Der Wirtschaftsminister soll laut Arbeiterkammer Preise bei Treibstoffen untersuchen.

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Krisen haben offenbar eines gemeinsam: Sie bringen eine schier unüberblickbare Menge an Ausschüssen, Expertengruppen und Arbeitskreisen hervor. Das gilt für die Corona-Krise genauso wie für die aktuelle Energie- und Inflationskrise. Im Herbst wird die Liste um ein weiteres Gremium reicher: Wie DER STANDARD berichtete, will die Arbeiterkammer einen Preisantrag stellen und damit die nationale Preiskommission einberufen.

Frage: Preiskommission? Gibt es die nicht schon?

Antwort: Die Regierung berät sich laufend mit den Sozialpartnern, eine offizielle Preiskommission gibt es auf Bundesebene derzeit aber nicht. Auf Landesebene ist das anders: In Wien kontrolliert eine Kommission die Fernwärmepreise.

Frage: Was ist nun ein Preisantrag und was die Preiskommission?

Antwort: Grundlage ist das Preisgesetz, das staatliche Eingriffe in Preise regelt. Ist die Versorgung der Bevölkerung in Gefahr, darf der Wirtschaftsminister Maßnahmen setzen. Wird er nicht selbst tätig, können ihn bestimmte Institutionen wie die Arbeiterkammer oder die Wirtschaftskammer zum Handeln auffordern. Der Minister muss dann Untersuchungen einleiten und eine Kommission bilden, die mit Vertretern mehrerer Ministerien und der Sozialpartner beschickt wird. Einen derartigen Antrag will nun die Arbeiterkammer einbringen und die Öl- und Treibstoffbranche unter die Lupe nehmen. Auf Strom und Gas ist das Gesetz nicht anwendbar.

Frage: Was darf diese bundesweite Preiskommission tun?

Antwort: Leitet der Wirtschaftsminister eine Untersuchung ein, kann er die betroffenen Unternehmen befragen und in deren Geschäftsbücher einsehen. Diese Ermittlungsergebnisse leitet er dann zur Begutachtung an die Preiskommission weiter. Auch die Kommission darf Unternehmen vorladen.

Frage: Und wer entscheidet über Preiseingriffe?

Antwort: Ergibt sich im Verfahren, dass die Betriebe eine "ungerechtfertigte Preispolitik" verfolgen, kann der Minister eingreifen und für die Dauer von sechs Monaten die Preise bestimmen. Die Entscheidungsbefugnis liegt letztlich also bei der Regierung, die Kommission hat nur eine beratende Funktion. Dasselbe gilt auch auf Landesebene.

Frage: Ist die Marktkontrolle nicht Aufgabe der Wettbewerbsbehörde?

Antwort: In erster Linie ja. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) kontrolliert, ob Unternehmen illegale Absprachen treffen oder ihre Marktmacht missbrauchen, um die Preise in die Höhe zu treiben. Hegt die Behörde Verdacht, leitet sie Ermittlungen ein. Bestätigt er sich, kann sie Strafen verhängen. Die BWB wurde in den letzten Jahrzehnten zum zentralen Akteur der Marktkontrolle. Der Sektor für Öl- und Treibstoff, den die Arbeiterkammer untersuchen will, wird derzeit von ihr geprüft. Ein Zwischenbericht erschien im Juli, die betroffenen Unternehmen müssen sich nun für ihre hohen Gewinnsteigerungen rechtfertigen. Der Endbericht ist für die kommenden Wochen angekündigt.

Frage: Hat es schon einmal eine nationale Preiskommission gegeben?

Antwort: Ja, zum letzten Mal im Jahr 2008, kurz vor der Neuwahl im Herbst. Damals lag die Inflationsrate bei knapp vier Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit langem. Die Arbeiterkammer stellte den Antrag, die Lebensmittelpreise zu untersuchen. Konkrete Maßnahmen folgten aber nicht, die Inflation ging mit dem Höhepunkt der Finanzkrise wieder rasch zurück. 2002 richtete der damalige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) eine spezielle Euro-Preiskommission ein, weil befürchtet wurde, dass Unternehmen mit der Einführung der neuen Währung höhere Preise verlangen. Die Kommission kam im Vergleich mit der Situation in Deutschland und der Schweiz zum Schluss, dass die "Umstellung des Bargeldes von Schilling auf Euro keinen Preisschub" ausgelöst hat. (Jakob Pflügl, 19.8.2022)