Sommerzeit ist Grillzeit. Selbstverständlich haben die Wissenschaft und die Medizin auch dazu allerlei Tipps parat – einmal abgesehen vom spaßbremsenden Hinweis, dass der Genuss von "rotem" Fleisch weder für das Klima noch für die eigene Gesundheit ganz ideal ist. Aber erstens schmeckt es halt gut; zweitens ist das Grillen eine bis in die Steinzeit zurückreichende Tradition des gemeinsamen Essens, die auch kulturwissenschaftlich interessant ist. Und drittens gibt es natürlich auch fleischlose Alternativen, die nur etwa ein Fünftel der Treibhausgase der gleichen Menge Fleisch verursachen, wie eine am Montag veröffentlichte Studie herausfand.

Zwei fleischlose Burgerpattys, die noch ein bisschen roh aussehen. Wie oft sollten sie am besten gewendet werden?
AFP / DREW ANGERER

Wie aber wird ein faschiertes Laibchen (dass die Bayern "Fleischpflanzerl" dazu sagen, macht die Sache ökologisch nicht wirklich besser) am Grill wissenschaftlich optimal zubereitet? Der Mathematiker Jean-Luc Thiffeault (University of Wisconsin-Madison) hat das kürzlich errechnet und die Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Physica D: Nonlinear Phenomena" unter dem schönen Titel "The Mathematics of Burger Flipping" veröffentlicht. (Den kostenfreien Preprint auf Arxiv gibt es hier.)

Vorgegebene Parameter

Thiffeault hat seine Empfehlungen für ein zwei Zentimeter dickes Modell eines Burgers (genau genommen natürlich: eines Burgerpattys) errechnet, der im Unterschied zum hiesigen faschierten Laibchen so gut wie ausschließlich aus Faschiertem (plus Salz und Pfeffer) besteht. Eine entscheidende Grundannahme (nebst einigen anderen vorgegebenen Parametern): Das Grillgut hat eine homogene, feste Struktur und symmetrische thermische Eigenschaften hat. Das wiederum bedeutet, dass sich die Wärme durch alle Teile des Fleischlaberls mit der gleichen Geschwindigkeit nach oben bewegt, egal welche Seite auf dem Grill liegt.

Die wichtigsten Parameter im Burger-Grill-Modell von Thiffeault. Von hier weg wird es in der Originalpublikation formelmäßig eher kompliziert.
Thibeaut, Arxiv 2022

Mithilfe sogenannter Wärmeübertragungsgleichungen berechnet der Mathematiker dann mit dem Modell, wie oft und in welchem Abstand das Faschierte (oder eben: der Fleischersatzburger) auf dem Grill gewendet werden sollte, um in der kürzestmöglichen Zeit bestmöglich durchgebraten zu sein – was in dieser Studie bedeutet, dass jeder Punkt im Inneren des Burgers eine Temperatur von 70 Grad Celsius erreicht, was einem ziemlich gut durchgebratenen faschierten Laibchen entspricht.

Vier Wendungen sind am besten

Wird der Burger nur ein einziges Mal gewendet, ergibt sich laut dem Modell eine Garzeit von 80,5 Sekunden – was darauf hindeutet, dass hier ein Theoretiker und kein Praktiker am Werk ist, denn in Wahrheit dauert es zumindest doppelt so lang. Immerhin hat der Mathematiker im Interview mit dem Onlineportal "Physics" einen brauchbaren Tipp: "Wenden Sie, wenn das untere Drittel gar ist." Das bedeute zwar eine längere Garzeit für die zweite Seite, aber eine kürzere Gesamtzeit.

Laut Thiffeaults Berechnungen sinkt die Garzeit mit weiteren Wendungen. Mit vier Wendungen (nach der letzten folgt dann jeweils die längste Anbratzeit) kommt man auf 65 Sekunden. Für den Mathematiker ist das die optimale Zahl der Drehungen; noch mehr davon würden so gut wie keinen Zeitvorteil mehr bringen, um sich etwa besser den Gästen widmen zu können.

Gesundheitliche Risiken: HAA und PAK

Wie aber sieht es mit den Grillempfehlungen aus gesundheitlicher Sicht aus? Ein Hauptrisiko beim Grillen ist das Entstehen von krebserregenden Stoffen, das sich aber bei richtiger Zubereitung vermeiden lässt. Konkret geht es dabei vor allem um zwei Stoffen, wie die Ernährungswissenschafterin Sandra Holasek (Uni Graz) erklärt: einerseits sogenannte heterozyklische aromatische Amine (HAA) und andererseits polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Sowohl HAA als auch PAK können infolge von Vorgängen im Körper Veränderungen im Erbgut hervorrufen. Diese Mutationen können zu sogenannten Adenomen, Vorstufen von Darmkrebs, führen.

Vermeiden lässt sich das Entstehen von HAA dadurch, dass weder zu lange noch zu heiß gegrillt wird, PAK hingegen entstehen nur dann, wenn Fett, Marinade oder Fleischsäfte auf die Kohle tropfen und dabei Rauch entsteht, der sich auf dem Grillgut niederschlägt und dann mitgegessen wird. Auch beim Ablöschen mit Bier können PAK entstehen.

Eher kein Pökelfleisch verwenden

Ebenfalls nicht zu empfehlen ist Pökelfleisch, das meist Nitritpökelsalz enthält. Bei Hitze wird es in Nitrosamine umgewandelt, die Magen- und Speiseröhrenkrebs auslösen können. Mageres Fleisch (wie Geflügel) ist diesbezüglich um einiges weniger gefährlich. Sollte beim Grillen trotz größter Vorsicht doch etwas anbrennen, sollten diese Teile nicht gegessen, sondern weggeschnitten werden. Holasek rät zudem zu einem sachgemäßen Umgang mit Grilltassen, die das Abtropfen von Marinaden in die Glut verhindern.

Bei Kontakt mit Salz oder Säuren (zum Beispiel Zitronensaft) kann dabei Aluminium gelöst werden und ins Grillgut übergehen. Ähnliches gilt für den bekannten "Grill-Hack" mit Hühnerfleisch, das auf einer Bierdose gegrillt wird. Durch die hohen Temperaturen können nämlich Lacke von der Dose und das Aluminium gelöst werden und sich auf und in dem Fleisch ablagern. (Klaus Taschwer, 13.8.2022)