In Domenico Cimarosas Intermezzo "Il maestro di cappella" schwingt sich tatsächlich ein Sänger zum Kapellmeister auf!
Foto: Bernd R. Bienert

Wien – Richard Wagners Ring des Nibelungen als vierteilige Seifenoper à la RTL mit den Gibichungen als prollreiche, gachblonde Geissens? Gerade in Bayreuth zu erleben. Mozarts Zauberflöte als Höllenfahrt in die Schlachtengemetzel des Ersten Weltkriegs? Gegenwärtig bei den Salzburger Festspielen zu sehen. Wer beim Musiktheater allerdings eher schreckhaft auf beherzte Regiezugriffe reagiert, ist jedenfalls beim Teatro Barocco auf der sicheren Seite.

Hier macht der ehemalige Choreograf Bernd R. Bienert seit nunmehr zehn Jahren Oper wie damals. Und zwar so richtig: Bei seinen Aufführungen von Raritäten aus dem barocken Opernrepertoire wird nicht nur historisch informiert musiziert, sondern auch inszeniert. Zum Klang von vibratoarm gestrichenen Darmsaiten gesellen sich auf optischem Gebiet exaltierte Gesten in luxuriösen Kostümen, von gemalten Kulissen umrahmt und simuliertem Kerzenlicht beleuchtet. Mon Dieu, was hätte Marie Antoinette wohl für ein Pläsier daran gehabt!

Musik des Alten

In diesem Sommer setzt Bienert solcherart einen tragischen Einakter von Komponist Ignaz Holzbauer in Szene: Den Tod der Dido hat der gebürtige Wiener 1779 für den Kurfürstlichen Hof von Mannheim geschrieben, seine zentrale Wirkungsstätte. Meister Mozart schaute an diesem musikhistorischen Hotspot zwei Jahre zuvor auf der Reise nach Paris vorbei und urteilte über die Musik des "alten Manns" bei dieser Gelegenheit anerkennend: "Er schreibt sehr gut." Nun kann man beim Teatro Barocco den Tod der Dido in Österreich erstmals auf Deutsch erleben, während man sich vor der Pause von einem perückenlastigen Intermezzo unterhalten lassen kann.

In Domenico Cimarosas Il maestro di cappella schwingt sich ein Sänger zum Kapellmeister auf und kommandiert das überraschte Orchester – hier also das Ensemble Teatro Barocco unter der Leitung von Dirigent Christoph U. Meier – ganz schön herum. Als Dido sterben übrigens alternierend Elena Sverdiolaitë und Katharina Adamcyk, den selbsternannten Kapellmeister gibt Jinxin Chen. (Stefan Ender, 14.8.2022)