Vom russischen Kriegstreiber Wladimir Putin will sich der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder bis heute nicht distanzieren.

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Berlin – Der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Der 78-Jährige verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzlerbüro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, teilte sein Anwalt Michael Nagel der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mit. Die Klage sei beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht worden.

"Absolutistischer Fürstenstaat"

Die Klage sei beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht worden, sagte Nagel. Der Beschluss des Bundestags-Haushaltsausschusses, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig, heißt es in einer Erklärung der Anwaltskanzlei. Es werde "behauptet, Herr Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder nehme die sog. 'nachwirkenden Dienstpflichten' nicht mehr wahr". Es werde "aber nicht festgelegt, was 'nachwirkende Dienstpflichten' überhaupt sind, wie ihre Wahr- bzw. Nichtwahrnehmung zu ermitteln ist und welches Prozedere es im Übrigen dabei einzuhalten gilt", heißt es in der Erklärung.

Dem ganzen Vorgang stehe "auf die Stirn geschrieben, dass andere Gründe, als die anhand der 'neuen Regeln' vorgegebenen, für die Entscheidung des Haushaltsausschusses maßgeblich waren". Solche Entscheidungen erinnerten "im Hinblick auf die Art und Weise ihrer Entstehung eher an einen absolutistischen Fürstenstaat" und dürften in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Bestand haben, erklärten Schröders Anwälte.

Kritik an Putin-Nähe

Der sozialdemokratische Altkanzler steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik. Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Vielmehr solle die "Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen", heißt es in der Regelung. Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Sein Ruhegehalt in Höhe von 8.300 Euro erhält Schröder nach dem Beschluss ebenso weiter wie den Personenschutz.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Entscheidung im Mai als "folgerichtig" begrüßt. Im Umfeld des Beschlusses hatte sich das Europäische Parlament mit großer Mehrheit für Sanktionen gegen Schröder ausgesprochen. Erst am Montag hatte die Schiedskommission der SPD in Schröders Heimatstadt Hannover einen Parteiausschluss jedoch abgelehnt.

CSU: "Gespür für Anstand verloren"

Wegen seiner Klage gegen den Bundestag sprach die CSU dem Altkanzler jeden Anstand ab. "Gerhard Schröder hat jedes Gespür für Anstand verloren", schrieb CSU-Generalsekretär Martin Huber am Freitag auf Twitter. "Als Putin-Lobbyist vertritt er definitiv keine deutschen Interessen. Dafür will er Sonderrechte auf Kosten des Steuerzahlers? Dreist!"

Die FDP verteidigte die Bundestagsentscheidung zum Entzug der Sonderrechte. "Der Haushaltsausschuss hat Gerhard Schröder völlig zu Recht Leistungen für Büro und Mitarbeiterstellen entzogen", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Stephan Thomae. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki reagierte gelassen. Er halte die Erfolgswahrscheinlichkeit von Schröders Klage für gering, die gerichtliche Prüfung sei jedoch sein Recht.

Bisher gibt es keine gesetzliche Regelung der Frage, welche Ausstattung früheren Kanzlerinnen und Kanzlern auf Staatskosten zusteht – also etwa Büroräume und Personal. Während die Ruhebezüge von Bundespräsidenten und Bundeskabinettsmitgliedern gesetzlich geregelt sind, beruht die Ausstattung für Altkanzler nur auf Beschlüssen des Haushaltsausschusses des Bundestags. (APA, 12.8.2022)