Was ist gewonnen durch Tempo 100 auf der Autobahn?

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Was wäre gewonnen, würde man das Tempolimit auf Österreichs Autobahnen von 130 auf 100 km/h reduzieren? Um diese Frage drehen sich derzeit aufgeregte Debatten. Seit im Gefolge des Ukraine-Kriegs die größte Energiekrise seit Jahrzehnten ausgebrochen ist, überlegen Politikerinnen und Politiker ebenso wie Bürgerinnen und Bürger, welche Energiesparmaßnahmen angebracht wären.

Tempo 100 gilt als besonders vielversprechend: Es ist jene Einzelmaßnahme, mit der man am meisten Energie auf einen Schlag gewinnen könnte. Laut Experten bringt Tempo 100 ungefähr 25 Prozent Energieersparnis pro Auto und Strecke. Reduziert man dann nochmals von 100 auf 80 km/h, kommen laut dem deutschen Umweltbundesamt weitere fünf bis neun Prozent Ersparnis hinzu.

Viel Potenzial – aber wie viel?

Klar ist also, hier schlummert viel Potenzial– vor allem wenn man bedenkt, dass Österreichs Autoflotte aus 7,2 Millionen Fahrzeugen besteht. Doch wie viel würde man konkret – auf bestimmten Strecken – weniger Sprit verbrauchen, weniger CO2 ausstoßen, aber auch mehr Zeit benötigen? Vor allem auf Autobahnen, wo viele gern schnell unterwegs sind?

Um dies zu illustrieren, hat DER STANDARD den Tempo-100-Rechner aufgesetzt. Er bezieht sich auf den Durchschnittsverbrauch der österreichischen Pkw-Flotte. Mit seiner Hilfe lässt sich ausrechnen, wie sich Tempo 100 statt 130 zwischen den österreichischen Landeshauptstädten konkret auswirken würde.

Reale Vergleichswerte, Zeitverlust

Der Rechner basiert auf der Open-Source-Datenbank Open Street Maps. Als Vergleichswert wird nicht generell Tempo 130 angenommen, sondern das tatsächliche aktuelle Tempolimit auf einem bestimmten Abschnitt: Wo also ohnehin bereits Tempo 100 oder weniger gilt, gibt es keine Ersparnis.

Wichtig ist außerdem hinzuzufügen: Der Rechner berücksichtigt ausschließlich Autobahnen innerhalb Österreichs. Wenn also, etwa zwischen Innsbruck und Bregenz, ein Teil der Strecke auf Landstraßen verläuft, ist dieser nicht mitberechnet. Ebenso fallen Abschnitte auf deutschem Boden raus, wie sie von Salzburg Richtung westliche Bundesländer verlaufen.

Der Rechner zeigt, dass die Einsparpotenziale beträchtlich sind: Wer etwa auf dem Weg von Wien nach Bregenz (über das sogenannte kleine deutsche Eck) konsequent Tempo 100 nicht überschreitet, spart mehr als 15 Kilogramm CO2 ein – das ist fast so viel, wie ein Kleinwagen auf hundert Kilometern im Stadtverkehr ausstößt. Allerdings haben Langsamfahrerinnen und -fahrer auch einen Zeitverlust: Zwischen Wien und Bregenz beträgt er ungefähr 48 Minuten. Die Kritiker von Tempo 100 haben also durchaus ein Stück weit recht, wenn sie Zeitverlust infolge einer gesetzlichen Tempo-100-Pflicht beklagen. Aber – berechnen Sie einfach selbst:

(Joseph Gepp, Robin Kohrs, Moritz Leidinger, 13.8.2022)