Wegen ausgefallener Importe aus Russland müssen Gasimporteure den Fehlbetrag durch den kurzfristigen Ankauf teurerer Mengen ausgleichen. Das führt dazu, dass diese Unternehmen Verluste schreiben. Die Mehrkosten werden ab Oktober an die Endverbraucher weitergegeben.

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Berlin – Um Gasimporteure zu stützen, müssen Kunden in Deutschland ab dem Herbst deutlich mehr für ihr Gas bezahlen. Die Höhe der staatlichen Gasumlage wird bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde liegen. Das teilte die Firma Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber in Deutschland, am Montag in Ratingen mit. Mit der Umlage werden erhöhte Beschaffungskosten von Importeuren an die Kunden weitergegeben.

Bei einem Haushalt mit Einfamilienhaus und einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden betragen die Mehrkosten demnach rund 484 Euro im Jahr. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer. Die deutsche Regierung will allerdings verhindern, dass diese fällig wird.

Ab Oktober gültig

Das deutsche Wirtschaftsministerium ging zuletzt von einer Spanne von 1,5 bis 5 Cent je Kilowattstunde aus. Die Umlage gilt ab Anfang Oktober. Sie werde aber nicht unmittelbar auf den Rechnungen sichtbar werden, sondern zwischen November und Dezember, so das Ministerium. Es gebe aus Verbraucherschutzgründen Ankündigungsfristen im Energiewirtschaftsgesetz von vier bis sechs Wochen, die eingehalten werden müssten.

Das Wirtschaftsministerium sieht die Umlage als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Dieser habe die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Russland habe seit Mitte Juni seine Gasimportmengen nach Deutschland in unberechenbarer Weise reduziert, damit eine künstliche Energieknappheit geschaffen und die Preise in die Höhe getrieben. Dieser "externe Schock" treffe Deutschland besonders, das bisher stark von günstigem Gas aus Russland abhängig war.

Mehrkosten weitergegeben

Gasimporteure aber haben Lieferpflichten gegenüber ihren Kunden, vor allem gegenüber Stadtwerken. Die Importeure können diesen Lieferpflichten nur gerecht werden, indem sie die ausgefallenen Mengen aus Russland durch den Kauf deutlich teurerer Mengen am Kurzfristmarkt ersetzen. Bisher können diese Mehrkosten nicht weitergegeben werden.

Die Folge: Bei Importeuren sind erhebliche Verluste entstanden. Deswegen hat der deutsche Bund mit dem Versorger Uniper ein milliardenschweres Rettungspaket vereinbart – und im Zuge dessen auch die Gasumlage. Diese kommt zusätzlich zu marktbedingten Preissteigerungen, die schrittweise bei den Kunden ankommen.

Starke Auswirkung auf Inflation

Die geplante Einführung der Gasumlage hat Topökonomen zufolge stark negative Folgen für die deutsche Konjunktur. "Zusammen mit dem auslaufenden Tankrabatt und dem Wegfall des Neun-Euro-Tickets kann der Anstieg der Gaspreise zu zweistelligen Inflationsraten im Herbst führen", sagte der Regierungsberater und Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Jens Südekum, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer erwartet, dass die Inflationsrate, die zuletzt dank des Tankrabatts und 9-Euro-Tickets auf 7,5 Prozent gefallen ist, im Oktober und November auf deutlich über 9 Prozent steigen wird. "Das ist für die Verbraucher ein massiver Kaufkraftverlust", sagte Kräner.

Entlastungen geplant

Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat auf EU-Ebene um eine Ausnahme gebeten, damit Deutschland auf die geplante staatliche Gasumlage keine Mehrwertsteuer erheben muss. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Bürgerinnen und Bürgern angesichts der stark gestiegenen Energiepreise zusätzliche Entlastungen zugesichert.

Auch der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger, sagte er am Montag nach Bekanntgabe der Höhe der Umlage. Außerdem sollten Hilfsprogramme für die Wirtschaft verlängert werden. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) fordert angesichts der steigenden Kosten, die Privathaushalte weiter zu entlasten. (APA, 15.8.2022)