Die Liste rechter bis sehr rechter Herrschaften (es sind nur HERRschaften), die gegen Alexander Van der Bellen antreten wollen, wird länger.

Neuester Zugang ist der Rechtsanwalt und "Krone"-Kolumnist Tassilo Wallentin, der zuerst mit einer Unterstützung durch die FPÖ kokettiert hatte, nun aber im Alleingang (aber mit Sponsoren aus Wirtschaftskreisen) antreten will. Wallentin stand der Familie Dichand in einem wichtigen Rechtsstreit zur Seite und bekam eine Kolumne in der "Krone bunt". Dort wickelt er das übliche rechte Repertoire ab: Die EU ist ein Unglück, man will uns das Bargeld wegnehmen, es droht ununterbrochen eine neue Ausländerflut, die Ukraine soll sich Wladimir Putin einfach unterwerfen, damit wir endlich die Sanktionen gegen Russland aufheben können. Usw.

Die Bundespräsidentschaftswahl wird von den Rechten als Möglichkeit gesehen, politisch zu punkten.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wallentin war unter Türkis-Blau als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes (!) vorgesehen, das wurde dann doch verhindert.

Seine Kandidatur ist insofern ernst zu nehmen, als sie ein Symptom für eine recht starke autoritär denkende rechte Strömung in unserem Land ist, der die ganze Richtung – liberale Demokratie, repräsentative Demokratie, Parteiendemokratie – nicht passt. Sie möchte etwas anderes, "Neues" – vordergründig die Überwindung von "Parteienstreit" und "Politikfilz", in Wirklichkeit ein autoritäres, autokratisches System nach dem Vorbild Viktor Orbáns. Man hat sich so etwas von Türkis-Blau unter Kurz und Strache erhofft, die beiden sind aber leider im politischen Orkus gelandet. Seither ist die diffus rechts denkende Strömung weitgehend heimatlos – und vor allem gespalten.

Demokratieveränderung

Das sieht man an den Kandidaturen für die Bundespräsidentschaftswahl. Diese wird von den Rechten als Möglichkeit gesehen, politisch zu punkten und den Teil der Wählerschaft abzukassieren, dem VdB zu liberal ist. Daher drängen sich die Bewerber. Stärkste Kraft ist natürlich die FPÖ, die nach längerer Ungewissheit den Rechtsanwalt, schlagenden Burschenschafter und Volksanwalt Walter Rosenkranz aufgestellt hat. Der ist im Umgang verbindlich-bürgerlich, im politischen Inhalt reaktionär. Er kündigt an, er würde die Regierung auch autoritär entlassen, wenn ihm die Richtung nicht passt. VdB reagierte ziemlich heftig: "Das riecht nach Putsch und Willkür eines Einzelnen."

Sachlicher Hinweis: Der Bundespräsident kann natürlich die Regierung entlassen und etwa eine genehme Expertenregierung einsetzen. Aber auch die ist auf eine parlamentarische Mehrheit angewiesen. Ohne die wäre sie am nächsten Tag wieder weg.

Rosenkranz verwendet übrigens einen rechte Codebegriff: Ein "Wechsel an der Spitze des Systems ist dringend notwendig". Unter "System" verstehen die Rechten und Ultrarechten aber schlicht die Demokratie.

Demokratieveränderung hat auch der Kandidat der neuen Partei MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte), Michael Brunner, im Sinn (übrigens noch ein Rechtsanwalt). Die MFG ist zwar als Antiimpfpartei aufgetreten, aber sie möchte auch gewählte Politiker durch "unabhängige Fachleute" und die repräsentative Demokratie durch eine plebiszitäre ersetzen. Schließlich gibt es noch den ehemaligen FPÖ/BZÖ-Politiker Gerald Grosz, der regelmäßig in Fellners TV-Sender auftritt. Mit Tassilo Wallentin herrscht nun großes Gedränge im rechten Spektrum. Das ist diversen Eitelkeiten und der Neigung zum Sektierertum bei rechten (und linken) Extrempolitikern zu verdanken.

Aber das darf nicht über das Grundphänomen hinwegtäuschen: Es gibt starke rechte Strömungen im Land. (Hans Rauscher, 13.8.2022)