Kaum hat man sich von der maßlosen Überraschung erholt, dass der Stabschef der Frau Tanner zum Generalstabschef der charmantesten Armee der Welt aufgestiegen ist, muss man feststellen, dass diesem Land jeglicher Respekt vor seinen großen Männern verlorengegangen ist. In einem Ort namens Pasching wurde Österreichs Córdoba-Helden Widerstand gegen die Staatsgewalt unterstellt, und das in einer Art, die ihm das Selbstwertgefühl eines Schwerverbrechers vermittelt haben soll. Was ist nur in unserer Exekutive los?

Hans Krankl wegen seiner Personalien zu inkommodieren ist so, wie Rudolf Striedinger zu fragen, ob er Niederösterreicher sei. Dabei hat es sich die Ministerin nicht leichtgemacht. Von den elf Bewerbern um den Job sollen sieben dafür in höchstem Maß geeignet gewesen sein. Man kann also, wo sonst im Heer an allem Mangel herrscht, von einem Überschuss an potenziellen Generalstabschefs sprechen. Aber nicht jeder kann Niederösterreicher sein. Und solange der Erkorene nicht im Tarnanzug schlafen geht, muss man sich wegen seiner diversen Äußerungen zur militärischen Landesverteidigung keine Sorgen machen.

Die Hofburg: Ort der Begierde für 23 Personen.
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Ungewisse Bewerbungsmotive

Kein Niederösterreicher muss man sein, wenn man sich als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten zur Schau stellt. Mehr denn je, angeblich schon 23 Personen, wollen sich diesmal um den Posten des Oberbefehlshabers bewerben. Bedauerlicherweise schwer überwiegend männliche, aber das soll die Freude über so viel Interesse am Wohlbefinden der Republik nicht trüben. Nur vom wieder kandidierenden Amtsträger weiß man um seine Motive, bei allen anderen ist ungewiss, ob sie sich nur nach den Wonnen politischer Partizipation sehnen oder sich mittels Wichtigmacherei und Größenwahns von Krise und Pandemie ablenken wollen. Man soll edle Motive nicht von der Hand weisen, aber die Aussicht, dass der Staat sechs Jahre lang – oder, wer weiß, vielleicht zwölf? – die Heiz- und auf Wunsch auch die Wohnkosten übernimmt, solange man als Staatsoberhaupt nicht auf Homeoffice besteht, ist bei künftigen Energiepreisen verlockend.

Einige Kandidaten lassen sich von einem doppelt sadistischen Motiv leiten. Sie wollen unbedingt die Regierung entlassen – und den Bürgerinnen und Bürgern eine nach ihren Vorstellungen aufdrängen. Das ist wenig originell und steht auch unter keinem guten Stern. Tat sich doch ausgerechnet zu Beginn des Wahlkampfes der Spaltboden des Kameradenschweinekobens auf und droht, wenn schon nicht den Erfinder ihres Kandidaten zu verschlingen, so mit den aufsteigenden Dämpfen die Atmosphäre unerfreulich zu würzen. Unter solchen olfaktorischen Bedingungen wird die Aufforderung, ihr Österreich zurückzuholen, den Wählern nicht leicht unter die Nase gehen.

Mit dem Kandidaten der Kronen Zeitung soll endlich die alte Burschenherrlichkeit in die Hofburg einziehen. Tassilo Dichand-Wallentin konnte es offenbar mit seiner Ehre nicht vereinbaren, für Kickl zu kandidieren, wo dessen Satisfaktionsfähigkeit sogar in der FPÖ umstritten ist. Walter Rosenkranz hat das nicht gestört. Er erwartet, dass ihm die Bundesregierung am Tag nach seiner Wahl ihren Rücktritt anbietet. Er ist zwar Niederösterreicher, aber das sieht die Verfassung bei einem Volksanwalt nicht vor. (Günter Traxler, 19.8.2022)