Wolfgang Petersen zeichnete für zahlreiche Filmklassiker verantwortlich. Das Foto stammt von 2016.

Foto: REUTERS/Hannibal Hanschke

Der Banküberfall hat als erwerbstätige Handlung im Wesentlichen ausgedient. Heute ist auf die Weise nicht mehr viel zu holen, wer es also noch versucht, zeigt sich als jemand vom alten Schlag. So war es denn auch zu verstehen, als Wolfgang Petersen 2016 den Film "Vier gegen die Bank" präsentierte: ein genuin altmodischer Beitrag, in dem vier männliche (Anti-)Helden es mit einem Geldinstitut aufnehmen. Für den Regisseur war es die Gelegenheit zu einem heiteren Alterswerk, zugleich eine Heimkehr aus Hollywood, von wo er auch das einschlägige Rezept mitbrachte, denn dort hatten sich Ansammlungen älterer Helden (gern rund um Sylvester Stallone) auch gerade bewährt. In Deutschland musste Wolfgang Petersen mit Til Schweiger Vorlieb nehmen.

Im selben Jahr 2016 war er auch in "Offene Wunde deutscher Film" von Dominik Graf und Johannes F. Sievert zu sehen, also in dem Versuch, die deutsche Filmgeschichte der letzten Jahrzehnte gegen den Strich zu lesen. Graf ist einer derjenigen, die gegen die Dominanz des Autorenkinos auf stärker populäre Formen setzen oder diesem zu ihrem Recht verhelfen wollen. Wolfgang Petersen, der in Berlin an der als politisch geltenden Filmhochschule DFFB studiert hatte, von dort aber schnurstracks zum Auftragsarbeiter für das Fernsehen avancierte, war da ein exzellentes Beispiel.

Man muss nicht immer von einem verrätselten Kunstwerk zum nächsten brüten (obwohl das natürlich auch eine Karikatur ist). Man kann sich auch mit ein paar Folgen "Tatort" den Kredit für den ersten richtigen Film verdienen, bei Petersen war das der Psychothriller "Einer von uns beiden" mit Klaus Schwarzkopf und Jürgen Prochnow, einem seiner lebenslangen Lieblingsschauspieler. Petersen radikalisierte danach auch seine Fernsehpraxis: Der "Tatort" mit dem Titel "Reifezeugnis" (1977) traf genau die Grenze zwischen spekulativem Skandalfilm und berechtigter Unterwanderung der deutschen Primetime-Biederkeit.

Vom deutschen Blockbusterkino nach Hollywood

"Das Boot"-Trailer.
Unseen Trailers

Das Serielle, das im "Tatort" wöchentlich zugleich stimuliert und unterdrückt wird, brachte Petersen dann mit einem wegweisenden Mehrteiler zum Durchbruch: Das Kriegsdrama "Das Boot" ebnete ihm dann den Weg zuerst zu deutschem Blockbusterkino ("Die unendliche Geschichte", 1982), dann nach Hollywood, wo er mit Clint Eastwood arbeitete ("In the Line of Fire", 1993) oder auch mit Brad Pitt ("Troja", 2004).

Legende neben Legende: Petersen neben Brad Pitt.
Foto: AP Photo/Jan Bauer

Anders als sein Kollege Roland Emmerich, der zunehmend stärker seine persönlichen Anliegen in seine Regiekarriere einfließen ließ, beschränkte sich Petersen auf die Funktion eines effizienten Handwerkers. Der gebürtige Hamburger war aber in gewisser Weise Avantgarde: Das aktuelle Zusammenwachsen von Kino und Streaming nahm er, in einer Welt, in der das Fernsehen noch an der Stelle von Netflix stand, schon vorweg.

Pandemiebedingte Pause

2021, mitten in der Corona-Pandemie, plante Petersen ein weiteres Regieprojekt in Deutschland – eine Liebesgeschichte um einen KGB-Agenten und eine junge Ostdeutsche, nach einer wahren Begebenheit, kurz vor dem Mauerbau. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Die Pandemie hatte den Regisseur zu einer längeren Pause gezwungen. Mit 80 Jahren lamentierte er darüber und hoffte auf eine baldige Rückkehr in den Arbeitsalltag. "Man muss ja auch mal wieder raus. Das Leben war für mich immer eine Reise durch die Welt, mit immer neuen Leuten und Teams." Am 12. August ist Wolfgang Petersen im Alter von 81 Jahren in seiner Wahlheimat in Brentwood, Kalifornien gestorben. (Bert Rebhandl, 17.8.2022)