Scott Morrison gönnte sich in Australien heimlich fünf Ministerposten.

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Vor rund drei Monaten wurde Scott Morrison aus dem Amt des australischen Premiers katapultiert. Seine Unbeliebtheit trug einiges zum schlechten Wahlergebnis seiner konservativen Liberal Party bei. Da half auch sein Bekenntnis kurz davor nichts mehr: "Es gibt Dinge, die sich in der Art, wie ich sie tue, ändern müssen." Auch dass konservative Kandidaten im Wahlkampf tunlichst vermieden, mit ihm in Verbindung gebracht zu werden, verhinderte den Sieg der Labor Party nicht.

Nun, als einfacher Abgeordneter, schafft er es immer noch, für internationale Negativschlagzeilen zu sorgen – quasi als Nachschlag seiner von 2018 bis 2022 dauernden Amtszeit als Premier. Jetzt erst wurde bekannt, dass er sich zwischen März 2020 und Mai 2021 heimlich fünf Ministerposten selbst übertragen hat – so heimlich, dass vier der fünf betroffenen Minister nichts davon wussten.

Scott Morrison wäre nicht Scott Morrison, hätte der 54-Jährige Verständnis für die Kritik an seiner geheimen Machtausweitung. "Ich war der Ansicht, dass es notwendig war, über Befugnisse zu verfügen, die ich in extremen, unvorhersehbaren Situationen ausüben könnte", verteidigte er sich mit Verweis auf die Corona-Pandemie.

Strenge Asylpolitik

Aufgewachsen in einer streng religiösen Familie, heiratete er 1990 seine Jugendliebe Jenny Warren, mit der er zwei Töchter hat. Nach dem Studium der Wirtschaftsgeografie und Jobs im Tourismusbereich kandidierte Morrison 2007 erfolgreich für einen Sitz im Repräsentantenhaus. 2013 stieg er zum Minister für Einwanderung und Grenzschutz auf, danach folgten Posten als Sozialminister und Schatzkanzler, bis er 2018 Malcolm Turnbull als Premier beerbte.

Privat ein Fan von Rugby Union, sorgte beruflich seine strenge Asylpolitik für internationale Kritik, die aber seine Position im konservativen Lager stärkte. Auch seine Nähe zur mächtigen Kohleindustrie und seine stete Verharmlosung des Klimawandels waren vielen ein Dorn im Auge – vor allem in Kombination mit den Buschbränden, die Australien regelmäßig heimsuchen.

Dass er sich im Dezember 2019 einen unangekündigten Familienurlaub auf Hawaii gönnte, während es an vielen Ecken und Enden des Landes brannte, trug einiges zu seiner Unbeliebtheit bei. Aber auch dass er Klimaaktivisten als "Anarchisten" bezeichnete. Und im Wahlkampf 2019 begrüßte er in einer Ortschaft mit vielen Koreanern eine koreanische Frau mit "Ni hao" – "Hallo" auf Chinesisch. (Kim Son Hoang, 17.8.2022)