In Österreich heizen rund eine Million Haushalte mit Gas.

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Neue Ideen für Entlastungen: Vizekanzler Werner Kogler.

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Sie zählen zu den Verlierern der Inflationskrise: Menschen, die ihre Wohnungen und Häuser mit Gas heizen oder Gasthermen für die Warmwassererzeugung nutzen. Während die Stromkosten für Haushalte laut der Statistik Austria aktuell noch auf dem Niveau des Vorjahres liegen, sieht es bei Gas anders aus: Um 70 Prozent müssen Gaskunden derzeit mehr berappen als vor einem Jahr. Das trifft in Österreich viele Menschen: Rund eine Million Haushalte heizen mit Gas.

Um eine Subgruppe dieser Gaskunden ist nun eine politische Debatte entbrannt: Mieter. Es geht um die Frage, ob Vermieter künftig weniger Geld verlangen dürfen sollen, wenn im Mietobjekt eine Gasheizung in Betrieb ist. Das Justizministerium von Alma Zadić (Grüne) prüft die Ausgestaltung eines solchen Preisabschlages. Die Idee dahinter: Mieter können nicht selbst entscheiden, auf welche Energieform sie setzen. Dabei tragen sie die laufenden Kosten fürs Heizen selbst. Die Eigentümer haben diese Entscheidung zu treffen, doch diese spüren die Kostensteigerungen nicht selbst, etwa wenn Gas teurer wird. Experten sprechen von der "Owner-User-Problematik". Ein Ausweg aus dem Problem führt über Anreize für Vermieter, damit sie selbst Interesse am Ausstieg aus fossilen Energieträgern haben.

Welche Mieter könnten von einer Begrenzung des Mietzinses profitieren, was sind die praktischen Hindernisse dabei, und wie hoch sind die Chancen auf Umsetzung?

In der von Kogler angestoßenen Diskussion geht es nicht um alle Mieter, sondern nur um jene Haushalte, die dem Richtwertmietzins unterliegen. Das betrifft rund 370.000 Haushalte im Altbau. Kogler hatte im ORF-Sommergespräch in einem Halbsatz ausgeführt, dass er sich vorstellen könnte, bei Richtwertmieten einen Abschlag einzuführen, wenn eine Gasheizung in Betrieb ist.

Laut Juristen wäre es ohne Probleme möglich, den gesetzlichen Katalog, in dem festgelegt ist, welche Abschläge im Richtwertsystem gelten, um einen Punkt mit Gasheizungen zu erweitern, wie etwa Magdalena Brandstetter, Rechtsanwältin und Partnerin bei Dorda, sagt. Einfach umsetzen ließe sich das neben den Richtwert- auch bei den Kategoriemieten. Auch diese betreffen Altbauten, wobei der Vertragsabschluss zwischen 1982 und 1994 gewesen sein muss.

Ausweitung gefordert

Doch ist ein Abschlag sinnvoll? Dazu gehen die Ansichten auseinander. Elke Hanel-Torsch, Wiener Landesvorsitzende der SPÖ-nahen Mietervereinigung, sagt, Koglers Vorschlag sei "im Prinzip nicht schlecht". Allerdings müsste der Kreis der Haushalte, die profitieren würden, deutlich ausgeweitet werden. So gebe es keinen Grund, dass jemand, der in einem Mietwohnhaus aus den 1960er-Jahren lebt, nicht von so einem Abschlag profitieren sollte. Diese Haushalte zahlen höhere Mieten, weil hier das Richtwertsystem nicht gilt – doch auch sie können sich ihr Heizsystem nicht aussuchen, sagt Hanel-Torsch.

Um diese Gruppe einzubeziehen, bräuchte es aber eine umfassende Reform des Mietrechtsgesetzes. Am freien Markt steht es Vermietern nämlich frei zu fordern, was sie wollen: Hier machen also vorgeschriebene Abschläge für Gasheizungen keinen Sinn, weil in diesem Fall einfach die Mieten erhöht werden können. Solange es diese umfassende Mietrechtsreform nicht gibt, bleibe die Forderung Koglers nur Stückwerk, so Hanel-Torsch.

"Falsche Voraussetzungen"

Auf der anderen Seite geht Koglers Idee den Vermietern zu weit. Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes, sagt, dass der ganze Vorschlag "von falschen Voraussetzungen ausgeht". Denn in Wahrheit könnten sich die Vermieter nicht aussuchen, womit in ihren Wohnungen geheizt werde. Ein Fernwärmeanschluss sei auch in Wien aus Kapazitätsgründen derzeit nicht sofort und überall möglich. Eine Wärmepumpeninstallation sei in der Stadt aus Platzgründen und weil die Geräte laut sind oft nicht möglich. Hinzu komme, dass der Eigentümer nicht immer allein bestimmen könne, welches Heizsystem eingesetzt werde. Oft sei dafür ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft nötig.

Letzteres wurde mit der jüngsten Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zwar erleichtert. Tatsache ist aber, dass der Ausbau der Fernwärme nicht schnell genug geht und diese in Wien auch vor der großen Aufgabe einer Dekarbonisierung steht. An Lösungen, Bohrungen für Erdwärmesonden beispielsweise auch auf dem öffentlichen Grund direkt vor einem Wohnhaus durchzuführen, wird gerade erst gearbeitet. Und auf dem Dachboden ist oft für eine Wärmepumpe kein Platz – weil man dort teuren Wohnraum schaffen will.

Wie stehen also die Chancen auf Umsetzung der Idee? In Prinzip schlecht, die ÖVP vertritt traditionell die Interessen der Vermieter und dürfte keinen Grund sehen, eine Mietpreisbremse einzubauen. Die ÖVP hatte heuer schon eine neuerliche Aussetzung der Inflationsanpassung bei den Richtwertmieten verweigert. Allerdings zeigt sich das ÖVP-geführte Bundeskanzleramt immerhin gesprächsbereit: Es dürfe keine Denkverbote geben, zuerst will man konkrete Vorschläge aus dem Justizministerium sehen.

Viel liegt auf dem Tisch

Ein großangelegter Wohnrechtsdialog wäre an sich von den Regierungsparteien geplant und sollte eigentlich im Herbst starten. Vorschläge, dem Mietrecht eine stärkere Komponente bezüglich Energieeffizienz eines Gebäudes einzubauen, gibt es aber ohnehin schon lange, da liegt vieles sozusagen auf dem Tisch. 2014 schlug die SPÖ ein "Universalmietrecht" vor, mit einer Basismiete sowie klar definierten Zu- und Abschlägen, die sich unter anderem am Energiebedarf des Gebäudes orientieren. Gelten sollte diese Basismiete für alle Wohnungen in Häusern, die älter als 20 Jahre sind.

Die FPÖ wäre grundsätzlich auch für einen solchen Korridor und schlug am Mittwoch dafür einen Zeitraum von 36 Jahren vor – allerdings mit der Möglichkeit, sich aus dem dann geltenden Preisdeckel wieder "heraussanieren" zu können und dann wieder eine Marktmiete verlangen zu können.

Auf jeden Fall müsse man den Vollanwendungsbereich auch auf "thermisch-energetisch ungünstige Bausubstanz" ausdehnen, also etwa auf schlecht gedämmte Häuser aus den 1980er-Jahren. (András Szigetvari, Martin Putschögl, 18.8.2022)