Von Tradition bis Zukunft: Das Europäische Forum Alpbach wurde am 21. August eröffnet, dieses Jahr findet es wieder komplett in den Tiroler Bergen statt. Die Gesundheit findet sich in allen Thementracks wieder.

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Das Europäische Forum Alpbach hat eine lange Geschichte. Bereits 1945 wurde es in seiner Urform von Otto Molden und Simon Moser gegründet, über die Jahre hat es sich zu Österreichs bekanntester Denkfabrik entwickelt. 2021 übernahm der langjährige Erste-Group-Chef Andreas Treichl die Präsidentschaft von Franz Fischler – und mischte das altbekannte Procedere auf.

2021 war das Forum von Corona geprägt, es fand hybrid statt, sämtliche Veranstaltungen hatten begrenzte Teilnehmerzahlen Erst dieses Jahr, in dem die Großveranstaltung wieder komplett vor Ort stattfindet, können sich wesentliche Neuerungen richtig etablieren. Das sorgt auch für Kritik, die Änderungen beschäftigen vor allem die Gesundheitsbranche. Gab es früher ganz klar abgegrenzte "Gesundheitstage", an denen die Veranstaltungen zu diesem Thema gebündelt waren, findet jetzt alles viel vernetzter statt, man muss richtiggehend suchen im Programm nach jenen Diskussionen, die rund um das Thema Gesundheit stattfinden.

Diese mangelnde Sichtbarkeit des Themenkomplexes – der durch die Pandemie doch umso mehr ins Zentrum gerückt sei – sorgt für manche Unzufriedenheit. "Wir setzen im Forum auf vier große Themenbereiche, Sicherheit, Klima, Finanzen und Zukunft der Demokratie", erklärt Michaela Fritz, Vizerektorin für Forschung und Innovation an der der Med-Uni Wien und Vorstandsmitglied des Europäischen Forum Alpbach. "Dadurch findet man die Gesundheit nicht gleich in einer der großen Überschriften." Man habe das intensiv diskutiert, und es sei eine "mutige und wichtige Entscheidung, diese klassischen Gespräche, wie sie lange stattgefunden haben, aufzulösen".

Unterwegs zu mehr Interdisziplinarität

Fritz betont, man finde auch keine Gespräche mehr zu Politik, Wirtschaft und anderen klar abgegrenzten Themenbereichen: "Es stimmt, jetzt sieht man nicht mehr auf einen Blick, hier wird zu Gesundheit geredet. Es ist aber ein genauso wichtiges Thema wie in den Jahren davor." Dieser Schritt raus aus den Silos, wie Fritz es bezeichnet, sei extrem wichtig, er sei eine Entwicklung hin zu mehr Interdisziplinarität und Transdisziplinarität. "Jetzt muss man ein bisschen mehr im Programm suchen und bekommt nicht mehr alles auf dem Teller serviert, das vermissen manche. Aber man muss sich irgendwann verändern und weiterentwickeln."

Der Vorteil, den Fritz in der durchmischteren Organisationsform sieht: "Man kann dadurch neue Denkräume öffnen. Es geht ja auch darum, nicht immer die gleichen Themen mit den immergleichen Personen auf dem Podium zu diskutieren, sondern Gesprächsräume zu schaffen." Ohnehin sei die Pandemie ein so wichtiges und allumfassendes Thema, "dass sich das durch alle Tracks durchzieht, egal ob Klima, Finanzen oder Sicherheit. Gerade das ist ja das Spannende, dass man die Themen aus anderen Sparten in den eigenen Bereich hineinzieht. Die gesundheitliche Versorgung ist zum Beispiel auch im Security-Track ein wichtiges Thema."

Thema der Jungen

Wie präsent die Gesundheit im Forum ist, zeigt auch das Programm für die Stipendiatinnen und Stipendiaten. Fritz betont: "Für die Stipendiatinnen und Stipendiaten gibt es ein eigenes Seminar zu Gesundheitsthemen und Gesundheitssicherheit. Dieses unglaubliche intellektuelle und kreative Potenzial der Jungen ist jetzt nicht mehr irgendwo versteckt, sondern auch viel stärker integriert." Es stimme, all das sehe man nicht so schnell, auf einen Blick. Aber gerade diese Auseinandersetzung sei ja das Spannende. (kru, 23.8.2022)