Gedacht zum Abfedern der in die Höhe schießenden Energiepreise, sollte die breite Masse der Haushalte von dem 150-Euro-Energiegutschein profitieren.

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Gut gemeint heißt nicht automatisch gut gemacht. Das zeigt sich etwa beim 150-Euro-Energiegutschein. Gedacht zum Abfedern der in die Höhe schießenden Energiepreise, sollte die breite Masse der Haushalte davon profitieren.

Das war der Plan, den die Regierung Ende Jänner, noch vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, verkündet hat. Wie sich nun herausstellt, dürften Zigtausende durch die Finger schauen, falls nicht noch nachgebessert wird – darunter Personen, die das Geld jetzt besonders dringend bräuchten.

Betroffen sind unter anderem Menschen, die in einer Gemeinschaft wohnen, etwa in einer Seniorenresidenz. Hier hat in der Regel nur der Vermieter einen Vertrag mit dem Stromlieferanten. Dort wohnende Personen haben meistens Subzähler installiert – die sind aber nicht registriert.

Ohne Zählpunktnummer und Stromvertrag fehlt Betroffenen die Möglichkeit, einen Energiekostenzuschuss zu beantragen. Den Gutschein einlösen kann nur, wer einen aufrechten Stromvertrag, eine Zählpunktnummer und den Hauptwohnsitz ebendort hat. Und – er oder sie darf nicht mehr als 55.000 Euro brutto (110.000 Euro bei Mehrpersonenhaushalten) verdienen.

Wer durch die Finger schaut

Eine zweite Personengruppe, die vom Gutschein nichts hat, sind Studenten und Studentinnen, die in Wohngemeinschaften (WGs) leben. Auch dort läuft der Stromvertrag in der Regel auf den Namen des Vermieters. Der hat den Hauptwohnsitz aber möglicherweise ganz woanders gemeldet. Die WG-Bewohner müssen zwar die höheren Stromkosten tragen, erhalten aber keine 150 Euro.

Selbst ein klassisches Mietverhältnis heißt nicht automatisch, dass man die 150 Euro bei der Jahresabrechnung geltend machen kann. Nach Angaben von Energieversorgern ist es bei vermieteten Objekten durchaus üblich, dass der Stromliefervertrag auf den Vermieter läuft. Dieser rechnet die Kosten dann mit dem Mieter ab. Mieter oder Mieterin haben zwar den Hauptwohnsitz dort und auch eine Zählpunktnummer; sie können den Zuschuss aber dennoch nicht in Anspruch nehmen, weil der Liefervertrag von einer dritten Person unterschrieben ist.

Darüber hinaus gibt es Konstellationen, wo sich beispielsweise die Tochter im Haus der Eltern eine eigene Wohnung im ersten Stock einrichtet und der Sohn möglicherweise in den ausgebauten Schuppen zieht. Statt einer gibt es zwei oder drei Wohneinheiten unter einem Dach; der Stromliefervertrag läuft aber wie gehabt auf eine Person, die anderen schauen durch die Finger.

Telefone laufen heiß

Bei der Arbeiterkammer (AK) jedenfalls laufen seit geraumer Zeit die Telefone heiß. "Es sind weniger Anfragen als Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem Energiegutschein an uns herangetragen werden", sagt Sandra Matzinger, Expertin für Energiefragen der AK Wien, im Gespräch mit dem STANDARD. Ein Umstand, an dem sich die AK zuletzt gestoßen hat, ist seit Freitag vom Tisch: Das Finanzministerium hat eine Fristerstreckung zugesichert.

DER STANDARD

Falls kein Gutschein mit der Post angekommen ist, dieser verlegt oder falsch eingereicht wurde, kann noch bis Ende Oktober ein neuer angefordert werden. Ursprünglich hätte die Frist Ende August geendet. Parallel ist auch die Frist für die Einlösung des Gutscheins von Ende Oktober auf Ende Dezember verlängert worden. Der Gutschein kann wie bisher über die Energiekostenausgleich-Hotline (050 233 798) und ab sofort auch online (energiekostenausgleich.gv.at) angefordert werden.

Zu bürokratisch und kompliziert

Von den bisher eingereichten gut zwei Millionen Gutscheinen sind von den Energieversorgern nach Auskunft des Finanzministeriums mehr als 860.000 Gutscheine verarbeitet und bei der Jahresabrechnung berücksichtigt worden. "Zu bürokratisch und kompliziert" sei das Ganze, moniert nicht nur die AK.

"Wir haben vom Bundesrechenzentrum mehrere Tausend Ablehnungen bekommen, weil der Name nicht mit dem im Zentralen Melderegister registrierten übereingestimmt hat, und sei es, weil ein Buchstabe vergessen wurde oder ein anderer Fehler aufgetreten ist", sagt EVN-Sprecher Stefan Zach.

Allein in Niederösterreich gibt es an die 600.000 Anspruchsberechtigte. Bisher habe man vom Bundesrechenzentrum knapp 84.000 Datensätze übermittelt bekommen, sagt Zach. Alle bemühten sich, dennoch passierten immer wieder Fehler. (Günther Strobl, 14.8.2022)