Es ist Zeit. Eine nahezu ewig heilige Kuh muss jetzt vorgeführt werden. Aber nicht, um sie zu schlachten, sondern um zu sehen, wie sich ihr Futterbedarf in der modernen (Arbeits-)Welt verändert hat. Denn angesichts der zu Mariä Himmelfahrt erneut notwendigen Blockabfertigung der Schlangen vor Wiener Lebensmittelgeschäften an den Bahnhöfen zeigt sich der Bedarf für Diskussion zur Liberalisierung der Sonntagsöffnung in Österreich. Die letzte bundesweit große Aufregung dazu hatte das Team Stronach 2015 angezettelt – verkauft als Maßnahme gegen die damals hohe Arbeitslosigkeit.

Sonntagsarbeit kann keine Verpflichtung sein, sondern eine Möglichkeit.
Foto: imago images/Michael Gstettenbau

Darum geht es jetzt, in der derzeitigen Arbeitsmarktlage, nicht. Auch nicht darum, Familien ihren Sonntagstisch durch Abwesenheit eines Elternteils zu ruinieren. Sonntagsarbeit kann keine Verpflichtung sein, sondern eine Möglichkeit. Etwa für Studierende. Etwa für Personen, die ihre Erwerbsarbeit stückeln wollen. Dass Mütter oft nur dann arbeiten können, wenn der Partner bei den Kindern ist, ist nicht gut. Aber leider noch Realität. Und zumindest wäre es jetzt auch denkbar, dass eine Liberalisierung der Öffnungszeiten außerhalb der Tourismuszonen Kleinunternehmern oder Familienbetrieben neue Geschäftschancen eröffnet, dass solcherart vielleicht sogar ein kleiner Gründerboom entsteht. Für das soziale Gefüge, gegen die Vereinzelung und Vereinsamung, wären belebte Geschäfte am Sonntag jedenfalls gut. (Karin Bauer, 17.8.2022)