Der vormalige US-Präsident Donald Trump wird von den Ermittlern verdächtigt, sensible Dokumente wie Nuklearunterlagen mitgenommen zu haben.

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Washington – US-Bundesbeamte haben einem Bericht der "Washington Post" zufolge nach Dokumenten über Atomwaffen gesucht, als sie diese Woche das Haus des ehemaligen Präsidenten Donald Trump in Florida unter die Lupe nahmen. Es sei jedoch unklar, ob solche Papiere gefunden wurden.

US-Justizminister Merrick Garland erklärte zuvor, er habe die Entscheidung, einen Durchsuchungsbefehl für das Anwesen Trumps zu beantragen, persönlich gebilligt, nachdem zuvor ein Bundesgericht einen hinreichenden Verdacht bestätigte. Er unterstrich, dass alle Amerikaner ein Recht auf "eine gleichmäßige Anwendung des Gesetzes, auf ein ordentliches Gerichtsverfahren und auf die Unschuldsvermutung" hätten.

Trump selbst bezeichnete am Freitag auf sozialen Medien die Behauptung, es sei bei der Hausdurchsuchung um das Thema Nuklearwaffen gegangen, als Falschmeldung. Darüber hinaus beschuldigte er das FBI, ihm Beweismittel untergeschoben zu haben. Trump präsentierte aber keinerlei nähere Informationen zu dieser Anschuldigung.

Zwölf Kisten mitgenommen

Bisher war nur bekannt, dass der Hintergrund der Hausdurchsuchung am Montag offenbar Trumps Umgang mit Dokumenten aus seiner Amtszeit war. Anfang des Jahres wurde bekannt, dass das für die Aufbewahrung präsidialer Korrespondenz zuständige Nationalarchiv mehrere Kisten mit vertraulichem Material in Trumps Residenz Mar-a-Lago vermutete. Er übergab der Behörde im Jänner schließlich mehrere Dokumente.

Danach soll es laut Medienberichten zu einem weiteren Austausch zwischen Ermittlern und Trumps Anwälten gekommen sein. Die Beamten hätten den Verdacht gehabt, dass Trump oder sein Team weiterhin wichtige Unterlagen zurückhielten, schrieb die "Washington Post" unter Berufung auf anonyme Quellen. Das FBI soll demnach nun zwölf Kisten mitgenommen haben.

Launch-Codes wären jedenfalls unbrauchbar

Geheimnisse bezüglich Nuklearwaffen gelten jedenfalls als besonders brisant und haben deshalb auch die höchstmögliche Sicherheitsstufe. Ein schwerwiegender Bruch dieser Geheimnisse könnte Trump womöglich als Hochverrat ausgelegt werden und würde unter normalen Umständen zumindest in einer langjährigen Gefängnisstrafe münden.

Eine akute Sicherheitsgefahr in Bezug auf einen tatsächlichen Einsatz der US-Nuklearwaffen war jedoch insofern nicht gegeben, als mit dem Wechsel im Weißen Haus zu Joe Biden die "Gold Codes" selbstverständlich dem aktuellen Commander-in-Chief übertragen wurden. Die auf dem "Biscuit" enthaltenen Codes gelten dem Präsidenten als Verifikationscode gegenüber dem Joint Chiefs of Staffs, bevor er einen Nuklearwaffeneinsatz anordnen kann. Sie werden vorab mit den "Go Codes" abgeglichen, die wiederum im "Nuclear Football", einem schwarzen Aktenkoffer, stets in unmittelbarer Nähe des US-Präsidenten getragen werden.

Geheimnisse in Bezug auf Nuklearwaffen können aber freilich auch ganz anderer Natur sein – von den Standorten der US-Waffen über die Position der Sprengköpfe anderer Nuklearmächte bis hin zu deutlich detaillierteren technischen Schilderungen des Aufbaus und der Wartung von Atomwaffen. Was genau die Beamten in diesem Zusammenhang bei Trump suchten, ist vorerst freilich reine Spekulation.

Die geheimen Dokumente wurden in Trumps Anwesen Mar-a-Lago vermutet. Ob sie gefunden wurden, ist unklar.
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Offizielle Angaben zu den Gründen für die Razzia gibt es bisher nämlich nicht. Justizminister Garland äußerte sich am Donnerstag dazu ebenfalls nicht und verwies auf "ethische Verpflichtungen". Garland fügte hinzu, dass sein Ministerium eine solche Entscheidung selbstverständlich nicht auf die leichte Schulter nehme. "Wo immer es möglich ist, wird nach weniger einschneidenden Mitteln als Alternative zu einer Durchsuchung gesucht."

Juristen des Justizministeriums haben jedoch am Donnerstag, kurz vor Garlands Rede, die Veröffentlichung des Durchsuchungsbefehls beantragt. Sie betonten in ihrem Antrag, dass Trump selbst die Hausdurchsuchung, kurz nachdem sie passiert war, öffentlich enthüllt hatte. Das öffentliche Interesse daran, was hier vorgefallen war, spreche für eine Veröffentlichung des Durchsuchungsbefehls, so die Vertreter des Ministeriums. Trumps Anwälte haben aber noch Gelegenheit, sich gegen eine Veröffentlichung auszusprechen. Ein Richter oder eine Richterin wird in der Folge über die Veröffentlichung entscheiden.

Biden soll nicht von Durchsuchung gewusst haben

Die Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago gilt als beispielloser Vorgang in der US-Geschichte. Der öffentliche Druck auf Garland, Stellung zu beziehen, ist vor allem von republikanischer Seite enorm gewachsen. Zahlreiche konservative Kommentatoren hatten sich zuletzt dahingehend geäußert, dass nichts außer ein Geheimnisverrat in Nuklearwaffenfragen eine solche Hausdurchsuchung rechtfertigen würde.

Trump war während der Durchsuchung nicht in seinem Anwesen. Er und andere Republikaner haben die Durchsuchung jedoch heftig kritisiert und Präsident Biden vorgeworfen, das FBI zu politisieren. Biden wusste nach Angaben des Weißen Hauses aber im Voraus über die Durchsuchung des Trump-Anwesens nicht Bescheid.

Trump schrieb am Donnerstag auf seinem Twitter-Klon Truth Social, er hätte der Regierung ausgehändigt, was immer sie gewollt hätte. Dann sei es "wie aus dem Nichts und ohne Vorwarnung" zu der Durchsuchung gekommen, was jedoch bei Hausdurchsuchungen durchaus Sinn macht.

Auch Gegenstände der früheren First Lady Melania Trump seien betroffen gewesen, schrieb Trump. "Ich habe gerade erfahren, dass Agenten die Schränke der First Lady durchsucht und ihre Kleidung und persönlichen Gegenstände durchwühlt haben. Überraschenderweise haben sie den Bereich in einem relativen Chaos hinterlassen. Wow!" Generell ist der Wahrheitsgehalt von Trumps Aussagen umstritten. Die Faktenchecker der "Washington Post" haben Trump in dessen Amtszeit mehr als 30.000 falsche oder irreführende Aussagen nachgewiesen.

Warnung vor Angriffen

Justizminister Garland warnte jedenfalls davor, die Professionalität seiner Mitarbeiter infrage zu stellen. Er "werde nicht tatenlos zusehen, wenn ihre Integrität zu Unrecht angegriffen wird", sagte er. Die Männer und Frauen des FBI und des Justizministeriums seien "engagierte patriotische Staatsdiener", die das amerikanische Volk jeden Tag aufs Neue vor Gewaltverbrechen, Terrorismus und anderen Bedrohungen schützten. Tatsächlich wuchs zuletzt auch die Sorge vor gewaltsamen Übergriffen gegen FBI-Beamte.

Ein Bewaffneter versuchte am Donnerstag, in eine Außenstelle des FBI in Cincinnati im Bundesstaat Ohio einzudringen. Nach einer Verfolgungsjagd wurde der Mann bei einem Schusswechsel von der Polizei erschossen. Zu seinen Motiven war zunächst nichts bekannt. Die "Washington Post" berichtete jedoch mit Verweis auf eine anonyme Quelle, dass der Angreifer möglicherweise Verbindungen zu den Proud Boys aufweise, jener extremistischen Gruppierung, deren Anführer maßgeblich am Sturm auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 beteiligt gewesen sein sollen. (APA, faso, 12.8.2022)