In den Hügeln südlich von Hebron wurde das Gebiet Masafer Yatta von Israel zur Truppenübungszone erklärt. Immer wieder wird dort Infrastruktur zerstört.

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Sie wohnen in Steinhöhlen in den Hügeln der judäischen Wüste und leben als Selbstversorger von Schafzucht und Anbau auf kargem Grund, wenn man sie lässt: Die rund 40 Einwohner des Dorfes Qvavis in den Bergen südlich von Hebron im Westjordanland. Es sind diverse EU-Projekte, die den Bauern in der Region das Überleben sichern: Wasserpumpen, Brunnen, einfache Schulbauten, Solaranlagen. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen, weil die israelische Armee die Strukturen abreißt. Begründet wird das stets mit fehlenden Baubewilligungen, allerdings werden solche Genehmigungen kaum erteilt.

Dass Infrastruktur in ohnehin unterversorgten Gegenden abgerissen wird, sorgt regelmäßig für Protestnoten der EU-Vertretungen vor Ort. An der Praxis ändert sich jedoch nichts. Europa lässt erneut Geld fließen, die Struktur wird neu gebaut – und einige Zeit später wieder abgerissen.

Die 13 Solarpaneele, die das Dorf Qvavis mit Strom versorgen, haben immerhin seit 2011 Bestand. Am Sonntag änderte sich das. Die Solaranlage wurde vom israelischen Militär konfisziert. Auch ein Protest der Anwälte des Anlagenbauers brachte kein Einlenken. Seither steht das Dorf ohne Stromversorgung da. Nahrung und Medikamente können nicht gekühlt werden, die Wasserpumpe ist außer Betrieb.

Die Konfiszierung wurde vom Militär auch in diesem Fall damit begründet, dass die Anlage ohne Bewilligung errichtet wurde.

Unverständnis von Errichterseite

Unverständnis dafür zeigt Elad Orian, Gründer von Comet-ME, einer Organisation für den Aufbau erneuerbarer Energieversorgung in entlegenen Gebieten. Comet-ME hat die Solaranlage in Qvavis errichtet. "Die Paneele stehen dort seit 2011", sagt er. Orian gesteht ein, dass es wegen bürokratischer Verzögerungen und eines Rechtsstreits mit den Behörden noch keine formale Bewilligung gibt. Jener Masterplan, den sein Unternehmen vor drei Jahren eingereicht hat, wird aber immer noch von der Verwaltung geprüft. "Es ist eigentlich gute Geschäftspraxis, dass keine Amtshandlungen gesetzt werden, solange der Prüfprozess im Gange ist", sagt er.

Hinter den aktuellen Vorgängen steckt ein grundsätzlicher Konflikt: Israel hält das Westjordanland seit 1967 besetzt. In manchen Gebieten hat die Palästinenserbehörde Verwaltungshoheit, doch in jener Zone, in der auch Qvavis liegt, hat Israel das Sagen. Als Besatzungsmacht wäre Israel völkerrechtlich verpflichtet, für die nötigste Infrastruktur zu sorgen, doch das geschieht hier nicht. "Wir erledigen eigentlich die Arbeit der israelischen Verwaltung", sagt Orian.

Militärische Übungen im Wohngebiet

Israelische Menschenrechtsorganisationen sprechen von einer schleichenden Vertreibung der ansässigen Bevölkerung in den Hügeln südlich von Hebron. Ein Teil dieses Gebiets, Masafer Yatta, wurde von Israel zur Truppenübungszone erklärt. In den vergangenen Monaten führte die Armee regelmäßig Übungen in bewohntem Gebiet durch. Verletzt wurde dabei niemand, eine Kugel blieb jedoch in einem Wohnhaus stecken.

Israels Höchstgericht entschied zuletzt, dass es den Dokumenten der Bewohner keinen Glauben schenkt, wonach diese schon lange vor der Umwidmung zur Feuerzone hier gewohnt hatten. Seither stehen die über 1.000 Menschen in Masafer Yatta unter ständiger Bedrohung, ihre Häuser und Gründe zu verlieren.

Das Dorf Qvavis, in dem die umstrittene Konfiszierung der Solaranlagen stattfand, liegt außerhalb der Truppenübungszone. Laut Comet-ME wurden die Solarpaneele vom deutschen Außenministerium finanziert. Eine Anfrage bei der deutschen Vertretung in den Palästinensergebieten blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 17.8.2022)