"You’ll never walk alone", sichert Kanzler Olaf Scholz den Deutschen zu.

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Um der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise in Europa langfristig beizukommen, hat der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine neue Pipeline durch Europa vorgeschlagen. Er werde sich für eine Leitung von Portugal und Spanien über Frankreich nach Mitteleuropa einsetzen, so der Regierungschef am Donnerstag bei seiner Sommerpressekonferenz.

Eine solche Leitung hätte gebaut werden sollen und werde nun vermisst, so Scholz. Sie würde jetzt "einen massiven Beitrag zur Entlastung" leisten. Er habe bei seinen Kollegen in Spanien, Portugal, Frankreich sowie bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits dafür geworben.

Das Projekt Midcat für eine Gaspipeline von Spanien nach Südfrankreich wurde vor einigen Jahren gestoppt, weil es aus damaliger Sicht auch wegen des billigeren Erdgases aus Russland für unwirtschaftlich gehalten wurde. Die aktuelle Situation könnte nun zu einem Umdenken führen. Es fehlen noch 226 Kilometer von Hostalric in Katalonien über die Pyrenäen bis nach Barbaira in Frankreich, Bauzeit mindestens zwei Jahre. Spanien möchte, dass die EU den Bau finanziert.

Scholz will die Deutschen noch weiter entlasten

Neben der Pipeline ging es bei dem Format mit Scholz aber auch um Hilfen für sozial Schwache in Deutschland. Das Format war nicht neu, die Hauptperson war es schon. Erstmals hat sich Scholz in der traditionellen Sommerpressekonferenz den Fragen der Hauptstadt-Journalisten gestellt.

16 Jahre lang hat dies seine Vorgängerin Angela Merkel getan, es waren Veranstaltungen mit vielen Einblicken. Merkel kam am Donnerstag auch zur Sprache. Ob er sie vermisse, wurde Scholz gefragt. Seine diplomatische Antwort: "Ich telefoniere gerne mit ihr. Aber ich bin auch gerne Bundeskanzler."

Das sorgte für Schmunzeln, war aber auch ein rarer heiterer Moment. Denn Scholz selbst stellte fest: " Wir haben ernste Zeiten, die uns auch noch viel abverlangen werden." Doch er sagte auch: "Ich glaube nicht, dass es in diesem Land zu Unruhen kommen wird."

Er sicherte den Deutschen, wie schon vor ein paar Tagen, zu: "You’ll never walk alone." Die Regierung hat bereits zwei Entlastungspakete in Höhe von 30 Milliarden Euro geschnürt. "Es wird ein weiteres Paket geben", betonte Scholz, ohne sehr ins Detail zu gehen. Man werde aber sowohl Empfänger von Unterstützungsleistung als auch Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen unterstützen.

Scholz: "Wir werden alles dafür tun, dass sie durch diese schwierige Zeit kommen." Das Ziel sei, dass "niemand vor unlösbare Probleme gestellt wird". Zur Sprache kam natürlich auch das von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgelegte "Steuer-Entlastungspaket". Es soll ein Volumen von zehn Milliarden Euro haben und vor allem die kalte Progression bekämpfen. Davon profitieren würden vor allem Besserverdiener, wofür es Kritik vom grünen Koalitionspartner gibt.

Lindners Paket "hilfreich"

Auf Lindners Paket angesprochen, erklärte der Bundeskanzler: "Ich finde das sehr hilfreich." Er selbst habe in seiner Zeit als Finanzminister ebenfalls gegen die kalte Progression gekämpft.

Aber es gehe ihm um eine "Gesamtlösung", also auch um Hilfen für finanziell Schwächere. Scholz: "Ich glaube, dass wir eine gute Lösung zusammenbekommen, wenn man alles zusammenpackt." Die Schuldenbremse will Scholz 2023 auch wieder einhalten, zudem lehnt er, wie Lindner, Forderungen nach einer "Übergewinnsteuer" ab. Mehr Hilfen soll auch die Ukraine bekommen. Der Krieg Russlands verlange unverändert, "dass wir weitreichende Entscheidungen treffen, um die Ukraine in ihrem Kampf um Unabhängigkeit zu unterstützen". Konkreter wurde er aber nicht.

Auch in der Sommerpressekonferenz holte Scholz ein Thema aus der Vergangenheit ein: die Frage, ob es in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister im sogenannten Cum-Ex-Steuererstattungsskandal um die Privatbank Warburg politische Einflussnahme gegeben habe.

Seine Antwort: "Unglaublich viele Anhörungen, unglaublich viele Akten haben nur ein Ergebnis gebracht: Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat." (Birgit Baumann aus Berlin, 11.8.2022)