Im Gastblog erklärt die Rechtsanwältin Theresa Kamp, was die Obsorge mit dem Urlaub beziehungsweise Aufenthaltsort des Kindes zu tun hat.

Eltern von kleinen Kindern sind in der Feriengestaltung noch frei. Spätestens aber ab dem Zeitpunkt, wo Kinder in die Schule gehen, ist Urlaub vor allem nur in den Zeiten möglich, an denen keine Schule ist. Viele Eltern planen daher bereits lange im Vorhinein den heiß ersehnten Urlaub und buchen diesen auch schon vorausschauend. All das ist, auch bei getrenntlebenden Eltern, unproblematisch, wenn man sich gut versteht und die Ferienkontakte ablaufen können wie geplant. Wie sieht es aber aus, wenn getrenntlebende Eltern sich beispielsweise nicht einigen können, wer wann wo wie mit den Kindern auf Urlaub fahren kann? Oder wenn ein ursprünglich zwischen den Eltern vereinbarter Urlaub plötzlich nicht angetreten werden kann, weil vielleicht der andere Elternteil Kinder oder Reisedokumente nicht herausrückt? Wie sieht das rechtlich aus?

Urlaubsreisen gehören zur Pflege und Erziehung eines Kindes – und dafür ist die obsorgeberechtigte Person zuständig.
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Wer kann rechtlich über den Urlaub beziehungsweise den Aufenthaltsort des Kindes entscheiden? Die Gretchenfrage im Zusammenhang mit den Urlaubsreisen ist, wie sieht es mit der Obsorge aus? Urlaubsreisen gehören nämlich zur Pflege und Erziehung eines Kindes und dafür ist die obsorgeberechtigte Person zuständig. Ebenso kann die Person, die die Obsorge für das Kind hat, einen Reisepass für das Kind beantragen und diesen auch verwahren.

Gemeinsame Obsorge

Bei gemeinsamer Obsorge können beide Eltern Entscheidungen über Urlaubsreisen des Kindes treffen. Gibt es beispielsweise eine Kontaktregelung, kann jeder Elternteil per se den Aufenthalt beziehungsweise Urlaubsort des Kindes in seiner Kontaktzeit selbst bestimmen. Wenn der andere Elternteil im Rahmen des Ferienbesuchsrechts ins Ausland fährt, ist auch grundsätzlich der Reisepass des Kindes auszufolgen. Man hat aber das Recht, den Aufenthaltsort beziehungsweise Urlaubsort des Kindes zu kennen.

Die Eltern sollen in dem Zusammenhang das Einvernehmlichkeitsgebot beachten. Das bedeutet, dass sich die Eltern in wichtigen Fragen betreffend die gemeinsamen Kinder abstimmen, und den anderen Elternteil auch informieren sollen. So auch bei Urlaubsreisen des Kindes. Das Einvernehmlichkeitsgebot darf aber auch nicht überspannt werden. Jeder Elternteil kann für sich Alltagsentscheidungen treffen, ohne, dass man darüber die Zustimmung des anderen Elternteils braucht. Müsste man jedes Mal, den anderen Elternteils um Erlaubnis fragen, wenn man die Kinder zum Sonntagskaffee bei der Oma mitnehmen möchte, wäre das auch nicht lebbar.

Möchte ein Elternteil im Rahmen seines Kontaktwochenendes mit den Kindern einen Kurztrip unternehmen, wird man dafür nicht extra die Zustimmung des anderen Elternteils einholen müssen. Ist auf der anderen Seite eine längere, oder gar mehrwöchige Reise in ein weit entferntes, möglicherweise gefährliches Land geplant, wird es schon notwendig sein, den anderen Elternteil zu informieren und auch diesbezüglich ein Einvernehmen mit ihm herzustellen.

Gibt es bezüglich einer geplanten Urlaubsreise zwischen Eltern keine Einigung, kann das zuständige Bezirksgericht angerufen werden, um eine Entscheidung zu treffen. Das Gericht stellt das Kindeswohl in den Fokus und prüft die konkreten Umstände. Hier sollte aber bedacht werden, dass Gerichtsentscheidungen eine gewisse Vorlaufzeit benötigen und man deshalb im Streitfall das Gericht möglichst frühzeitig anrufen sollte. Möchte man eine gerichtliche Entscheidung Ende Juli, für eine geplante Reise, Anfang August erwirken, wird das wenig zielführend sein.

Alleinige Obsorge

Bei alleiniger Obsorge eines Elternteils ist die Situation anders. Der Elternteil, der an der Obsorge nicht beteiligt ist, kann ohne Zustimmung des obsorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind nicht ohne Weiteres ins Ausland verreisen. Möchte der nicht obsorgeberechtigte Elternteil mit dem Kind eine Urlaubsreise antreten, sollte das Einverständnis des obsorgeberechtigten Elternteils oder eine gerichtliche Regelung eingeholt werden.

Was tun, wenn die Urlaubsreise grundlos vereitelt wird?

Wenn man den langersehnten Urlaub nicht antreten kann, weil eine ursprünglich getroffene Vereinbarung oder gar eine gerichtliche Kontaktregelung von einer Seite plötzlich grundlos vereitelt wird, kann dies nicht nur zu Missstimmung, sondern auch zu einem finanziellen Schaden führen. Oft kann man bereits gebuchten Urlaub kurzfristig nicht mehr kostenfrei stornieren. Wenn ein Elternteil, entgegen einer familienrechtlichen Vereinbarung, das Kind plötzlich nicht übergeben möchte oder sonst Mitwirkungspflichten verletzt, kann man diese frustrierten Urlaubsaufwendungen unter Umständen nach schadenersatzrechtlichen Grundlagen von dem Elternteil verlangen. (Theresa Kamp, 16.8.2022)