Die Folgen von Waldbränden wie hier in der Nähe von Landiras im Südwesten Frankreichs könnten sich durch Satellitendaten künftig eindämmen lassen.

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Österreich, Deutschland, Italien, Portugal, Spanien – auch heuer fielen und fallen wieder in vielen Ländern Wälder den Flammen zum Opfer. Durch die Klimakrise, die für Trockenheit in Waldgebieten sorgt, dürften Waldbrände auch künftig zunehmen. Bis Ende des Jahrhunderts könnte sich die Zahl der Waldbrände verdoppeln, warnen etwa die Vereinten Nationen.

Auch in Österreich nehmen Waldbrände laut Prognosen zu. Weltweit sorgen Beobachtungstürme, Flugzeuge oder wachsame Anwohnerinnen und Wanderer bisher dafür, dass Waldbrände früh gesehen und rechtzeitig gelöscht werden. Feuer werden dadurch zwar oft erkannt, doch häufig erfolgt das zu spät, um größere Brände zu verhindern. Wie also lassen sich Waldbrände künftig möglichst früh erkennen?

Bisher zu langsam

Für die Erdbeobachtung spielen Satelliten schon lange eine wichtige Rolle. Aus dem Orbit überblicken sie Gebiete kilometerweit. Sie lassen sich von der Erde aus steuern und mit Daten von Bodenstationen und Drohnen kombinieren. Doch geht es darum, Waldbrände zu bekämpfen, werden Satelliten nur ergänzend eingesetzt. Sie dienen meist dazu, bereits ausgebrochene Waldbrände zu verfolgen – nicht aber, um Waldbrände frühzeitig zu erkennen oder die Waldbrandgefahr besser einzuschätzen.

Waldbrände lassen sich mit Satelliten schon gut lokalisieren. Es gibt jedoch Verbesserungsbedarf.
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Aktuelle Nasa- und Esa-Satelliten haben nämlich ein Problem: Sie arbeiten zu langsam. Bis zu sechs Stunden dauert es, bis Daten vom Satelliten zur Erde gelangen. In dieser Zeit hat sich ein Brand längst ausgebreitet – oder die Gefahr ist bereits gebannt. "Wenn man Glück hat, fliegt ein Satelliten ein- oder zweimal über ein Gebiet. Die meisten Brände in Österreich werden aber innerhalb von einer Stunde gelöscht", sagt Mortimer Müller, Waldbrandexperte an der Universität für Bodenkultur.

Ein weiteres Problem ist, dass Satelliten bisher nicht komplett zuverlässig sind. Sie liefern zwar zehn- bis 15-mal täglich gut aufgelöste Daten. Doch gerade nachmittags gibt es wegen der Lichtverhältnisse eine Lücke von sechs bis acht Stunden, in denen Satelliten nur wenig oder keine Daten liefern. Gerade dann ist es jedoch häufig am heißesten und das Brandrisiko entsprechend hoch. Viele Brände werden daher mit aktuellen Satelliten nicht erkannt. "In den letzten Jahren sind jedes Jahr zwei bis drei Waldbrände in Österreich von Satelliten erkannt worden – obwohl es in Wirklichkeit jedes Jahr ungefähr 200 gibt", sagt Müller.

Start-up entwickelte Minisatelliten

Trotzdem setzen viele Behörden und Unternehmen auf Satelliten, um Waldbrände künftig besser zu bekämpfen. So auch das Münchner Start-up Ororatech, das mithilfe von Satelliten Waldbrände aufspüren will. Seine Daten stellt Ororatech über Computer, Tablet oder Smartphone bereit. Weltweit nutzen Behörden und Versicherungen in der Forstwirtschaft die Lösung – und überwachen damit knapp 160 Millionen Hektar Wald. Bisher nutzt Ororatech für seine Daten noch die üblichen Satelliten, die eben meist zu langsam sind. Das soll aber nicht immer so bleiben. Langfristig schießt das Start-up lieber eigene Satelliten ins All.

Die Lösung liegt laut Ororatech in Minisatelliten, die so groß wie ein Schuhkarton sind – ausgenommen die Solarpaneele, die auf den Satelliten montiert sind. Ausgestattet sind sie mit Wärmebildkameras, einer Recheneinheit und künstlicher Intelligenz. Feuer ab einer Größe von zehn mal zehn Metern sollen die Satelliten erkennen – und das schneller als aktuelle Satelliten. Die Satelliten werten die Daten schon im All aus und reduzieren so die Datenmenge, die zur Erde übertragen werden muss. Schon drei Minuten nach einer Aufnahme können Informationen laut Ororatech zur Erde geschickt werden, insgesamt dauere es nur eine halbe Stunde, bis die Information über einen Waldbrand den Anwender erreicht.

Der erste Prototyp des Start-ups kreist schon seit Jänner im niedrigen Erdorbit, in rund 550 Kilometern Höhe. Bisher dient er vor allem Testzwecken. In den nächsten zwei Jahren soll sich das ändern. "Mit acht Minisatelliten wäre es möglich, einmal täglich die ganze Erde aufzunehmen", sagt Thomas Grübler, Gründer von Ororatech, im STANDARD-Gespräch. Hundert Minisatelliten soll die Flotte bis 2026 umfassen. Damit könnte alle 30 Minuten die komplette Landmasse aufgezeichnet werden, so Grübler. Behörden und Feuerwehren könnten dadurch deutlich schneller auf Waldbrände reagieren.

So groß wie ein Schuhkarton: Jeder Minisatellit von Ororatech ist mit Wärmebildkameras ausgestattet.
Foto: Ororatech

Experte: Wenig Bedarf in Österreich

Ororatech löst damit zwar viele der Probleme, die Satelliten bei der Waldbrandbekämpfung bisher zu einer Randerscheinung gemacht haben. Doch als Frühwarnsystem haben die Satelliten laut Experten nur wenig Potenzial – zumindest in Österreich. Denn hierzulande sei die Meldebereitschaft bei Waldbränden sehr hoch. "Steigt irgendwo ein Rauchwölkchen im Wald auf, wird das meist sofort gemeldet. Die Feuerwehr ist bei uns auch extrem schnell vor Ort", sagt Müller. "Derzeit bringen solche Satelliten zur Erkennung von Waldbränden vermutlich keine Verbesserung." Meist würden Brände innerhalb von 20 Minuten nach der Meldung vor Ort bekämpft.

Ororatech-Gründer Grübler kennt das aus Deutschland. Auch hier sei die Meldebereitschaft hoch – dennoch sei das kein Argument gegen den Satelliteneinsatz. "Nachts ist keine Meldebereitschaft, da schläft jeder. Wenn jemand in der Nacht einen Brand legt, kriegt das keiner mit", sagt Grübler. In manchen Fällen hätten Satelliten Brände früher als Einwohnerinnen und Einwohner gemeldet.

In der Landwirtschaft helfen Satelliten schon heute, Dürren frühzeitig zu erkennen.
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Satelliten als Teil der Lösung

Der Gründer ist jedenfalls überzeugt, dass sich die Minisatelliten mit ihrer kurzen Reaktionszeit für Behörden lohnen. Brände früher zu erkennen als heute, auch wenn es nur zehn oder 20 Prozent sind, sei schon ein Fortschritt. Von Vorteil seien die Satelliten auch während des Einsatzes, wenn die Feuerwehr auf dem Weg zum Brandherd die Lage durch die neuesten Satellitendaten besser einschätzen kann. "Damit reduziert man das Risiko, dass der Brand außer Kontrolle gerät, und hat ihn vielleicht sogar zehn oder 20 Tage früher eingedämmt", sagt Grübler.

Bis Ororatechs Satellitenflotte im All kreist, dauert es noch einige Jahre. Für die Zukunft sind Satelliten laut Experten jedenfalls ein Puzzlestück, um Waldbrände besser zu bekämpfen. Auch in anderen Bereichen haben sie Potenzial. In der Landwirtschaft zeigen sie schon heute, ob eine Dürre droht oder ein Feld mehr bewässert werden muss. Minisatelliten könnten Städte zudem bei der Anpassung an steigende Temperaturen helfen. Sie können etwa zeigen, wie die Hitze in einem Gebiet verteilt ist. Stadtplanerinnen und Stadtplaner können dann gezielt für mehr Abkühlung sorgen – mit Hilfe aus dem Orbit. (Florian Koch, 12.8.2022)