198 Affenpockenfälle gibt es mit Stand 12. August in Österreich. 57 Menschen gelten als genesen.

Foto: IMAGO/Bihlmayerfotografie

Auch in Österreich gibt es immer mehr Affenpockenfälle, mittlerweile sind es 198. Die allermeisten Infektionen gibt es innerhalb einer beschränkten Risikogruppe. Trotzdem sind viele besorgt. Kommt die nächste Pandemie? Und wie gut schützt die Impfung? DER STANDARD beantwortet die drängendsten Fragen.

Frage: Die WHO und die USA haben einen Notstand aufgrund der Affenpocken ausgerufen. Was bedeutet das konkret?

Antwort: Als "Notlage von internationaler Tragweite" stufte die WHO die Infektionskrankheit im Juli ein. Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus betonte die Gefahr einer weiteren internationalen Verbreitung, "auch wenn das Risiko einer Beeinträchtigung des internationalen Reiseverkehrs gering bleibt". Die Notlage ist in erster Linie ein Aufruf, tätig zu werden. Die höchste Alarmstufe soll die Regierungen dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen. Die USA haben den nationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen, um so Mittel des Bundes zur Virusbekämpfung freimachen zu können.

Frage: Woran erkennen Infizierte, dass sie erkrankt sind?

Antwort: Die Symptome beginnen ein bis drei Wochen nach Kontakt und sind am Anfang relativ unspezifisch, erklärt der Molekularbiologe Martin Moder: "Man hat Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, geschwollene Lymphknoten, ähnlich einer Grippe." In weiterer Folge kommt ein Hautausschlag mit kleinen Pusteln dazu, das Sekret daraus ist infektiös. Nach zwei bis vier Wochen verkrusten die Pusteln und fallen ab, dann ist die Infektion wieder vorbei. In seltenen Fällen kommt es zu schweren Verläufen und in Ausnahmefällen sogar zum Tod. Aus Spanien wurden zuletzt zwei Todesfälle gemeldet.

DER STANDARD

Frage: Werden die Verläufe ärger?

Antwort: Bei sich neu ausbreitenden Erkrankungen sei das schwierig zu beurteilen, sagt Moder. Eine in Nature Medicine erschienene Studie schätzt die Sterblichkeit auf unter ein Prozent – das ist deutlich niedriger als bei Sars-CoV-2, bevor die Impfstoffe kamen. "Und man muss nicht mit gefährlichen Mutationen rechnen, diese Art von Virus ist recht stabil." Die "echten" Pocken wurden von der gleichen Virengattung verursacht, die mutierte so wenig, dass man den Impfstoff dagegen nie anpassen musste.

Frage: Wer gehört zur Risikogruppe?

Antwort: Im Moment sind vor allem Männer betroffen, die Sex mit anderen Männern haben. "Wenn ein Erreger innerhalb eines engen Kontaktnetzwerks auftritt, kann er sich dort meist länger ausbreiten, bevor er vermehrt in andere Kontaktnetzwerke übergeht", erklärt Moder. Gesundheitsminister Johannes Rauch betont dazu: "Einer Stigmatisierung von homosexuellen Männern wirken wir durch vermehrte Aufklärung und vorbeugende Impfung in Risikogruppen aktiv entgegen. Das Virus unterscheidet nicht nach dem Geschlecht oder der sexuellen Orientierung."

Frage: Wie kann man sich schützen?

Antwort: Da für eine Infektion wirklich enger Kontakt notwendig ist, muss man keine Angst haben, sich im täglichen Leben anzustecken, etwa in der U-Bahn oder über Türklinken. Gehört man zur Risikogruppe, sollte man aber "besonders achtsam auf mögliche Symptome sein und diese im Zweifelsfall abklären lassen", sagt Moder.

Frage: Wie wirksam ist die Impfung? Ist genügend Vakzin vorhanden?

Antwort: Die Impfung bietet guten Schutz, betont Moder: "Sie wirkt auch, wenn man schon Kontakt hatte. Innerhalb der ersten vier Tage hat man sehr gute Chancen, den Ausbruch von Symptomen komplett zu verhindern, innerhalb der ersten zwei Wochen lässt sich im Normalfall die Krankheitsschwere reduzieren." Rund 4.300 Dosen des Vakzins von Imvanex/Jynneos wurden laut Gesundheitsministerium bereits geliefert. Diese werden primär direkten Kontaktpersonen von bestätigten Fällen sowie Laborpersonal verabreicht, entsprechend den Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums. Das Ministerium arbeite außerdem laufend daran, zusätzliche Impfstoffmengen zur Verfügung zu stellen. Dabei handelt es sich um einen Impfstoff gegen die "echten" Pocken, der auch gegen Affenpocken wirksam ist. Da die Infektionskrankheit im Jahr 1980 für ausgestorben erklärt wurde, liegt weltweit nicht viel Impfstoff auf Lager, er muss erst produziert werden.

Frage: Gibt es Nebenwirkungen?

Antwort: Die ursprüngliche Pockenimpfung rief tatsächlich einige Nebenwirkungen hervor, unter anderem eine Narbe am Oberarm, weil es sich dabei um einen vermehrungsfähigen Impfstoff handelte. Mittlerweile gibt es einen nichtvermehrungsfähigen Impfstoff, der deutlich besser verträglich und nebenwirkungsärmer ist. Dieser wird in Österreich verimpft.

Frage: Gibt es Medikamente?

Antwort: Ja, eines, das ziemlich sicher wirkt. Es heißt Tecovirimat, auch als TPOX bekannt. Das hemmt den Teil des Virus, der die Virushülle bildet, erklärt Moder, es kann sich nicht so gut vermehren. Wie gut es tatsächlich wirkt, kann man aber nicht sagen, da es bisher noch nie so viele Fälle von Affenpocken beim Menschen gab. Case-Studies zeigen, dass es die Dauer der Erkrankung und Ausbreitung des Virus reduzieren kann.

Frage: Ist eine weitere Pandemie, ähnlich Sars-CoV-2, zu befürchten?

Antwort: Nein. Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass sich das Affenpockenvirus beim Menschen dauerhaft etablieren könnte, vor allem mit steigenden Infektionszahlen und länger werdenden Infektionsketten. Trotzdem könne man es nicht mit dem Coronavirus vergleichen, betont Moder: "Die Affenpocken sind deutlich weniger ansteckend und treten überwiegend innerhalb einer klar definierbaren Risikogruppe auf. Gesellschaftsstoppende Maßnahmen wie Lockdowns werden deshalb mit sehr großer Sicherheit nicht notwendig sein." (Pia Kruckenhauser, 16.8.2022)