Neuwahlen im Bund lehnt Peter Hanke ab, seine Entscheidung für die Bundespräsidentenwahl ist bereits gefallen.

Foto: Robert Newald

Besondere Kulissen sind das Markenzeichen der "MTV Unplugged"-Konzertreihe, die diesmal beim Filmfestival auf dem Wiener Rathausplatz auf dem Programm steht. Und eben dieses Festival hat Stadtrat Peter Hanke als Interviewkulisse auserkoren. Damit Europa sozusagen "plugged", also mit Energie versorgt bleibt, brauche es gemeinsamen Verzicht, sagt er.

STANDARD: Herr Stadtrat, duschen Sie schon kalt?

Hanke: Nein. Aber ja: Energiesparen ist auch bei mir zu Hause ein Thema. Und natürlich überlegen wir, wie unser Beitrag aussehen kann.

STANDARD: Wie sieht der aus?

Hanke: Ich habe letztes Jahr eine Photovoltaikanlage angeschafft und schränke mich bei der Raumtemperatur ein, die ist bei mir schon immer relativ niedrig.

STANDARD: Sind 19 Grad genug?

Hanke: Absolut. Jedes Grad bringt sechs Prozent Energieeinsparung. Wenn sich in einer Zwei-Millionen-Stadt alle einschränken, bringt das in der Energiebilanz einiges.

STANDARD: Spürt man in Ihrer Gehaltsklasse die Teuerung überhaupt?

Hanke: Ja. Wenn sich das gewohnte Niveau an Lebenskosten verschiebt, merkt man das. Man muss sich aber nicht um mich Sorgen machen, sondern ich mache mir Sorgen um die, die nicht die Möglichkeit haben, einen Ausgleich oder eine Reduktion vorzunehmen. Deshalb stellen wir auch mehr als 250 Millionen Euro an Unterstützung bereit.

STANDARD: Diese Zuschüsse sind Einmalzahlungen – keine langfristige Perspektive. Reicht das?

Hanke: Nein. Es braucht auch langfristige strukturierte Unterstützung – zum Beispiel durch entsprechende Gehaltsabschlüsse oder durch die Zurückhaltung von Produzenten, die Preise auf ein unangemessenes Niveau heben. Auf europäischer Ebene muss etwa der Strom- vom Gaspreis entkoppelt werden – dafür sollte sich die Bundesregierung massiv einsetzen. Aber wir müssen auch akzeptieren, dass es liberalisierte Märkte gibt in Österreich. Im Energiesektor bedeutet das, dass Landesgesellschaften wie die Wien Energie ihre Produkte nicht unter den Entstehungskosten anbieten können. Das würde dem Wettbewerbs- und EU-Recht widersprechen. Deshalb ist die Forderung, wir mögen uns bei der Preisentwicklung zurückhalten, zu kurz gedacht.

Dass im ebenfalls rot regierten Burgenland die Strom- und Gaspreise im Herbst nicht erhöht werden, ist für Hanke eine kurzfristige Verschiebung des Themas – "und leider auch nicht mehr".
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STANDARD: Sie verteidigen die Preiserhöhung bei der Wien Energie. In Niederösterreich, wo genau dasselbe passiert, kritisiert SPÖ-Chef Franz Schnabel die Preiserhöhung der EVN. Kennt er sich zu wenig aus?

Hanke: Liberalisierte Märkte lassen nur eine Entwicklung zu. Alles andere würde gegen geltendes Gesetz verstoßen. Es gibt keine Alternative zur Energiepreiserhöhung.

STANDARD: Warum erhöht dann das Burgenland nicht sofort?

Hanke: Das Burgenland wird mit 1. Jänner die Preise erhöhen. So gesehen ist das eine kurzfristige Verschiebung des Themas und leider auch nicht mehr.

STANDARD: Im Burgenland stehen Gemeinderatswahlen an. Ist das nur ein Wahlkampf-Gag des roten Landeschefs Hans Peter Doskozil?

Hanke: Ich maße mir nicht an, Ratschläge zu geben.

STANDARD: Fehlt der SPÖ die stringente Linie bei der Teuerung?

Hanke: Ich stehe hinter den Forderungen unserer Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner: Es ist notwendig, eine Strompreisbremse zu generieren. Auch dahinter, dass man zeitlich begrenzt die Steuern auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs aussetzt. Trotzdem dürfen wir unser Ziel, 2040 klimaneutral zu sein, nicht aus den Augen verlieren. Darum fördern wir massiv die Wärmedämmung. Da bedarf es auch einer Unterstützung vom Bund.

STANDARD: Was halten Sie von dem Stromrechnungsdeckel, den die Bundesregierung diskutiert?

Hanke: Er ist ein interessantes Modell, das auf den durchschnittlichen Mengenbedarf des Haushalts abstellt und hier einen Preis fixieren könnte und gleichzeitig das Thema Energiesparen nicht ausblendet. Dabei kann man auch die Preisliberalisierung weiterhin leben lassen. Den Mix aus Fixierung und variablem Teil halte ich für vernünftig.

Auf einen durchschnittlichen Wiener Haushalt kommen wegen der Erhöhung der kommunalen Gebühren ab 1. Jänner 2023 voraussichtlich weniger als fünf Euro Mehrkosten pro Monat zu, sagt Hanke.
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STANDARD: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat zunächst eine Erhöhung der kommunalen Gebühren ab 2023 angekündigt, Sie relativierten diese Aussage. Was gilt nun?

Hanke: Ich stehe zu 100 Prozent zum Valorisierungsgesetz. In Wien funktionieren Kanal, Frischwasser und Müllentsorgung auf höchstem Niveau. Das wollen wir halten. Auch sind wir gezwungen, betriebswirtschaftlich zu akzeptieren, dass es die Teuerung gibt. Nächste Woche wissen wir, wie hoch der monatliche Mehrbetrag genau ist, und können ihn kommunizieren. Er wird ein niedriger einstelliger Betrag sein für einen durchschnittlichen Haushalt.

STANDARD: Rechnet man die Werte der letzten Gebührenerhöhung auf die aktuellen um, dürfte ein Haushalt pro Monat in etwa fünf Euro mehr zahlen. Stimmt das?

Hanke: Es wird wohl sogar weniger sein. Aber warten wir den Indexwert der Statistik Austria ab und machen Politik auf Basis von Fakten.

STANDARD: Die Erhöhung betrifft Kanal, Wasser- und Müllgebühren. Parkgebühren waren letztes Mal ausgenommen, werden sie nun erhöht?

Hanke: Parkscheine werden angepasst, das Parkpickerl nicht.

STANDARD: Und die Öffi-Tickets?

Hanke: Wir stehen zur Mobilitätswende. Deshalb halten wir die 365-Euro-Jahreskarte genau dort. Auch der Einzelfahrschein wird bis Ende des Jahres jedenfalls nicht verändert. Aber man darf nicht realitätsfremd werden: Leider werden in Zukunft wohl Anpassungen notwendig werden.

STANDARD: Heuer ist die Weihnachtsbeleuchtung am Ring gestrichen, ansonsten wird sie eine Stunde später eingeschaltet. Wird der Christbaum auf dem Rathausplatz beleuchtet?

Hanke: Ja. Es geht um sinnvolles Sparen, nicht nur um Symbolpolitik. Wo es ohne zusätzliche Beleuchtung geht, halten wir uns zurück.

STANDARD: Wo will Wien sparen?

Hanke: Die Wärme ist der größte Bereich – da gibt es etwa bei den Unternehmen der Wien Holding Möglichkeiten: Ganz konkret auch bei den Museen. Dort prüfen wir derzeit, ob man mit einer geringeren Temperatur auskommen könnte, ohne den Gast und die Frequenz negativ zu beeinflussen.

STANDARD: Die SPÖ Wien hat Koalitionserfahrung mit den Grünen sowie den Neos. Wie stehen Sie zu einer Ampelkoalition im Bund?

Hanke: Man sollte nicht vorschnell einzelne Partner oder Personen ausschließen, sondern vernünftig Politik betreiben. Die Bundesregierung ist gewählt. Wir sollten uns der Entschärfung dieser Krise widmen und nicht Überlegungen einer Koalition.

STANDARD: Ist Ihnen eine große Koalition lieber?

Hanke: Ich möchte mich nicht festlegen. Es hat sich aber immer wieder in dieser Republik gezeigt, dass bewährte Kräfte, die politisch erfahren sind und Regierungsthemen bereits abgebildet haben, einen Vorteil haben. Die besten Köpfe für die Republik sind ausschlaggebend.

STANDARD: Die Regierung steht bei der Halbzeit. Trotzdem werden Neuwahlen gefordert. Auch von Ihnen?

Hanke: Die Regierung ist gefordert, in Krisensituationen zusammenzustehen. Ich erwarte mir, dass regiert wird, und halte nichts davon, permanent von Neuwahlen zu reden.

STANDARD: Die SPÖ steht in Umfragen gut da. Manche sagen, es sei die Schwäche der anderen, nicht die Stärke der Partei. Ist denn für Sie die Frage der Spitzenkandidatur geklärt?

Hanke: Unsere Parteivorsitzende hat gute Umfrageergebnisse. Sie hat gezeigt, dass sie Verantwortung übernehmen will. Die Diskussion sollten wir jetzt nicht führen.

STANDARD: Das ist kein Ja.

Hanke: Ein klares Ja für unsere Parteivorsitzende. Sie macht einen guten Job. Warum sollte man da Alternativen suchen?

STANDARD: Die SPÖ hat niemanden zur Bundespräsidentschaftswahl aufgestellt. War das richtig?

Hanke: Ja. Alexander Van der Bellen wird meine Stimme bekommen. (Oona Kroisleitner, Stefanie Rachbauer, 12.8.2022)