Autos und Straßenschilder waschen? Ja, das kann man jetzt auch virtuell.

Foto: Square Enix

Von wegen Flaute: Eigentlich hat das rote Kätzchen aus "Stray" den Indie-Sommer gewonnen. Das bildhübsche Action-Adventure war nicht umsonst seit Jahren eine der ganz großen Indie-Hoffnungen, dank großer Zugänglichkeit, tollem Design und natürlich dem Gadsen-Bonus ist aber wirklich eines der potenziell besten Spiele des Jahres daraus geworden.

Das heißt aber nicht, dass es nicht noch andere tolle Spiele aus unabhängigen Studios gegeben hat. Hier zehn Titel, die über das nahende Ende der Sommerferien hinwegtrösten können.

Good Shepherd Entertainment

"Hard West 2"

Windows, 24,99 Euro

Revolverhelden, Indianer – und Zombies: Der Mix aus Horror und Western im Rundentaktikspiel "Hard West 2" ist nicht das einzig Originelle daran. Bei den Kämpfen führen wir vier Charakterköpfe aus einem wachsenden Team gegen Banditen und Dämonen ins Feld, Trick-Shots und rasante Kill-Streaks machen das oft trockene Taktik-Genre explosiv und rasant. Ein Schuss Rollenspiel dazu, fertig ist eine Mischung, die Spaß macht – einen Hauch Frusttoleranz bei manchen haarigen Missionen vorausgesetzt. "Hard West 2" stellt sich selbstbewusst in die Reihe jüngerer gelungener Alternativen zu den Genreklassikern von "XCOM" abwärts.

Narlak-MinMaxGames

"Clanfolk"

Windows, Early Access 19,99 Euro

Die Hardcore-Auskenner warten immer noch sehnsüchtig auf den Steam-Release von "Dwarf Fortress", der Rest der Welt amüsiert sich derweil mit "Rimworld" – oder seit kurzem mit "Clanfolk". Die Kolonie-Simulation im Early Access lässt uns einen mittelalterlichen schottischen Clan anführen, und wie zu erwarten ist das Leben in den rauen Highlands nicht einfach. Wer es bis zum nächsten Winter nicht geschafft hat, seinen Knuddelmännchen mit viel Persönlichkeit warme Kleider, eine trockene Unterkunft und genug zu essen zu organisieren, kann sich höchstens noch IRL mit einem Glas Whisky über das traurige Schicksal seiner Verwandtschaft trösten. Ein bisschen schwarzer Slapstickhumor ist aber wie immer im Genre dabei.

PlayStation

"Madison"

Windows, PS4/5, Xbox, Nintendo Switch, 34,99 Euro

Atmosphärischer First-Person-Horror mit Puzzle-Elementen ist seit Jahren gut darin, Gruseln und Grübeln zusammenzubringen. Auch "Madison" wandert dabei auf den Spuren des verschollenen "P.T.", und das bedeutet Schreckmomente plus dichte Horrorstimmung. Gefangen in einem ganz persönlichen Familienalbtraum ist die Sofortbildkamera ein Überlebenswerkzeug, das verlässlich auch für Gänsehaut sorgt – "Fatal Frame" hat’s vorgemacht. Kein Spiel für schwache Nerven.

Dungeon Munchies

"Dungeon Munchies"

Windows, Mac, Nintendo Switch, 16,79 Euro; iOS, Android, 11,99 Euro; weitere Konsolen in Vorbereitung

Ja, dieses Spiel sieht auf den ersten Blick nach nicht viel aus, doch das täuscht: Die geballte Ladung Charme und eine hintergründige Story, die "Dungeon Munchies" nach und nach auspackt, lassen Äußerlichkeiten vergessen und erinnern irgendwie ein wenig an den Indie-Darling "Undertale". Als findiger Zombie kämpft man sich hier wie in einer Mischung aus "Cave Story" und "Terraria" durch eine knuffige Unterwelt, in der alle erlegten Monster in unserem Kochtopf landen und uns eine beeindruckende Palette schräger Fähigkeiten bescheren. Die Nennung all dieser großen Namen sollte eins klarmachen: "Dungeon Munchies" ist etwas Besonderes.

HandyGames

"Endling – Extinction Is Forever"

Windows, PS4, Xbox, Nintendo Switch, 24,99 Euro

Das bildhübsche Survival-Spiel eines spanischen Indieteams ist auf gewisse Art das düstere Gegenstück zu "Stray": Hier steuert man eine Fuchsmutter durch eine Welt, die von den Menschen zunehmend zerstört wird, und muss seine Jungen aufziehen, ernähren und ihnen das Überleben ermöglichen. Emotional, aber unkitschig, beeindruckend gestaltet und vor allem, wenn’s den Kleinen einmal an den Kragen gehen sollte, richtig hart: "Endling" ist ein Endzeitabenteuer mit Botschaft.

FuturLab

"PowerWash Simulator"

Windows, Xbox, 24,99 Euro bzw. im Gamepass

In Zeiten großen Wassermangels lassen Videospiele auch banale Wunschträume wahr werden: Der "PowerWash Simulator" ist ein großer Spaß für Putzfanatiker allein oder im Team. Ausgestattet mit allerhand Waschgerät macht man in der 3D-Sandbox allen möglichen Dreckigkeiten den Garaus. Was nach einem mäßig spannenden Gag-Simulator klingt, erweist sich in der Praxis als höchst unterhaltsame und entspannende Beschäftigung mit großem Feelgood-Effekt. Über 20.000 begeisterte Rezensionen auf Steam bestätigen: Der "PowerWash Simulator" trifft einen Nerv.

Zachtronics

"Last Call BBS"

Windows, Mac, Linux, Early Access, 19,99 Euro bzw. im Gamepass

Der Name Zach Barth mag nur Indie-Superfans geläufig sein, die aber bekommen bei seiner Nennung glänzende Augen. Die Spiele, die der US-Designer mit seinem Studio Zachtronics im Lauf der letzten Jahre veröffentlicht hat, sind allesamt legendär in ihren sehr speziellen Nischen. Mit "InfiniMiner" hat Barth de facto das Spielprinzip von "Minecraft" erfunden, von "SpaceChem" über "Infinifactory", "TIS-100", "Shenzhen I/O", "Opus Magnum" und "Exapunks" folgten Logikspiele, die von Fans nicht zu Unrecht als genial bezeichnet werden. Mit "Last Call BBS" erscheint sein letztes Spiel, wie Barth verlautbarte. Ewig schade, aber dafür ist es eine dicke Packung: acht "Minigames", die jedes für sich allein bestehen könnten. Noch im Early Access, aber schon jetzt ein bittersüßes, gewohnt großartiges Abschiedsgeschenk.

Studio MDHR

"Cuphead: The Delicious Last Course"

Windows, Mac, PS4, Xbox, Nintendo Switch erhältlich als DLC um 6,99 Euro. Achtung: Der Besitz von "Cuphead" ist vorausgesetzt.

Es mag ungewohnt sein, dass an dieser Stelle ein DLC besprochen wird, doch es nützt nix: "The Delicious Last Course" ist als Zusatzinhalt für das großartige, hammerschwere "Cuphead" einfach unbedingt eine Erwähnung wert. Wer das Originalspiel aus dem Jahr 2017 gespielt hat, bekommt mit diesem Nachschlag zum schmalen Preis nicht nur eine neue Insel, die in Sachen Umfang etwa einem Drittel des auch schon nicht kleinen Originalspiels entspricht, sondern eine völlig neue Spielfigur, mit der sich dank neuer Fähigkeiten auch die ursprünglichen Levels nochmals abwechslungsreich in Angriff nehmen lassen. Achtung: immer noch sehr schwer, aber auch unglaublich gut.

Arnold Rauers

"Card Crawl Adventure"

iOS, Android, kostenlos, sechs optionale Einzelkäufe

Auch dieses Spiel fällt als Mobile Game ein wenig aus dem Rahmen, aber Arnold Rauers alias Tiny Touchtales macht seit Jahren so großartige Strategiespiele fernab vom banalen Handyspielklischee, dass sein neues Werk auch hier unbedingt einen Platz verdient. "Card Crawl Adventure" ist gewohnt liebevoll gestaltet und verbindet die Mechaniken von Rauers Spielen "Card Crawl" und "Card Thief" zu einer ambitionierten Herausforderung für Kartentaktikfreunde. Originell, endlos wiederspielbar und kostenlos auszuprobieren, die einzigen Käufe zum absolut fairen Minipreis sind Freischaltungen einzelner Fähigkeiten und Spielfiguren.

DevolverDigital

"Cult of the Lamb"

Windows, Mac, PS4, Xbox, Nintendo Switch, 22,99 Euro

Wenn Devolver Digital draufsteht, ist Indie-Qualität drin – so auch hier. Mit "Cult of the Lamb" hat der Hochglanz-Indie-Publisher ein Prachtexemplar seiner Nische am Start, das außer Hochglanz-Cartoon-Style auch etwas Originelles versucht: Zu dem von "The Binding of Isaac", "Hades" & Co bekannten Action-Rogue-like-Loop kommt eine Art Aufbausimulation samt Ressourcenmanagement mit Wuselfaktor. Dass wir hier ein rabiates, von uralten Dämonen besessenes blutrünstiges Opferlamm sind, das seinen düsteren religiösen Kult im Land der Knuddelwesen an die Macht bringen will, macht das Ganze zum schrägen Unikat, das auch spielerisch überzeugt. Ganz frisch – und eindeutig das Game of the Moment. (Rainer Sigl, 14.8.2022)