SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner holte sich im Kampf gegen die Inflation Verstärkung durch Volkswirtschaftsprofessor und Ex-Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny.

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Wien – Die SPÖ hat ihr Fünf-Punkte-Programm zur Dämpfung der sprunghaft gestiegenen Inflation nachgebessert. Flankiert vom früheren Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny ging es Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Dienstag vor allem um drei Maßnahmen, mit denen der großteils "importierten Inflation" der Kampf angesagt werden sollte. "Man kann nicht endlos Gutscheine verteilen und der steigenden Inflation zusehen", sagte Rendi-Wagner.

Die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer (MwSt) sollte sich nun nicht nur auf Grundnahrungsmittel beziehen, sondern generell auf lebensnotwendige Güter. Hier sollte der Staat die MwSt (aktuell zehn Prozent) vorübergehend ganz aussetzen, nicht nur senken.

Miniwarenkorb viel teurer

Spezifiziert, um welche Güter es sich dabei handeln sollte, wurde der Vorschlag nicht. Die Richtung ist jedoch klar, denn der Preisanstieg im sogenannten Miniwarenkorb, der beispielsweise für Pensionisten als maßgeblich gilt, sei mit 18,8 Prozent deutlich höher als im "normalen" Warenkorb der Statistik Austria, zeigten sich Rendi-Wagner und Nowotny überzeugt.

Beim Miniwarenkorb werden zahlreiche Produkte ausgeschieden und jene Produkte eingebaut, die typischerweise von einem Haushalt innerhalb einer Woche eingekauft werden. Darunter befindet sich natürlich Treibstoff, weil das Autofahren für Beruf und Freizeit am Wochenende benötigt wird. Der Unterschied liegt in der Gewichtung, denn entscheidend ist, wie sich die Preise der Lebensmittel im Betrachtungszeitraum verändert haben. Der Miniwarenkorb soll ein realistischeres Bild ermöglichen, wie es um den Einkauf für das tägliche Leben bestellt ist. Die Regierung mache eindeutig zu wenig gegen die Inflation, und das auch noch zu spät. Im Fall der Einführung eines Preisdeckels auf Strom wäre die Forderung einer Mehrwertsteuersenkung obsolet, allerdings müsste es dann auch einen Preisdeckel auf Gas geben.

Verteilungswirkung?

Volkswirtschaftsprofessor Nowotny sieht im vorübergehenden Aussetzen der Mehrwertsteuer übrigens nicht die vielkritisierte Gießkanne, es sei sehr wohl soziale Treffsicherheit gegeben. "Die Verteilungswirkung wäre jedenfalls da, weil Haushalte mit niedrigen Einkommen verhältnismäßig mehr für die teurer gewordenen Lebensmittel ausgeben." Die Gefahr, dass die Handelsketten die Entlastung nicht weitergeben, sondern die Differenz einstreifen, sieht Nowotny limitiert. Denn der Wettbewerb zwischen den Handelsketten sei groß, diese könnten es sich wohl nicht leisten, die MwSt-Senkung nicht weiterzugeben. Dafür würden Preiskämpfe mit Sonderangeboten sorgen.

Mieten einfrieren

Darüber hinaus empfiehlt Nowotny die Aussetzung der Erhöhung der Kategorie- und Richtwertmieten – ein Lieblingsthema der Sozialdemokraten, bei dem der Zug für heuer allerdings bereits im Juni abgefahren ist. Die Regierung verzichtete auf diesen Eingriff. Sie treffe damit insbesondere junge Menschen, wie Rendi-Wagner betonte. "Die Inflation ist kein Naturereignis, dem man hilflos zusehen muss. Es braucht eine Trendumkehr bei der Inflation, damit die Preise nicht stärker steigen."

Lenkungswirkung CO2-Preis

Wenig überraschend ist die dritte Forderung der SPÖ, jene nach einer Verschiebung der CO2-Abgabe, die – zeitgleich mit der Auszahlung des Klimabonus – im Herbst eingeführt werden soll. "Die CO2-Abgabe wurde in einer Zeit konzipiert, wo die Inflationsentwicklung wesentlich geringer war", sagt Nowotny. "Die im politischen Konsens getroffene Lenkungswirkung ist durch die Marktpreisentwicklungen längst übererfüllt", attestiert Nowotny. Es gehe nicht darum, die Lenkungswirkung von Preisen abzuschaffen, sondern darum, "problematische Zusatzkosten" zu vermeiden. Wie die Aussetzung der Mehrwertsteuer würde auch die Verschiebung der CO2-Bepreisung sofort wirken. (ung, 16.8.2022)