? Oder anders gefragt: Wann dürfen Sportverbände und -organisatoren Regeln aufstellen, die es anderen Organisatoren erschweren, Konkurrenzveranstaltungen aufzuziehen und wann gebietet der Schutz des Wettbewerbs: Leben und leben lassen?

Sportverbände und -organisatoren fungieren als – zumindest – dreiseitige Plattformen, die Sportlerinnen, Sportler, Fans und Werbekunden zusammenführen. Zwischen diesen Gruppen bestehen wechselseitig positive Nutzeneffekte: Je mehr der besten Sportler oder Sportlerinnen an einer Veranstaltung teilnehmen, umso attraktiver ist die Veranstaltung für Fans; je mehr Fans, umso attraktiver ist die Veranstaltung für Werbekunden, umso höher ist das zu erzielende Preisgeld für Sportler und Sportlerinnen und umso mehr der besten Sportlerinnen und Sportler werden an der Veranstaltung teilnehmen. Die PGA Tour argumentiert, ihre Vorgabe, Spieler nicht bei Konkurrenzveranstaltungen antreten zu lassen, sei erforderlich, um zu verhindern, dass konkurrierende Veranstalter als Trittbrettfahrer das auf PGA Tour-Turnieren gesammelte Renommee der Spieler ausnutzen.

Im ISU-Fall erwog die EU-Kommission zwar, dass der Schutz des wohlgeordneten Funktionierens des Wettkampfkalenders ein legitimes Ziel darstellen könnte, das unter Umständen Beschränkungen der Möglichkeit an Konkurrenzveranstaltungen teilzunehmen rechtfertigen könnte, doch der Eisschnelllauf-Wettkampf in Dubai, der Anlass zur Beschwerde gab, fand außerhalb der Eisschnelllauf-Wettkampfsaison statt. Selbst wenn der Fall den europäischen Grundsatz, ein Sport, ein Verband nicht gänzlich aushebeln wird, ist doch zu erwarten, dass am Ende Athleten und Athletinnen nicht jede Einschränkung ihrer Verdienstmöglichkeiten hinnehmen müssen.

In den USA gibt es den "ein Sport, ein Verband-Grundsatz" nicht in der europäischen Form. Dennoch könnten die oben beschriebenen Vorteile auch nach US-amerikanischem Kartellrecht die beklagten Beschränkungen möglicherweise rechtfertigen. Dem treten die Kläger unter anderem dadurch entgegen, dass sie bemängeln, die PGA Tour habe die Preisgelder zwischen 2014 und 2019 nur um durchschnittlich 2,5 Prozent pro Jahr angehoben, wohingegen die Gehälter in der NFL um durchschnittlich 15 Prozent, in der NBA um acht Prozent und in der NHL um vier Prozent stiegen, obwohl schon die Grundgehälter in diesen Liegen höher waren. Die PGA Tour habe ihr Monopol nicht zum Nutzen ihrer Mitglieder verwaltet. Daher sei Wettbewerb nötig.

Doch hier stellt sich die Frage: Wen schützt das Kartellrecht? Nach US-amerikanischem Recht soll der Nutzen der Konsumenten geschützt werden und auch der Rechtsprechungstrend des Europäischen Gerichtshofs deutet in diese Richtung. Für Konsumenten ist gerade der Nutzen einer Zersplitterung des Sports fraglich, weil dadurch die besten Sportlerinnen und Sportler weniger häufig gegeneinander antreten. Die Kläger kritisieren, die PGA Tour habe mangels Innovationen nicht vermocht neue Zuseher anzulocken. Im Jahr 2020 hätten sechs von sieben Turniere geringere TV-Zuseher Zahlen erreicht als im Fünfjahres-Durchschnitt.

Zulässigkeit von Sportswashing?

Zuletzt weist ein Blick auf das Sponsoring der LIV-Golf auf die jüngsten Entwicklungen in Europa. Hinter LIV-Golf stehen nicht private Unternehmen, die für ihre Produkte und Dienstleistungen werben wollen, sondern der Public Investment Fund, der staatliche Investitionsfonds Saudi-Arabiens. Gerade Drittstaatsinvestitionen sind in jüngerer Zeit in den Fokus der Europäischen Union gerückt. Ende Juni 2022 kam es zu einer vorläufigen politischen Einigung des Rats und des Europäischen Parlaments über eine Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen. Künftig sollen solche Subventionen von der Europäischen Kommission geprüft werden können. Ob saudi-arabische Millionenzahlungen an in den USA und in Europa versteuernde Golfprofis verteilungspolitisch willkommen sind oder den Binnenmarkt verzerren, verspricht weitere Diskussionen. (Sebastian Reiter, 12.8.2022)