Das Innenministerium will verstärkt mit Social-Media-Kampagnen in den Herkunftsländern von Migranten vor den Risiken einer Reise nach Europa warnen.

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Die Zahl der Asylanträge ist in den vergangenen Monaten in die Höhe geschossen – von Jänner bis Juni gab es rund 31.000 Asylanträge, im gesamten Vorjahr waren es rund 40.000. Den Grund sieht Innenminister Gerhard Karner in der "Schleppermafia".

Der Unfall eines Schlepperfahrzeugs am Wochenende, bei dem drei Geflüchtete tödlich verunglückten, zeige die Skrupellosigkeit: Schlepper würden Karner zufolge Menschen "vorgaukeln", Europas Grenzen seien offen. Aus seiner Sicht müsse klarer werden, dass Personen aus Indien, Tunesien oder Marokko – "Urlaubsländer", sagt Karner – keine Aussichten auf einen positiven Asylbescheid hätten.

Das Innenministerium wolle verstärkt mit Social-Media-Kampagnen in den Herkunftsländern von Migranten vor den Risiken einer Reise nach Europa warnen. Karner brachte zudem wieder "Asylzentren" im Ausland ins Spiel. Dort sollen Geflüchtete außerhalb Europas auf ihren Asylbescheid warten. Entsprechende Pläne in Dänemark seien zu beobachten. Beim Koalitionspartner sorgt das für Kritik: "Asylzentren im Ausland entsprächen so oder so weder dem Unionsrecht noch dem Regierungsprogramm", schrieb der grüne Nationalratsabgeordnete Georg Bürstmayr auf Twitter.

Auslagerung wirkungslos

Die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger sieht wenig Wirkung darin, Asyl auszulagern – schließlich tue das die EU mit dem Türkei-Abkommen seit 2015. Man sehe aktuell, dass die Maßnahmen wenig nachhaltig seien. Auch Social-Media-Kampagnen würden laut Kohlenberger wenig wirken. Schließlich würden diese nicht die Fluchtursachen beseitigen, wie sie in der ZiB Nacht erläuterte. Die einzige Lösung gegen Schlepperei wären legale Fluchtrouten.

Viele auf Durchreise

Mit Blick auf die Zahlen sei bedeutsam, dass viele der Antragsteller aus Ländern, in denen keine Konflikte herrschten, nur auf Durchreise seien. Etwa wollen sie eigentlich als Arbeitskräfte nach Westeuropa ziehen. Durch die Grenzkontrollen würden sie verstärkt aufgegriffen und hätten keine andere Wahl, als einen Asylantrag zu stellen, da sie sonst zurückgewiesen würden. Das würde zu vergleichsweise teuren Einreiseverfahren führen. Eine Lösung wäre, legale Einreisemöglichkeiten – oder Optionen zur Durcheise – zu schaffen.

Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination Österreich sieht die Bezeichnung "Urlaubsländer" kritisch. Allein im ersten Halbjahr hätten in Österreich fünf Menschen aus Marokko, eine Person aus Tunesien und 21 Menschen aus Pakistan Asyl erhalten. Seit einiger Zeit kontrolliert die Polizei die Grenzen intensiver, vor allem im Burgenland, aber auch bei Auslandseinsätzen in Ungarn. In der benachbarten Steiermark ist es hingegen weitgehend ruhig, sagt die Polizei. (muz, mue, 17.8.2022)